Ein außergewöhnliches Pferd aus Frankfurt wird zum internationalen Filmstar

Araber-Stute Jenny aus Frankfurt-Fechenheim spielt die Hauptrolle in einer Kurzfilm-Doku - Premiere bei einem Filmfestival in Bayern.
- Alle lieben Jenny - Die außergewöhnliche Araber-Stute spaziert tagtäglich alleine durch Frankfurt-Fechenheim.
- Besonders zu Corona-Zeiten spendet das Pferd den Menschen Trost und Kraft.
- Nun wird Jenny ein internationaler Filmstar - Michael Jung aus Bad Vilbel hat eine Kurz-Dokumentation über sie gedreht.
Frankfurt-Fechenheim - Jeder kennt Jenny, die schneeweiße Araber-Stute, die täglich durch Fechenheim spaziert. Bei den 54. Internationalen Filmtagen im bayerischen Hof ab dem 20. Oktober läuft eine Kurzdokumentation über sie. Michael Jung aus Bad Vilbel hat den Film „The Walk“ als Abschlussarbeit seines Master Filmstudiums im britischen Leeds produziert.
Pferd Jenny spaziert täglich durch Fechenheim: Bei Regen ist die Runde kürzer
Jenny (25) tut, was Jenny täglich tut. Sie verlässt früh morgens alleine ihren Stall, spaziert durch die Felder Fechenheims und kommt abends wieder zurück. Wenn es regnet und kalt ist, kommt sie auch mal früher zurück nach Hause zu ihrem Besitzer Werner Weischedel (80). Filmemacher Michael Jung (59) konnte es kaum glauben, als er während seines Masterstudiums für Dokumentarfilme im britischen Leeds von einer Kollegin in Kanada von dem Pferd hörte. „Ich dachte, das sei Fake-News“, sagt der Mann, der gerade nach einem Thema für seine Masterarbeit suchte. Jung ist eigentlich Chemiker aus Bad Vilbel. Er hatte ein Labor für DNA-Untersuchungen, das er vor einigen Jahren verkauft hat, um völlig Neues zu wagen.
„Ich habe schon immer gerne fotografiert. 2017 habe ich einen Kamerakurs im kanadischen Vancouver gemacht und jetzt den Master in Leeds.“ Dafür hat er die sanfte Stute und Weischedel ein Jahr lang begleitet.
„The Walk“ heißt der 12 Minuten lange Kurzfilm, der zwischen dem 20. und 25. Oktober auf den 54. Internationalen Hofer Filmtagen als Deutschlandpremiere läuft. „Ich hatte vorher nie mit Pferden zu tun, kann auch nicht reiten. Die Geschichte der beiden hat mich dennoch nicht losgelassen“, sagt der zurückhaltende Mann lächelnd.
„Hat mich Neugierig gemacht“ - Über die Freiheit eines Pferdes aus Frankfurt
„Jenny hat mich neugierig gemacht. Ich dachte aber, dass Werner Weischedel mit mir nicht sprechen würde, weil ich im Internet gesehen habe, dass er richtig berühmt ist.“ Weischedel lacht. „Nicht ich, sondern Jenny ist berühmt und um sie geht es. Sie ist es, was die Leute begeistert.“ Jung war „mindestens 50 Mal hier. Mir geht es um das Ausleben von Freiheit und Autonomie, die Werner Weischedel der Araberstute zu 100 Prozent gibt“, so Jung.
Eine Freiheit, die Weischedel im Krieg nicht hatte. „Es ist seine Art, das Trauma zu verarbeiten“, meint Jung. Weischedel nickt. „Ich laufe ja auch frei rum. Meine Hunde liefen immer frei, meine Pferde und meine Hühner laufen durch Fechenheim“, bestätigt er verschmitzt. „Wenn ich eine Leine in der Hand habe, fühle ich mich angebunden“, sagt er mit Erinnerung an seine beiden weißen Schäferhunde, die täglich mit Jenny unterwegs waren, bis sie an Altersschwäche starben.
20 Tage lang an ihrer Seite durch Frankfurt-Fechenheim
Jung hat in 20 Filmtagen das Pferd mit Kamera und iPhone begleitet. Allein. Wie Jenny. „Ich habe sie oft suchen müssen. Sie versteckt sich gerne. Jenny rennt auch gerne irgendwohin. Einmal kam Jenny wie ein Blitz von hinten und verschwand wieder“, erinnert er sich. Sicher, sie in Ruhe zu sehen, war Jung nur, wenn sie morgens rausging. Da trottete sie gemächlich an der Straßenbahn entlang und ließ sich von den Wartenden streicheln. „Zum ersten Mal habe ich sie gesehen, als Weischedel mit ihr von den Feldern nach Hause geritten ist. Er mit Handy am Ohr, sie ohne Sattelzeug. Das war unglaublich.“ Weischedel reitet, seit er vier Jahre alt ist.

„Damals im Krieg standen im Bertramshof die vom Militär beschlagnahmten Pferde, die für den Krieg ausgebildet wurden“, erzählt er. „Mich hat es immer zu ihnen hingezogen.“ Jetzt wurde Jung von Jenny angezogen. Er ging mit der Kamera ausgestattet rückwärts vor ihr her, begleitete sie und hängte ihr auch ein Handy um, um ihre Wege zu ergründen. Das tun viele.
Das Pferd aus Frankfurt steht sogar als „Geheimtipp“ in einem japanischen Reiseführer
Jenny steht in einem japanischen Reiseführer als Geheimtipp. Amerikaner kennen sie aus Facebook, Engländer, Franzosen und Israelis kommen, um einmal das spazieren gehende Pferd live zu sehen. Jetzt kommt Jenny das erste Mal bei einem Filmfestival vor.
Die Internationalen Hofer Filmtage gelten nach der Berlinale als wichtigstes deutsches Filmfest. Mit in Nicht-Coronazeiten bis zu 30 000 Besuchern. Filmemacher wie Tom Tykwer, Caroline Link, Wim Wenders und Werner Herzog haben hier ihre Premieren gefeiert.
Stute Jenny aus Fechenheim wird zum Filmstar - Den Trailer gibt es schon jetzt
Das Festival der Neuentdeckungen wird dieses Jahr vom 20. bis 25. Oktober auch über eine Online-on-demand Plattform bis zum 1. November stattfinden. Einen Trailer für „The Walk“ gibt es hier jetzt schon zu sehen. Sabine Schramek