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„Wir haben genug gelitten“: Frankfurter Wirte wollen zusätzliche Tische draußen behalten

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Von: Michelle Spillner

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Die Regelung zur Außengastronomie in Frankfurt aus Pandemiezeiten läuft Ende Oktober aus. Aber warum beenden, was viele attraktiv fanden?, fragt sich auch der Verband.

Frankfurt – „Es erinnert mich an Frankreich“, beschreibt Harald Nolte aus Sachsenhausen, während er sich auf dem Affentorplatz umschaut. Wie in La Petit France, Kleinfrankreich, dem alten Gerberviertel in Straßburg, fühle er sich als Gast, und das sei schön. Tische und Bänke im Freien. Gäste, die speisen oder etwas trinken, das leise Stimmengewirr der Besucher, sehen, wer vorüberläuft, das eine oder andere bekannte Gesicht entdecken, hinüberwinken oder gar an den Tisch bitten für eine kleine Pause bei einem Äppler. Das ist Lebensqualität.

Seit der Corona-Pandemie stehen auf dem Affentorplatz und an vielen anderen Plätzen in der Stadt mehr Tische im Freien, weil die Stadt Frankfurt zur Unterstützung der Gastronomie die Sondernutzungserlaubnis erweitert hat. Wer bereits Außengastronomie hatte, durfte seit vergangenem Jahr die Außenfläche erweitern, ohne dafür einen gesonderten Antrag stellen oder zusätzliche Gebühren entrichten zu müssen - eine Unterstützungsmaßnahme der Stadt, die aber bisher bis 31. Oktober begrenzt ist.

Mehr Außengastronomie in Frankfurt: „Das hat vielen Plätzen vom Straßenbild her richtig gutgetan“

Zwei Bierzeltgarnituren mit jeweils sechs Plätzen mehr hat Frank Winkler von der Affentorschänke aufstellen dürfen, verfügt jetzt über 82 statt bisher 70 Außenplätze. Auch die Nachbarn auf dem lauschigen Platz haben angebaut. "Das sieht schön aus", sagt Winkler, und vor allem hilft es. Zwölf oder mehr Gäste mehr am Abend bewirten zu können, mache sich in der Kasse bemerkbar. Und Geld verdienen müssen die Gastronomen nach den coronabedingten Ausfällen dringend. So sehen sie einem möglichen Ende der Ausnahmegenehmigung mit großem Bedauern entgegen.

Frank Winkler von der Affentorschänke steht an seinen beiden zusätzlichen Tischen mit zwölf Plätzen. Sie stehen dort, wo sonst Autos parkten. Abends ist bei schönem Wetter jeder Platz bei ihm besetzt. Die zwölf Plätze mehr machten sich in der Kasse bemerkbar, sagt er.
Frank Winkler von der Affentorschänke steht an seinen beiden zusätzlichen Tischen mit zwölf Plätzen. Sie stehen dort, wo sonst Autos parkten. Abends ist bei schönem Wetter jeder Platz bei ihm besetzt. Die zwölf Plätze mehr machten sich in der Kasse bemerkbar, sagt er. © Michelle Spillner

Lasse Johansson, Inhaber des schwedischen Restaurants Svea an der Ecke Brückenstraße/Schulstraße, hat die Liberalisierung der Regelung richtig was gebracht. Er hat die Anzahl der Außenplätze mehr als verdoppeln können. Durften Tische und Stühle vorher nur an der Hauswand entlang auf dem Bürgersteig stehen, so kann er jetzt auf einstigen Randparkplätzen noch mal rund 40 Plätze bieten. Das wollte er schon lange: "Ich hatte einen Antrag darauf schon vor Corona gestellt, aber ein striktes Nein erhalten." Im vergangenen Jahr ging es dann, ohne Papierkram und gesonderte Prüfung. Das hat ihn gefreut: "Wir Gastronomen haben genug gelitten, und ich finde, das sollte in Zukunft beibehalten werden."

Diesen Wunsch teilt er mit den Kollegen, nicht nur wegen der Möglichkeit, mehr Umsatz zu machen. Das Mehr an Außengastronomie "hat vielen Plätzen vom Straßenbild her richtig gutgetan. Es ist eine bessere Atmosphäre", findet auch Winkler.

Frankfurt: Erweiterung der Außengastronomie macht Innenstädte attraktiver

Kerstin Junghans, Geschäftsführerin des Hotel- und Gastronomieverbandes Dehoga, entdeckt seit der Erweiterung in Frankfurt ein mediterranes Lebensgefühl. "Wir kämpfen seit Jahren darum, die Innenstädte attraktiver zu machen, und ein Teil davon ist die Erweiterung der Außengastronomie", sagt sie. Das bringe das Leben in die Straßen, stärke in gewisser Weise die Seele der Stadt. Junghans: "Die Gäste möchten das, sie möchten draußen sitzen. Durch Corona ist das Bedürfnis gestiegen - selbst wenn es ein bisschen kühler wird."

Vermutlich also auch nach dem 31. Oktober. Im vergangenen Herbst berichteten Gastronomen, dass Gäste lieber gingen, als sich in Innenräume zu setzen. Viele Gastronomen stellten dort, wo es ging, Pavillons und zeltähnliche Konstruktionen auf, um die Gäste zu halten. Etwas, was vielerorts nicht geht. Im Straßenrandgebiet dürften die Aufbauten eine Höhe von 1,50 nicht übersteigen und die Sicht müsse erhalten bleiben, so Johansson.

Sonderregelungen für Außengastronomie in Frankfurt

So wie es viele andere Punkte zu beachten gibt, wie das Freilassen von Durchgängen und selbstverständlich von Fluchtwegen. Darüber wacht die Feuerwehr, die sich zufrieden zeigt: "Die Sonderregelung für Außengastronomie gilt für bestehende Sommergärten, bei denen unsere Belange bereits geprüft wurden. In der Sonderregelung wird darauf hingewiesen, dass Flucht- und Rettungswege freigehalten werden. Derzeit sind uns keine Einschränkungen bekannt, die für uns einsatzrelevant wären."

Johansson würde sich eine dauerhafte Beibehaltung der Erweiterung auch wünschen, "weil wir es dann ja auch schöner gestalten könnten. Im Moment sind es ja alles Provisorien."

Winkler würde eine pauschale Rücknahme der Lockerungen sehr bedauern. Alternativ könnte man jede einzelne Erweiterung prüfen und darüber entscheiden. Aber dann habe man die schwierigen Diskussionen, warum der eine nun mehr dürfe und der andere nicht,

Frankfurt: Gastronomen verhandeln mit der Stadt

Kerstin Junghans ist zuversichtlich, dass es eventuell eine dauerhafte Perspektive geben könne. Man sei im Gespräch mit der Stadt. Gemeinsam mit der IHK bestehe weiterhin die Forderung, dass die Freiflächen großzügig bespielt werden dürfen. Damit würde man den Gastronomen helfen, die nun, nach Corona, auch noch unter Inflation und gestiegenen Energiepreisen litten, und man verschönere das Lebensgefühl und das Gesicht der Stadt.

Der zuständige Verkehrsdezernent Stefan Majer (Grüne) hatte zuletzt Wohlwollen in der Frage signalisiert, aber auch betont, dass es verbindlicher Regelungen bedürfe. Von seinem Dezernat war gestern auf Anfrage keine Stellungnahme zu bekommen. (Michelle Spillner)

Die Dehoga hat bereits im Frühsommer eine Verlängerung der Sonderregel in der Außengastronomie in Frankfurt gefordert. Damals zeigte sich die Stadt weniger entgegenkommend.

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