Nach dem Erfolg beim Bundesverfassungsgericht: "Es geht um den Rechtsstaat"

Anwältin Mirjam Rose hatte Erfolg mit ihrer Klage beim Bundesverfassungsgericht. Die Schulzuweisung muss überarbeitet werden. Darüber sprach sie mit Redakteur Mark Obert.
Frau Rose, nächste Woche erhalten wieder viele Frankfurter Eltern den Bescheid, dass ihr Kind nicht die Wunschschule besuchen darf. Was hat sich für diese Eltern durch den Spruch des Bundesverfassungsgerichts geändert?
Die aktuelle Rechtsprechung ist ins Wanken geraten. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) muss sich genau überlegen, ob er seine Rechtsprechung aufrecht erhält und es zulässt, dass Eltern nicht mehr die Möglichkeit haben, die Entscheidung prüfen zu lassen. Ich würde jedem empfehlen, seinen Fall genau prüfen zu lassen. Mit dem Spruch aus Karlsruhe erhoffen wir uns bessere Möglichkeiten.
Und für die Zukunft?
Zwischen den Zeilen lese ich, dass das Bundesverfassungsgericht die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs für falsch hält. Ich hoffe, dass der VGH, an den der Fall zurückgewiesen worden ist, seine Rechtsprechung zugunsten des Rechtsstaats ändern wird.
Frankfurter Anwältin Mirjam Rose: Bislang gab es nur ein Eilverfahren
Und wenn er das nicht tut?
Dann müssen wir den Hauptsacherechtsweg durchlaufen, also weiter klagen. Das würde Jahre dauern. Wir haben bislang nur den Eilrechtsschutz durchlaufen, das allein hat schon von 2016 bis heute gedauert.
Sie haben Eltern vertreten, deren Kind nicht auf eine Schule mit Französisch-Schwerpunkt durfte und nun auf eine Privatschule geht. Wofür haben diese Eltern so lange gekämpft?
Darum, Recht zu haben und zu bekommen. Es ging um den Rechtsstaat, um die Allgemeinheit. Darum, dass ein Verwaltungsvorgang nicht willkürlich über Menschen bestimmen kann, sondern jeder das Recht und die Möglichkeit haben muss, gegen eine Entscheidung vorgehen zu können. Die Rechtsprechung und bisherige Verwaltungspraxis machen das eben unmöglich.
Trotzdem gilt: Auch künftig dauern Klagen lange und werden dem eigenen Kind kaum helfen.
Eilrechtsschutz kann schon zu schnellen Ergebnissen führen, aber in Einzelfällen kann es länger dauern.
Und es kostet Eltern viel Geld.
Umsonst arbeiten können wir natürlich nicht. Unseren Mandanten ist es wert, in Bildung zu investieren.
Gibt es eigentlich Rechtsschutzversicherungen für solche Fälle?
Das kommt auf den Vertrag an, es gibt welche.
Schulzuweisung: Anwalt muss begründen, warum die Zuweisung fehlerhaft war
Welche Argumente hat ein Anwalt gegen eine Ablehnung?
Er muss darlegen, dass die Schulzuweisung eines Kindes fehlerhaft war. Das kann man natürlich auch ohne Anwalt versuchen.
Wann ist eine Ablehnung fehlerhaft?
Wenn von der weiterführenden Schule aufgestellte Aufnahmekriterien - zum Beispiel besondere Fremdsprachen-Kenntnisse aus der Grundschule - von der weiterführenden Schule selbst anschließend missachtet werden. Aber eigentlich ist die Frage in Kürze nicht zu beantworten.
Gibt es viele fehlerhafte Ablehnungen?
Es sind uns viele Fälle begegnet, die wir für rechtswidrig gehalten haben.
Weil die Erfolgsaussichten gering seien, rät der Stadtelternbeirat von Klagen ab.
Ich halte es für fraglich, eine solch pauschale Aussage zu treffen, da jeder Einzelfall zu bewerten ist. Es ist grundsätzlich erst einmal möglich, alles zu erreichen. Generelle Aussagen sind schwierig, da die Praxis das Gegenteil in zahlreichen Fällen bewiesen hat.
Frau Rose, Hand aufs Herz: Wie viel Arbeitsstunden stecken in Ihrem Marsch bis Karlsruhe?
Es war wahnsinnig viel Arbeit. Umso glücklicher sind wir. Und stolz.
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