Frankfurts „dreisteste Mieterhöhung“: Öffentliches Unternehmen bekommt zweifelhaften Preis
Der „Mietentscheid Frankfurt“ hat einen Aktionstag gegen „Mietenwahnsinn und Verdrängung“ organisiert. Ein Unternehmen bekommt den Preis für die „dreisteste Mieterhöhung“.
Frankfurt – Bei der Aktion des „Mietentscheid Frankfurt“ ist nicht die absolute Höhe entscheidend gewesen: Es gehe um die „Dreistigkeit“, sagt Sprecherin Lisa Hahn auf Nachfrage. In dieser Hinsicht haben die Organisatoren des „Housing Action Day“ – einem Aktionstag gegen „Mietenwahnsinn und Verdrängung“ in Frankfurt – die Nassauischen Heimstätte (NH) zum negativen Sieger erklärt. Weil das Unternehmen mit dem Preis natürlich nicht belohnt werden soll, ist der Preis zweigeteilt: Die NH bekommt den Titel als Vermieter mit der „dreistesten Mieterhöhung“. Den eigentlichen Gewinn erhält ein Mieter der NH aus der Nordweststadt, der für sein Engagement gegen Mieterhöhungen ausgezeichnet wird, sagt Lisa Hahn. Der Gewinner erhält eine einjährige Mitgliedschaft im Mieterverein „Mieter helfen Mietern“.
Seit Herbst 2020 hat das Bündnis „Mietentscheid“ Zuschriften gesammelt: Was ist Frankfurts dreisteste Mieterhöhung? Auf den Aufruf seien sehr viele Meldungen von Bürgerinnen und Bürgern aus verschiedenen Frankfurter Stadtteilen eingegangen, heißt es in einer Pressemitteilung. Lisa Hahn sagt in der Mitteilung: „Wir wollen zeigen, dass bezahlbarer Wohnraum in Frankfurt fehlt und verloren geht ‒ und dass wir viele Vorschläge haben, um dieses Problem anzugehen.“

Mieten in Frankfurt: Proteste aus der Nordweststadt
Beschwerden habe es von privaten Mietern und Nutzern der Wohnungen der städtischen Wohnungsbaugesellschaft ABG gegeben. Bei den öffentlichen Unternehmen, wie auch der NH, beträfen die Zuschriften oft ganze Siedlungen oder Wohnkomplexe. In der Nordweststadt seien 400 Menschen betroffen. Aber auch in Eschersheim würde die NH Mieten erhöhen. Vorwürfe von Mietern gegen Mieterhöhungen gab es auch in Niederrad. Auch in der Adolf-Miersch-Siedlung wurde modernisiert und die NH fordert höhere Mietpreise.
Schon im Februar hat der „Mietentscheid Frankfurt“ Mieterhöhungen der NH als „dreist“ bezeichnet und eine Rücknahme gefordert. Im Fokus der Proteste stand die Nordweststadt in Frankfurt. Mit einer Online-Petition und einem offenen Brief an den Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann und den hessischen Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir wollte das Bündnis Erhöhungen um bis zu 15 Prozent stoppen. Diese lägen zwar im rechtlichen Rahmen, seien aber gerade in der Corona-Pandemie eine schwere Belastung für viele Mieter. Das Land Hessen hält eine mehrheitliche Beteiligung an der Wohnungs- und Entwicklungsgesellschaft. In ganz Hessen seien 6.000 Haushalte von Mieterhöhungen durch die NH betroffen.
„Mietentscheid Frankfurt“ vergibt Preis für dreisteste Mieterhöhung
Weil die NH die Petition nicht beachtet habe und der „Mietentscheid Frankfurt“ das Verhalten der NH als unpassend für ein öffentliches Wohnungsunternehmen empfindet, wurde die Nassauische Heimstätte am Samstag (27.03.2021) mit dem Preis für Frankfurts dreisteste Mieterhöhung ausgezeichnet. Es wird kritisiert, dass eine Erhöhung der Mieten aus wirtschaftlichen Gründen während der Corona-Krise nicht angebracht sei. Der „Mietentscheid Frankfurt“ wirft der NH in einer Pressemitteilung vor, dass sie „lieber an Profiten festhält, statt den Menschen in der Pandemie die Angst vor einer Verdrängung aus ihrem Wohnumfeld zu nehmen“. Auf dieses Verhalten wolle das Bündnis mit der Vergabe des Preises aufmerksam machen.
Die Nassauische Heimstätte gibt auf Nachfrage bekannt, dass das Unternehmen eine konkrete Situation wie diese nicht kommentiere. Die Argumentation im Fall der Mieterhöhungen, der immer wieder durch die Presse gehe, habe das Unternehmen offen auf den Tisch gelegt. Im Fall der Mieterhöhungen nach Modernisierungen in Frankfurt-Niederrad hieß es von der Wohnungsbaugesellschaft gegenüber der FNP, dass ihre Mietpreise für Frankfurter Verhältnisse auch nach der Erhöhung noch bezahlbar seien. Auch habe die NH darauf hingewiesen, dass Mieter nach der Erhöhung Ansprüche auf Wohngeld haben könnten. (Theresa Ricke)