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Antonio (6) stirbt nach Stromschlag in Kita: Noch immer keine Gewissheit

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Blumen und Teddybären hatten Nachbarn, Freunde und Bekannte an der Kita in Frankfurt als Zeichen ihrer Trauer über den Tod des sechsjährigen Antonio niedergelegt. © Hamerski

Vor einem Jahr starb der sechsjährige Antonio in der Kita Atzelbergstraße in Frankfurt-Seckbach. Die Ermittlungen dauern noch immer an.

Frankfurt - Ein Jahr nach dem Tod des sechsjährigen Antonio im Kinderzentrum Atzelbergstraße gibt es noch immer keine Gewissheit. Wie konnte der Junge an der Steckdose im Vorraum den tödlichen Stromschlag erleiden? Hing die Steckdose schon vor dem Unglück aus der Wand? Wurden bei Bauarbeiten in der Seckbacher Kita im Sommer 2019 Fehler gemacht? Haben das Personal oder die Sachverständigen, die die Kita überprüften, die Gefahrenquelle übersehen? Oder war es ein schrecklicher Unfall ohne Schuldige? Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Frankfurt dazu dauern noch an.

Vor genau einem Jahr, am 29. Oktober 2019, hat die Mutter des Jungen ihren Sohn aus der Kita abholen wollen, erzählte sie damals. Antonio habe immer Verstecken mit ihr gespielt. An diesem Tag versteckt er sich hinter einem Schuhschrank. Plötzlich springt er auf sie zu, von dem Stromschlag getroffen. Die Mutter legt ihren Sohn auf den Boden, der Krankenwagen kommt. Anderthalb Stunden später ist Antonio tot.

Unglück in Frankfurt: Antonio stirbt in Kita – Noch viele Fragen offen

Der Vater eines anderen Kindes berichtete, einen blauen Lichtblitz gesehen zu haben. Die Steckdose habe aus der Wand gehangen. Später werden Sachverständige des Landeskriminalamtes das bestätigen und berichten, dass ein Kabel locker war.

Hat Antonio versehentlich die Steckdose aus der Wand gerissen, in dem er möglicherweise auf die Einfassung getreten ist? Hätte er die Steckdose überhaupt herausreißen können? Darf eine Steckdose in einer Kita für einen sechsjährigen Jungen herausreißbar sein? Auf Antworten muss die Familie, muss Seckbach, muss Frankfurt warten. "Weitere Zeugenvernehmungen stehen noch an", sagt Oberstaatsanwältin Niesen. "Verschiedene Sachverständige müssen noch gehört werden."

Frankfurt: Unglück in Kita – Dezernat verweist auf Gefahrenprüfung

Die auch für Kitas zuständige Bildungsdezernentin Sylvia Weber (SPD) erklärte vor einem Jahr, dass das Kinderzentrum Atzelbergstraße in der ersten Jahreshälfte 2019 auf Gefahren überprüft wurde. Die Bauarbeiten im Sommer seien abgenommen worden. Ihr Referent, Jan Pasternack, ergänzt heute: "In allen städtischen Kinderzentren gibt es Sicherheitsbeauftragte, die geschult Gefahrenquellen erkennen und beseitigen oder melden."

Zwei Tage nach dem Unglück treffen sich Freunde, Bekannte, Nachbarn der Familie von Antonio auf dem Atzelbergplatz. Viele kannten den Jungen. Auf dem Platz hatte er oft Fußball gespielt. Kerzen werden angezündet, gesprochen wird wenig. Vor den Kameras und Pressevertretern fordert Antonios Mutter: "Diese Leute müssen bezahlen."

Frankfurt: Kinderzentrum Atzelbergstraße wird nach Unglück für Monate geschlossen

Das Kinderzentrum Atzelbergstraße wird für sieben Monate geschlossen. Alle Erzieher wollten die Einrichtung wechseln. Im Juni eröffnete die Kita wieder. Mit neuem Personal und neuem Konzept. 72 Kinder werden heute in der Einrichtung betreut. Eine Trauerecke wurde für die Kinder eingerichtet, die Antonio kannten. In einen Kasten können sie Briefe für Antonio einwerfen. "Und wenn du dich getröstet hast, wirst du froh sein, mich gekannt zu haben", steht darauf. Ein Zitat aus "Der kleine Prinz" von Antoine de Saint-Exupéry.

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In einen Briefkasten in der Kita Atzelbergstraße können Kinder Briefe für Antonio einwerfen. © Sandra Trauner/dpa

"Kita Frankfurt gegenüber haben die Elternvertreterinnen und -vertreter jedoch deutlich gemacht, dass die Trauerarbeit kein zentrales Thema in der Einrichtung mehr ist", sagt Referent Pasternack. "Die Trauer ist demnach so gut es eben geht bewältigt worden und es besteht der Wunsch der Eltern und Kinder nach Normalität." Dezernentin Weber sagt, auch heute noch sei das Unglück unbegreiflich. "Das hat auch damit zu tun, dass noch nicht geklärt werden konnte, wie es dazu kommen konnte und ob man es verhindern hätte können." Man müsse sich allerdings darauf verlassen, dass es der Staatsanwaltschaft irgendwann möglich sei zu rekonstruieren und ermitteln, was an diesem Tag geschehen sei. Wann das etwa sein wird, konnte Oberstaatsanwältin Niesen nicht sagen. (Friedrich Reinhardt und Julia Lorenz)

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