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Kleingärtner kämpfen um ihr Idyll: Widerstand könnte weitreichende Folgen haben

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Von: Matthias Bittner

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Eine eindeutige Botschaft ist am Eingang zum Garten von Levent Tükengün zu lesen. Anders ausgedrückt: Es ist Platz für den Neubau der Europäischen Schule und die Kleingärten. FOTOs: Enrico Sauda
Eine eindeutige Botschaft ist am Eingang zum Garten von Levent Tükengün zu lesen. Anders ausgedrückt: Es ist Platz für den Neubau der Europäischen Schule und die Kleingärten. © Enrico SAuda

Kleingärtner in Frankfurt sehen die Zukunft ihrer Anlage am Festplatz gefährdet. Ein über 100 Jahre alter Verein sieht sich übergangen.

Frankfurt - Seit sieben Jahren hat Levent Tükengün jetzt seinen Kleingarten in der Anlage des KGV Riederwald unweit des Festplatzes am Ratsweg in Frankfurt. Viele Jahre sollen es noch werden. Doch seit bekannt wurde, dass ein Neubau für die Europäischen Schule auf dem Festplatz geprüft wird und vielleicht die vorhandenen vier Hektar nicht reichen, schrillen bei den Kleingärtnern die Alarmglocken. "Wir haben nichts gegen die Schule, aber warum soll sie auf unseren Gärten gebaut werden", ist am Eingang zu Tükengüns Parzelle zu lesen.

Die Botschaft ist eindeutig: Kampflos werden die Kleingärtner ihr Idyll in Frankfurt nicht räumen. Das gibt KGV-Vorsitzender Niklas Pauli auch in einem offenen Brief an die Stadtverordneten zu verstehen. Der 1913 gegründete Verein habe in den zurückliegenden Jahren wegen diverser Bauvorhaben, beispielsweise des Baus der Autobahn 661, schon mehr als die Hälfte seiner Flächen in vier Anlagen abtreten müssen. Die verbleibenden 234 Gärten müssten erhalten bleiben, heißt es in dem Schreiben. Diese lägen alle im Landschaftsschutzgebiet, ein Bestandsschutz sei deshalb eigentlich angebracht, betont Pauli.

Festplatz Frankfurt: Viele Gärten sind schon weg

Argumente für den Erhalt der Gärten liefert Pauli viele. Angesichts des fortschreitenden Klimawandels sei dies ökologisch sinnvoll, da Grün in der Stadt dazu beitrage, die Temperatur zu nachhaltig senken. Die ökologische Vielfalt werde aufrechterhalten und seltenen Tieren ein Lebensraum geboten. Die Anlage diene der Naherholung und dem sozialen Zusammenhalt. "Bei uns sind Menschen von Null bis 96 Jahren und aus 25 Nationalitäten vertreten. Und wir sind inklusiv tätig, zehn Parzellen sind an Menschen mit Beeinträchtigung und deren Familien vergeben", sagt Pauli.

Ersatzflächen im Tausch lehnen die Kleingärtner ab. Die meisten Parzellen-Besitzer wohnen um die Ecke, kommen mit dem Fahrrad. Für weiter entfernte Gärten müssten sie aufs Auto umsteigen. "Das ist ökologisch nicht vertretbar", sagt Pauli.

Frankfurt: Von den Plänen der Europäischen Schule „aus der Presse erfahren“

Enttäuscht ist er, dass niemand mit den Kleingärtnern gesprochen hat. "Von den Plänen für die Europäische Schule haben wir aus der Presse erfahren müssen." Mehr Interesse zeigten Mitglieder der Ortsbeiräte 4 und 11. Bodo Pfaff-Greiffenhagen (CDU im 4er) und Peter Schmidt (Die Frankfurter im 4er) waren eigens zu einem persönlichen Gespräch in die Anlage gekommen. Das Ergebnis: Die beiden Fraktionen werden für die nächste Sitzung des Stadtteilparlamentes (Dienstag, 6. September) einen Antrag einbringen, in dem sie den Erhalt der Gärten fordern.

Pfaff-Greiffenhagen ist aber noch ein anderer Punkt wichtig. "Viele wissen nicht, dass die Händler, die auf dem Wochenmarkt in Bornheim einen Stand haben, am Festplatz ihre Fahrzeuge parken. Wo sollen die ihre Fahrzeuge künftig hinstellen?", gibt er zu bedenken. Denn mit Schule und Parkplätzen für die Besucher des Familienbades, das derzeit gebaut wird, und der Eissporthalle werde es eng.

KGV Riederwald aus Frankfurt: Beim Sommerfest ins Gespräch kommen

In die Sitzung will Pauli mit einigen Mitstreitern kommen. Dort wollen sie öffentlich ihren Standpunkt und ihr Anliegen vortragen. Ende September soll es dann in der Anlage ein Sommerfest geben. "Da werden wir dann alle Stadtverordnete einladen, um ins Gespräch zu kommen." Jeder soll sich ein eigenes Bild machen, die meisten, da ist Pauli überzeugt, kennen die Anlage noch nicht einmal vom Stadtplan.

Inzwischen haben zumindest CDU und Grünen im Römer auf den offenen Brief reagiert. "Wir nehmen ihre Sorgen wegen eines Eingriffs in die Gartenanlage "Am Graben" sehr ernst. Keineswegs darf die Gartenanlage von vornherein als "Verfügungsfläche" für ein künftiges Schulgelände angesehen werden, ein Erhalt in der gegenwärtigen Größe muss das Ziel sein", schreibt die CDU. Ähnlich äußern sich die Grünen: "Kleingärten sind auch für uns ein hohes Gut und wir sind uns darüber im Klaren, wie wichtig deren Nutzung in einer Großstadt im Quartier sind. Deswegen werden wir uns dafür einsetzen, dass die Kleingärten bei den anstehenden Planungen nicht in Betracht kommen und sie unangetastet bleiben." Das hört Pauli gerne. Aber spruchreif ist noch nichts, zunächst muss eine Alternative für den Festplatz gefunden werden. (Matthias Bittner)

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