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Kein Masterplan fürs Energiesparen in Frankfurt

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Von: Thomas J. Schmidt

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Licht aus: Um Energie zu sparen wird der Römer seit Anfang August nicht mehr angestrahlt.
Licht aus: Um Energie zu sparen wird der Römer seit Anfang August nicht mehr angestrahlt. © Bernd Kammerer

Bei der Stadt Frankfurt schaut jedes Dezernat für sich, wie es den Verbrauch reduzieren kann. Stimmen warnen vor Aktionismus.

Frankfurt – Der Winter steht vor der Tür, Russland hat den Gashahn vorerst zugedreht, die Preise an der Strombörse in Leipzig haben sich verzwanzigfacht, liegen bei 1000 Euro pro Megawattstunde, also ein Euro pro Kilowattstunde. Die Energiekrise ist da. Alle sollen Energie sparen, auch die Kommunen. Doch den Verbrauch um 20 Prozent zu reduzieren, so einfach ist das nicht. Einen Masterplan, wie Frankfurt dieses Ziel erreichen kann, gibt es laut Susanne Schierwater, Referentin von Umweltdezernentin Rosemarie Heilig (Grüne) nicht. Jedes Dezernat schaue für sich nach Einsparpotenzial.

Seit Anfang August werden der Römer und die Paulskirche nachts nicht mehr beleuchtet. Zudem sollen etwa die Fraktionen im Rathaus mitteilen, ob sie in ihren Räumen Wasserboiler haben, denn Händewaschen soll bis Ende Februar nur noch mit kaltem Wasser möglich sein. Dies gilt in allen öffentlichen Gebäuden.

Frankfurt: Energiesparmaßnahmen für den Breitensport sind noch nicht beschlossen

Viele andere Entscheidungen sind in Frankfurt noch nicht gefallen - so beispielsweise, ob Sportler nach dem Training in der Turnhalle künftig kalt duschen müssen. „Wir erarbeiten einen Vorschlag für Sportdezernent Mike Josef“, sagte die Leiterin des Sportamts, Angelika Strötz, gestern auf Anfrage. Laut hessischem Städtetag soll zudem die Temperatur in Turnhallen auf bis zu 15 Grad abgesenkt werden, allerhöchstens solle sie 17 Grad betragen. Der Bund hingegen sieht in seiner Verordnung eine Höchsttemperatur von 19 Grad vor - für alles, einzige Ausnahme: Schulen und Kitas.

Sportamtsleiterin Strötz hofft auf eine weitere Ausnahme: Wenn Sport nicht als Freizeitveranstaltung eingestuft würde, wäre er nämlich von den strengen Regelungen des Bundes und des Städtetages ausgenommen. So oder so: „Eine Absenkung der Temperatur sollte mit dem Landessportbund besprochen und landeseinheitlich vorgenommen werden“, sagte sie.

Vorsitzender des Sportkreises Frankfurt sieht kalte Duschen als „puren Aktionismus“

Kritisch sieht den Vorstoß des hessischen Städtetages auch Roland Frischkorn, Vorsitzender des Sportkreises Frankfurt: „Die Kinder haben schon in der Corona-Pandemie am meisten gelitten. Jetzt soll ihnen der Sport vergällt werden.“ Sein Vorschlag als Kompromiss ist, das Wasser lauwarm zu stellen. „Kalt duschen wäre purer Aktionismus, den ich für falsch halte. Wir müssen die Menschen ermuntern, jetzt erst recht Sport zu machen“, sagt Frischkorn - der es eigenen Aussagen zufolge auch nicht schafft, eiskalt zu duschen.

Dass der Bund - anders als der Städtetag - Schulen und Kitas ausdrücklich von seiner 19-Grad-Regelung ausnimmt, begrüßt man im Bildungsdezernat. „Das werden wir selbstverständlich berücksichtigen. Dem Vorschlag des Hessischen Städtetages folgen wir insofern an dieser Stelle nicht, sondern halten uns an die Vorgaben der Bundesregierung“, sagt Jetta Lüdecke, Sprecherin von Bildungsdezernentin Sylvia Weber (SPD). Markus Radermacher, ebenfalls Bildungsdezernat, ergänzt: „Dabei geht es immer um die Gesundheit und das Wohl der Kinder und Jugendlichen in Abwägung zu den möglichen Energieeinsparungen. Unsere Fachämter tauschen sich hierzu laufend aus und identifizieren sinnvolle Maßnahmen. Diese werden wir dann rechtzeitig mit den Kitas und Schulgemeinden kommunizieren und abstimmen.“

Nichtschwimmerbecken in Frankfurt sollen nicht zu kalt sein

Eine Entscheidung zu den Hallenbädern steht ebenfalls noch aus. Das Land will die Wassertemperatur auf 24, höchsten 26 Grad begrenzen, die Bundesverordnung nennt keine konkreten Zahlen. Boris Zielinski, Geschäftsführer der Bäderbetriebe, sagt: „Wir haben schon die ganze Zeit gespart, in der Sommersaison kein Freibadbecken beheizt.“ Was das gebracht hat, kann er noch nicht sagen: „Das sehe ich erst, wenn die Abrechnung gemacht ist“, so Zielinski.

Die Hallenbädern jedenfalls dürften nicht geschlossen werden, sie gehörten zur Daseinsvorsorge. Und: „Wir können auch nicht alles über einen Kamm scheren. Es ist etwas anderes, ob ich ein Nichtschwimmerbecken habe, in dem Kinder einen Schwimmkurs absolvieren, oder ein Schwimmerbecken, in dem sich sportliche Menschen durch Bewegung warmhalten können.“ Deswegen sollte das Wasser im Nichtschwimmerbecken etwas wärmer sein - sonst bestehe die Gefahr, dass die Kinder nicht mehr kommen und dann auch nicht schwimmen lernen. „Wir können die Wassertemperatur um ein Grad senken und die Lufttemperatur vielleicht um zwei Grad, wir können die Saunen seltener in Betrieb nehmen und die Whirlpools aus lassen“, sagt Zielinski. „Wir ziehen mit, wenn wir Energie sparen können.“ Ob das 20-Prozent-Ziel erreicht wird, wissen die Bäderbetriebe, weiß die ganze Stadt erst, wenn im Frühjahr die Abrechnungen gemacht werden.

Frankfurt: Auch in der Straßenbeleuchtung soll Energie gespart werden

Das Straßenverkehrsamt teilt auf Anfrage mit, dass das Thema Straßenbeleuchtung vielschichtig sei: „Neben der Verkehrssicherheit spielt auch das Thema Sicherheitsempfinden und Kriminalitätsprävention eine Rolle“, betont Amtsleiterin Michaela Kraft. Zudem gebe es Vorgaben die Beleuchtung von Straßen betreffend, „die wir nicht außer Kraft setzen können“.

Ohnehin warte die Stadt Frankfurt mit dem Energiesparen nicht, bis eine Krise eintrete. Der nachhaltige Umgang mit Strom und Gas seien „seit Jahren geübte Routine“. Zum aktuellen Stand bezüglich des Austauschs von Gaslaternen - im Februar waren davon im Stadtgebiet noch rund 4000 in Betrieb - laufe aktuell eine Auswertung, deren Ergebnis voraussichtlich heute vorliegen werde, so Kraft. Zum Hintergrund: Eine Gaslaterne verbraucht pro Jahr im Schnitt so viel Gas wie ein Single-Haushalt. (Thomas J. Schmidt)

Obermeister Peter Paul Thoma erklärt, wie die Frankfurter auch privat Heizkosten sparen können.

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