„Solche Aussagen muss sich keine Frau bieten lassen“: Jetzt fordert auch Feldmann-Hochburg seinen Rücktritt

Selbst die SPD-Hochburg Riederwald fordert Frankfurts OB Peter Feldmann zum Rücktritt auf. Der will sich am Mittwoch (25. Mai) äußern.
Frankfurt – Nach mehreren Entgleisungen in nur sieben Tagen hat am Montag auch die Frankfurter SPD ihren Oberbürgermeister Peter Feldmann zum Rücktritt aufgefordert. Er soll in den "Ruhestand aus besonderen Gründen" gehen, so wie es § 76a der Hessischen Gemeindeordnung vorsieht. Bereits zuvor hatten Grüne, Volt, FDP und CDU seinen Rücktritt gefordert. Passiert ist nichts. Doch die Kritik lässt nicht nach. Jetzt fordert selbst der SPD-Ortsverein Riederwald den sofortigen Rücktritt Feldmanns. Bei seiner Wiederwahl 2018 hatte der OB mit 83,6 Prozent dort das stadtweit beste Ergebnis erzielt. Mittlerweile ist es parteiübergreifender Konsens, dass er nicht mehr als Stadtoberhaupt tragbar ist.
"Diese Entgleisung reiht sich in eine Vielzahl weiterer Fehlleistungen des Stadtoberhauptes ein, aber hat nun leider eine ganz andere Qualität. Das geht gar nicht", sagt die Vorsitzende der Frauen Union (FU) Frankfurt, Sara Steinhardt. Sie erinnert an einen Videomitschnitt aus dem Jahr 2020, der ein Vorgespräch zu einem Interview zwischen Feldmann und Marietta Slomka zeigte. Dort versuchte Feldmann mit Slomka ins Gespräch zu kommen und gab geheimnisvoll an, dass die Kollegen ihm alle Geheimnisse über sie erzählen würden. "Frau Slomka reagierte souverän, aber solche chauvinistischen Aussagen muss sich keine Frau bieten lassen. Leider lässt Feldmanns Verhalten tief blicken", sagt Steinhardt. Da helfe auch Feldmanns "breites Grinsen, ob bei Slomka oder im Flieger nicht, sondern offenbart nur noch mehr seine chauvinistische Haltung und Selbstverliebtheit".
Frankfurt: OB Peter Feldmann: "Sexistisches Fehlverhalten"
Auch die Jusos fordern den Rücktritt. Nach der schwierigen Aufarbeitung des Awo-Skandals und dem skandalösen Auftreten Feldmanns sehen sie darin den einzigen richtigen Schritt und distanzieren sich von dem "sexistischen und problematischen Fehlverhalten des Oberbürgermeisters". "Die Zurückhaltung und Terminwahrnehmung ,mit Augenmaß' waren wohl nur leere Worte. Nicht nur sind die öffentlichen Auftritte irritierend, während ein Ermittlungsverfahren gegen ihn läuft, sie sind zu dem auch höchst unpassend", sagt Juso-Sprecher Lukas Schneider. Die sexistischen Äußerungen bezeichnen die Jusos als schockierend. "Als feministischer Verband haben wir keine Toleranz gegenüber diesem Verhalten und Halten es nicht mit sozialdemokratischen Werten vereinbar", betont die stellvertretende Juso-Sprecherin Dorit Meyer .
"Herr Feldmann ist nicht nur selbstverliebt, sondern offensichtlich auch noch unglaublich primitiv", sagt Anna Nguyen, frauenpolitische Sprecherin der AfD-Römerfraktion. Dass er nun auch noch mit vermeintlichem Augenmaß am Weltwirtschaftsforum in Davos teilnehme, setze dem Ganzen die Krone auf. "So einen peinlichen Oberbürgermeister hat die Stadt wirklich nicht verdient", resümiert Nguyen.
Frankfurt: OB Peter Feldmann: „Unwürdiges Gehabe eines Sonnenkönigs“
Die Arbeiternehmervertretung der CDU Frankfurt (CDA) fordert Feldmann auf, "unverzüglich und ohne doppelten Boden" zurückzutreten. Die jüngsten Ereignisse böten keinerlei Basis für auch nur einen Hauch an Zusammenarbeit mehr. Als oberster Dienstherr schade sein Gehabe auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung. "Herr Feldmann muss nun alle Konsequenzen ziehen und sofort zurücktreten. Er darf dabei auch keinerlei Rückfalloptionen ziehen oder sich über einen Zeitpunkt retten, der für ihn bequemer wäre. Jeder Tag länger im Amt schadet der Stadt", sagt der Kreisvorsitzende Yannick Schwander. Die CDA fordert den OB auch auf, mit seinem Rücktritt weiteren Schaden von der Stadtverwaltung abzuwenden.
