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Protest im Ostend - Litfaßsäule am Zoo soll wieder weg

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Empört über den Standort der neuen Litfaßsäule ist Barbara Deppert-Lippitz von den Freunden Frankfurts. Im Gegensatz zu dem filigranen Uhrtürmchen (im Hintergrund) sei die Säule viel zu dominant.
Empört über den Standort der neuen Litfaßsäule ist Barbara Deppert-Lippitz von den Freunden Frankfurts. Im Gegensatz zu dem filigranen Uhrtürmchen (im Hintergrund) sei die Säule viel zu dominant. © Kammerer

Die neue Litfaßsäule in unmittelbarer Nähe zum Uhrtürmchen am Zoo erhitzt die Gemüter. Die Kritik: Je nach Blickwinkel ist das vor einigen Jahren aufwendig restaurierte Baudenkmal überhaupt nicht mehr zu sehen.

Frankfurt - Es ist ein Monstrum: fast sechs Meter hoch und knapp anderthalb Meter im Durchmesser. Und es steht an der völlig falschen Stelle. Zumindest sagt das Barbara Deppert-Lippitz von den Freunden Frankfurts über die moderne Litfaßsäule, die seit kurzem mitten auf dem Bürgersteig im Sandweg/Ecke Pfingstweidstraße steht. "Der Standort ist unglücklich gewählt. Das zierliche Uhrtürmchen ist ja gar nicht mehr zu sehen", sagt sie. Und legt fürs Foto Hand an, ganz so als wolle sie die Litfaßsäule mit Gewalt umstoßen.

Uhrtürmchen historischer Bestandteil

Stehenbleiben könne der ausladende Werbeträger dort jedenfalls nicht. "Da ist das letzte Wort nicht gesprochen", meint Deppert-Lippitz. Notfalls will sie alle Hebel in Bewegung setzen. Das Uhrtürmchen aus dem Jahr 1894, das seinerzeit vom damaligen Ostend-Verein gestiftet wurde, sei fester Bestandteil der Stadtgeschichte. Vor allem jüdische Geschäftsleute aus dem Viertel hätten damals Geld gegeben, dass es errichtet werden konnte. Die Bewohner des Quartiers reagierten äußerst sensibel, wenn das Wahrzeichen verschandelt oder beschädigt wird.

"Der Koloss muss weg"

Keinen Spaß versteht da Ingrid Döbert, die nicht weit entfernt vom Uhrtürmchen wohnt. "Ich bin kein Meckerer", sagt sie. Ihr sei aber völlig schleierhaft, wie man eine solche Litfaßsäule an dem Standort genehmigen könne. Es sei schon schlimm genug, dass das Wahrzeichen je nach Blickwinkel nicht mehr zu erkennen sei. Dass der Koloss Autofahrern, die von der Pfingstweidstraße in den Sandweg abbiegen wollen, die Sicht versperre, setze dem Ganzen die Krone auf. "Der Koloss muss weg", sagt sie. Schließlich stünde nur ein paar Meter entfernt bereits eine Litfaßsäule.

Nach Angaben von Dr. Sandra Trawny von der Stabsstelle Werberecht der Stadt handelt es sich bei Litfaßsäulen um bauliche Anlagen im Sinne der Hessischen Bauordnung. "Für jede neue Werbeanlage ist also eine Baugenehmigung erforderlich", führt sie aus. Für die am Standort Sandweg/Ecke Pfingstweidstraße sei die Genehmigung erteilt worden.

Beleuchtet und drehbar

Grundsätzlich hat die Stadt, so Trawny, das Recht, im öffentlichen Raum Werbeanlagen zu errichten und zu betreiben. Anfang 2018 seien im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung vier Verträge mit einer Laufzeit von acht Jahren neu vergeben worden. Konzessionsnehmerin ist die Deutsche Städte Medien (DSM). Die Verträge umfassen das Recht, vorhandene Werbeanlagen im öffentlichen Raum zu betreiben sowie neue Werbeanlagen zu errichten. Dabei sind die Mengen neuer Werbeträger je nach Typus begrenzt.

Neubau und Bestand so genannter City Light Säule (CLS) - eine solche steht jetzt an besagtem Standort im Sandweg/Ecke Pfingstweidstraße - ist auf 100 Stück begrenzt. CLS sind quasi die moderne Nachfahrin der klassischen Litfaßsäule. Dieser Typus steht vor allem an exponierten Stellen, die Litfaßsäulen sind beleuchtet und können sich drehen. Litfaßsäulen herkömmlicher Art gibt es laut Trawny im Stadtgebiet 1028.

Nur wenige Meter entfernt steht noch eine Litfaßsäule

Das sind nach Ansicht von Ortsvorsteher Hermann Steib (Grüne) auch genügend. Nur ein paar Meter von der kürzlich errichteten stünde eine zweite Litfaßsäule. Auch er ist nicht erfreut, dass die neue CLS beispielsweise das Ensemble Uhrtürmchen und Zoogesellschaftshaus beeinträchtige. Und er ist sich sicher, dass das Thema demnächst auf der Tagesordnung des Ortsbeirates 4 (Bornheim, Ostend) stehe.

Das historische Uhrtürmchen war nach aufwendiger Restaurierung 2015 wieder aufgestellt worden. Um diese zu finanzieren, war eigens eine Spendenaktion initiiert worden. Mehr als die Hälfte der rund 100 000 Euro teuren Restaurierungskosten hatten Privatpersonen gespendet. Der Zahn der Zeit hatte am filigranen Bauwerk genagt, das der Frankfurter Architekten Alexander Linnemann (1839 -1902) entworfen hat. Es war abgebaut, in einer Werkstatt in Thüringen überarbeitet und anschließend wieder am bisherigen Standort aufgebaut worden.

"Die große Spendenbereitschaft beweist, dass den Menschen das Uhrtürmchen am Herzen liegt", sagt Barbara Deppert-Lippitz. Deswegen glaubt sie, dass sich Widerstand gegen die neue Litfaßsäule formiert.

von Matthias Bittner

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