Frankfurt: Eine Oberbürgermeisterin auf Zeit

Nargess Eskandari-Grünberg (Grüne) erklärt als kommissarische Rathauschefin ihre Ziele für die nächsten Monate.
Nargess Eskandari-Grünberg (Grüne) wäre gerne selbst Frankfurts neue Oberbürgermeisterin geworden. Das ist ein offenes Geheimnis. Doch ihre Partei hat sich für eine andere Kandidatin entschieden. Seit dem 12. November, genauer gesagt: seit der Abwahl von Peter Feldmann (SPD), leitet sie das Amt bis zum Frühjahr immerhin kommissarisch. Am Donnerstag erklärte die 57-Jährige nun ihre Vorhaben für diese Zeit.
„Ich will das Amt mit Dankbarkeit und Demut erfüllen“, sagte Eskandari-Grünberg. Ihr sei es wichtig, dass sich der Magistrat mit ihr an der Spitze „mit Anstand, Würde und Respekt“ begegne. „Eitelkeiten, Selbstdarstellungen und Handeln ohne Abstimmung“ dürfe es nicht mehr geben. Um die neue Kollegialität deutlich zu machen, habe sie die Vorsitze in den Aufsichtsräten, die durch die Abwahl von Feldmann frei geworden sind, nicht etwa selbst übernommen, sondern an die Fachdezernenten übergeben. So werde etwa Kulturdezernentin Ina Hartwig (SPD) den Posten bei der Alten Oper übernehmen, Mobilitätsdezernent Stefan Majer (Grüne) bei der Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) und Stephanie Wüst (FDP) bei der Messe.
Wichtig sei es ihr auch, dass wieder inhaltlich gearbeitet werde. „Wir müssen die Menschen gut durch den Winter bekommen“, sagte Eskandari-Grünberg. Die Vorbereitungen für den Umgang mit der Energiekrise würden bereits laufen. Feldmann sei nicht Teil der dafür eingerichteten Arbeitsgruppe gewesen, sie dagegen nun schon. „Ich werde vollständig miteinbezogen“, sagte sie. „Wir müssen Notfallpläne erarbeiten, damit die Menschen nicht im Dunklen sitzen müssen.“
Sie wies daraufhin, dass in den vergangenen Monaten vieles liegen geblieben sei, viele Projekte, viele Magistratsvorlagen. Als Beispiel nannte sie das Paulskirchen-Jubiläum im Mai des kommenden Jahres. „Da müssen wir jetzt richtig Gas geben“, sagte sie. Mittlerweile habe sie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier als Schirmherr und Redner für die Eröffnung der Festlichkeit gewinnen können. Er soll auch Schirmherr für den mit 50 000 Euro dotierten Demokratie-Preis werden, der im Rahmen des Paulskirchen-Jubiläums verliehen werden soll.
Darüber hinaus will die Grünen-Politikerin die Pläne für das Haus der Demokratie vorantreiben. Deshalb habe sie bereits Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) kontaktiert. Die Arbeit der Expertenkommission wolle sie begleiten.
Ein Anliegen sei es ihr außerdem, die Ausländerbehörde neu auszurichten. „Die Behörde soll ein Welcome-Center werden“, sagte Eskandari-Grünberg, die auch Dezernentin für Diversität, Antidiskriminierung und gesellschaftliches Zusammenleben ist. Ähnlich wie die Koordinierungsstelle für ukrainische Flüchtlinge: Ein Ort, wo Menschen schnell geholfen werde. Zunächst sei es aber wichtig, den Rückstau bei den Anträgen und Anfragen abzubauen. „Da hängen Schicksale von Menschen dran“, sagte Eskandari-Grünberg. Deshalb wolle man „schnell und unbürokratisch“ städtische Auszubildende einarbeiten, damit sie bei der Ausländerbehörde eingesetzt werden können. Die vakanten Stellen seien außerdem ausgeschrieben und werden in der Stadtverwaltung beworben.
Zudem will die Oberbürgermeisterin auf Zeit Frankfurt als Wirtschaftsstandort stärken und die Beziehungen zu Partnerstädten wieder aufleben lassen.
Auf die Frage, ob man zur Umsetzung all der Pläne nicht länger als nur wenige Monate Oberbürgermeisterin sein müsste, sagte Eskandari-Grünberg: „Ich setze mich für die Stadt ein, egal ob ich einen Tag oder länger im Amt bin.“ Die Projekt könne aber auch ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin fortsetzen, sie hoffe natürlich auf Kontinuität.
Die Amtszeit von Eskandari-Grünberg als kommissarische Oberbürgermeisterin endet mit der Vereidigung des neugewählten Stadtoberhauptes in der Stadtverordnetenversammlung am 30. März oder 11. Mai - je nachdem ob eine Stichwahl nötig ist oder nicht.