Es könne nicht sein, dass Mitarbeiter mehr auf ihren obersten Dienstherrn angesprochen werden, als ihrer eigentlichen Arbeit nachzugehen. "Seit Monaten schwebt das Schwert des unwürdigen Gehabes eines Sonnenkönigs über der Stadtverwaltung. Wenn Herr Feldmann schon meint, er müsse weder sich selbst noch seine Nächsten schützen, dann hat er auch eine Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern der Stadtverwaltung. Auch dieser ist er nie nachgekommen. Im Gegenteil - er hat sich dieser Verantwortung seit Monaten entzogen. Allein das wäre ein Rücktrittsgrund", erklärt Yannick Schwander.
Frankfurt: OB Feldmann kündigt Statement am Mittwoch (25. Mai) an
Die Linke will derweil einen Abwahlantrag (noch) nicht unterstützen. Fraktionschefin Dominike Pauli machte aber klar, dass sich das rasch ändern könne. Nach Feldmanns Spruch, den sie als indiskutabel bezeichnete, sei er "auf Bewährung".
Für den heutigen Mittwoch hat das OB-Büro indessen ein "kurzes Statement" von Feldmann angekündigt. Journalisten sind eingeladen. Man bittet aber um Verständnis, dass Rückfragen vor Ort "leider" nicht möglich sein werden... sim
Frankfurt: Wie der OB aus dem Amt scheiden kann:
- Möglichkeit 1: Peter Feldmann bleibt OB, bis seine Amtszeit im Frühjahr 2024 regulär endet.
- Möglichkeit 2: Peter Feldmann tritt als Oberbürgermeister zurück. Dabei würde er allerdings große Einbußen bei seinen Versorgungsansprüchen hinnehmen müssen.
- Möglichkeit 3: Der Oberbürgermeister kann nach Paragraf 76a der Hessischen Gemeindeordnung eine Versetzung in den Ruhestand beantragen, wenn "ihm das für die weitere Amtsführung erforderliche Vertrauen nicht mehr entgegengebracht wird". Zwei Drittel der 93 Frankfurter Stadtverordneten müssten dem zustimmen. Von dieser Regelung kann Gebrauch machen, wer eine Amtszeit von acht Jahren erreicht hat und mindestens 50 Jahre alt ist.Feldmann bekäme ein Ruhegeld mit geringfügigen Abschlägen auf seine Ruhestandsbezüge.
- Möglichkeit 4: Eine Abwahl des Oberbürgermeisters. Sie ist möglich, aber schwierig umzusetzen. Mindestens die Hälfte der Stadtverordneten im Römer muss einem Abwahlantrag zustimmen. Diesen Antrag müssten dann zwei Drittel der Stadtverordneten beschließen. Doch das ist zur Abwahl nur der erste Schritt. Da der OB direkt gewählt ist, muss er auch von den Wahlberechtigten direkt abgewählt werden. Zur Abwahl sind mindestens 30 Prozent der Stimmen der Wahlberechtigten nötig. Es wären etwa 150 000 Stimmen gegen Feldmann nötig - und das ist dabei wohl die größte Hürde. Denn bei der OB-Stichwahl 2018 in Frankfurt machten überhaupt nur 30,2 Prozent der Wahlberechtigten von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Mehr als 70 Prozent stimmten damals für Feldmann.
Aber: Der OB könnte nach einem Beschluss der Stadtverordneten zur Abwahl auch auf die Entscheidung der Bürger verzichten. Dann wäre er wäre ebenfalls abgewählt. (sabu)
Kommentar
Am heutigen Mittwoch kommt es vielleicht zum vorläufigen Showdown. Das Büro des Oberbürgermeisters hat die Presse eingeladen. Das Stadtoberhaupt wolle sich äußern. Schon jetzt ist klar: Wieder wird nur einer reden: Peter Feldmann. Denn Rückfragen, so steht es in der Einladung, seien "leider" nicht erlaubt. Dafür kann es drei Gründe geben. 1) Oberbürgermeister Feldmann ist zu feige, um sich Fragen zu stellen. Oder 2) ist er schlau genug, sich zu sagen, dass er sich da wieder nur blamieren würde. Oder 3) gibt es nach seinem Rücktritt - also nicht den Abgang in den vorzeitigen Ruhestand - nichts mehr zu sagen. Zumindest nicht für ihn. Und das ist offensichtlich sein Maßstab. Bis zuletzt. Das ist aber nicht der Maßstab von Journalisten. Die stellen immer Fragen. Gern auch unbequeme. Das "Stadtoberhaupt" ist jetzt seit mehr als zehn Jahren im Amt. Das muss er wissen. Wir haben Fragen. Und damit sind wir nicht allein. Viele Frankfurter erwarten spätestens jetzt Antworten von Feldmann - und den Schritt zum Rücktritt. Bedingungslos. (Simone Wagenhaus)