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Weglaufen bringt nichts: Großrazzia der Polizei im Bahnhofsviertel schlägt auf die Stimmung

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Von: Sabine Schramek

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Sie passen auf, dass niemand abhaut: Am Samstagabend haben Polizisten hunderte Kontrollen in Bordellen, Spielotheken und an bekannten Drogen-Hotspots im Bahnhofsviertel - so wie hier in der Taunusstraße - durchgeführt. © Rüffer

Nach einer Großrazzia im Bahnhofsviertel gibt es 60 Anzeigen. Ladenbetreiber beschweren sich über den Zeitpunkt. Andere wollen weglaufen – kommen aber nicht weiter.

Frankfurt am Main – Dicht an dicht, leise, ohne Blaulicht, fahren Polizeiwagen aus Richtung Kaiserstraße und Hauptbahnhof am Kaisersack vor. Zahlreiche Beamte in Uniform betreten den vollen Platz gegenüber vom Haupteingang des Hauptbahnhofs in Frankfurt. Wer am Samstag ins Bahnhofsviertel kam, wurde von Dutzenden Polizei-Einsatzwagen und Kontrollen überrascht. Vom frühen Abend bis weit nach Mitternacht wurden Bordelle, Spielotheken und bekannte Drogenpunkte zwischen Kaisersack, Taunus-, Elbe und Moselstraße durchsucht.

Am Ende des Abends bilanziert die Polizei: Rund 300 Personen wurden kontrolliert und durchsucht. Dabei wurden verbotene Gegenstände und diverse Betäubungsmittel sichergestellt sowie Bunker für Drogen aufgefunden. Neun per Haftbefehl gesuchte Personen wurden angetroffen. Zudem konnten bisher mindestens 60 Strafanzeigen gefertigt werden, weitere können aufgrund der noch andauernden Ermittlungen folgen.

Das Bahnhofsviertel ist wegen vieler Delikte in Verruf geraten: Handel mit Betäubungs- und Arzneimitteln, Gewalt- Eigentumsdelikte, Körperverletzung, Diebstähle, Raubstraftaten. Deshalb lag der Schwerpunkt des Einsatzes am Samstagabend nach Angaben der Polizei „in der Bekämpfung und Verfolgung der Betäubungsmittel- und Milieukriminalität“.

Einsatz im Bahnhofsviertel: Frankfurter Barbetreiber schimpfen über Durchsuchungen

„Wir kontrollieren hier heute offensiv“, sagt Christoph Bosecker, Leiter der regionalen Einsatz- und Ermittlungseinheit REE. Ruhig, aber bestimmt werden Ausweise kontrolliert, Taschen durchsucht und festgehalten, wer sich verdrücken will. Es ist leise, nur wenig Gemurre ist zu hören. Wer Durst hat, bekommt Getränke von zivilen Polizisten, wer Drogen dabei hat, ist sie los und bekommt eine Anzeige. Die Straßen sind voller Polizei. In Sekunden wird kurz danach die Taunusstraße gesperrt, weitere Kontrollen. Bordelle, Spielotheken, Bars und Passanten werden überprüft. Statt Türstehern stehen Polizisten in Uniform vor den Eingängen, Beamte durchsuchen die Etagen, überprüfen Mitarbeiter und Kunden ebenso wie Passanten. Flatterband wird dort angebracht, wo Leute von unzähligen Polizisten an Hauswänden kontrolliert und durchsucht werden.

„Es ist ja schön und gut, dass die Polizei kontrolliert. Aber ausgerechnet am Samstagabend, wenn bei uns am meisten los ist, vertreibt uns das die Gäste. Das wirkt sich schlecht auf das Geschäft aus, wenn keiner rein- oder rauskommt“, stöhnt ein Barbetreiber, der anonym bleiben möchte. Ein weiterer stimmt zu. „Zwei Jahre war alles zu, jetzt ist ausgerechnet Samstagabend überall Blaulicht statt Rotlicht. Das ist schwer zu verstehen und noch schwerer, es den Kunden zu erklären.“ Auch er will, dass „weniger Kriminalität im Viertel ist, aber Razzien am Samstag wirken sich negativ auf das vergnügliche Nachtleben aus“, schimpft der 52jährige.

Razzia im Bahnhofsviertel: Frankfurter Polizei berichtet von Einsatz

Die Polizei kontrolliert stundenlang die Taunusstraße zwischen Elbestraße und Hauptbahnhof. Tüten voller Reizgas werden aus Häusern getragen, um zu überprüfen, ob die Dosen legal sind. Einige Personen werden zu Polizeiwagen geführt, aus Fenstern und in der Nähe der Absperrungen betrachten andere das Geschehen. Auch hier ist es ungewohnt leise. Viel leiser als an anderen Samstagabenden, wenn die Polizei Streife fährt und keine Großaktionen durchführt. Vor Lokalen und Cafés sitzen Leute, die essen, trinken und lachen, als sei alles normal. Sie wurden bereits kontrolliert und machen dort weiter, wo sie vorher aufgehört haben. Geflucht wird nur leise. Am Rand der Sperren wird getuschelt, einige versuchen, sich mit dem Fahrrad oder E-Scooter durch die Polizeiwagen zu schlängeln und werden gestoppt. Auch sie werden kontrolliert. Vor Bordellen warten Prostituierte darauf, dass das Geschäft weitergehen kann.

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Am Hauptbahnhof Ecke Münchener Straße wurde rot-weißes Flatterband aufgehängt, um die an Hauswänden kontrollierten Menschen besser in Schach halten zu können. © Rüffer

Leise fahren Polizeiwagen vor ein Wettbüro in der Moselstraße. Die Sicht darauf wird durch einen Bauzaun versperrt. Etliche Männer stehen dahinter. Einige versuchen, wegzulaufen, als sie merken, dass die Polizei da ist. Keine Chance. Alle Wege sind versperrt. Auch hier wird jeder kontrolliert, jede Tüte und Schale auf dem Boden ebenso gecheckt, wie Taschen und Kleidung. Diskussionen nutzen nichts.

Christoph Bosecker ist zufrieden mit dem Einsatz. „Die Drogenszene und das Rotlichtviertel stellt seit jeher einen polizeilichen Schwerpunkt dar. Das alles kontrollieren wir verstärkt“, sagt er. „Die Kontrollen werden erduldet. Natürlich sind die Personen hier nicht begeistert, aber die Kontrollen verlaufen ohne besondere Vorkommnisse.“ (Sabine Schramek)

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