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Alte Bäume in Biergarten „Drosselbart“ gefällt – „Sah wirklich schlimm aus“

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Kahle Tristesse statt heimeligem Biergarten: Binnen weniger Stunden wurden die vier Rosskastanien gefällt.	foto: bernd kammerer
Kahle Tristesse statt heimeligem Biergarten: Binnen weniger Stunden wurden die vier Rosskastanien gefällt. © Bernd Kammerer

Die vier Kastanien im Biergarten der Gaststätte "Drosselbart" in Frankfurt sind weg. Gefällt. Der Stadtteil Eschersheim trauert.

Frankfurt – Wenn Gabriele Czarnulla ihre Wohnung in der Zehnmorgenstraße verlässt und sie Richtung Bahnhof geht, zeigt sich ihr seit gestern ein Bild, auf dass sie nur allzu gerne verzichten würde. Denn der seit jeher unter hohen Bäumen schlummernde Biergarten der traditionsreichen Gaststätte "Drosselbart" ist kahl, die vier mehr als einhundert Jahre alten Rosskastanien sind weg.

"Es ist sehr traurig. Ich finde es empörend, dass der Stadtteil um sein charakteristisches Merkmal beraubt wurde", sagt sie. Aus genau diesem Grund habe sie auch wochenlang rund 3000 Unterschriften für den Erhalt und die Ausweisung der Bäume als Naturdenkmal gesammelt. Das sei jedoch nicht möglich, stellte das Umweltamt nach eingehender Prüfung fest. Auch, weil die Kastanien nicht mehr ganz gesund und ihre Lebensdauer damit begrenzt wäre, lautete die Begründung.

Bäume in Frankfurt-Eschersheim gefällt: "Da blutet mir das Herz"

Gestern war es dann also soweit: Am Vormittag rückten die Arbeiter an. Erst wurden die Äste der rund 20 Meter hohen Bäume entfernt, dann die dicken Stämme Stück für Stück abgesägt. "Es sah wirklich schlimm aus. Da blutet mir das Herz", sagt Horst Müller, der mit seiner Frau zufällig am Drosselbart vorbeikam. Der 65-Jährige, der in Preungesheim wohnt, ist in Eschersheim aufgewachsen, die Bäume kennt er quasi von Geburt an. Sie gehörten zum Stadtteil dazu, sagt er.

Platz machen mussten sie für den geplanten Neubau auf dem 1800 Quadratmeter großen Areal. 2018 war das Grundstück von der Delom Wohnbau GmbH erworben worden. Bauherr Dominic Reinemer plant dort ein fünfstöckiges Gebäude mit 45 Wohnungen und Tiefgarage sowie Werkstatt und Krabbelstube. Und: Im Erdgeschoss soll es eine Gaststätte geben, samt Biergarten.

Frankfurt: Eschersheimer Kastanien werden ersetzt

Für zwei der vier gefällten Kastanien soll es zudem Ersatzpflanzungen geben. Das schöne, das liebgewonnene Flair komme aber sicher nicht zurück. Davon ist Gabriele Czarnulla überzeugt. "Unter den gegebenen Umständen wurde das Bestmögliche geschaffen, aber solch ein Gebäude passt vielleicht in die Innenstadt. Nicht jedoch zu uns nach Eschersheim", sagt sie. Dass zumindest die Winterlinde erhalten werden konnte, sei zwar schön, aber auch kein Trost für den großen Verlust. Zumal es in Eschersheim in den vergangenen Jahren bereits viele bauliche Veränderungen gegeben habe, sagt Czarnulla und zählt beispielhaft die alte Batschkapp und den Bunker auf. "Wenigstens dieses Fleckchen hätte man uns doch lassen können. Zumal es das letzte größere Grün in Alt-Eschersheim war", sagt sie.

Auch Ortsbeiratsmitglied Donna Ochs (SPD) hat sich für den Erhalt der Bäume eingesetzt. Viele Nachrichten gingen gestern bei ihr ein. Nachrichten und Bilder von Eschersheimern, die erschrocken waren, dass die Kastanien gefällt werden. Obwohl bekannt war, dass dies bald passieren wird. "Im Frühjahr dürfen die Bäume wegen brütender Vögel nicht gefällt werden" erklärt sie.

Frankfurt: Bäume waren Eschersheimer Wahrzeichen

"Zu sehen, dass die Kastanien nun wirklich fallen, ist trotzdem schwer", so Ochs und spricht bei den Bäumen von einem Wahrzeichen für Eschersheim. Wenigstens bliebe der Biergarten erhalten, ebenso wie die Gaststätte. "Nüchtern betrachtet hätte es schlimmer kommen können, emotional betrachtet ist der Verlust sehr traurig", sagt sie.

Auch Jürgen Weise, Vorsitzender des Bürgervereins Eschersheim, erreichten gestern viele Nachrichten aufgeregter Bürger. "Ja, es ist sicher schade. Aber ganz ehrlich - ändern können wir jetzt auch nichts mehr", sagt er.

Judith Dietermann

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