Nach Mord an Ärztin: Bruder des Angeklagten bittet Opferfamilie um Entschuldigung

Nach dem Mord an einer Ärztin aus Frankfurt Bockenheim ist nun der Prozess in vollem Gange. Der Bruder des Angeklagten bittet die Opferfamilie um Entschuldigung.
Frankfurt - Zur Sache will sich Stefan B., der sich wegen Mordes an seiner ehemaligen Freundin vor dem Landgericht verantworten muss, am zweiten Verhandlungstag nicht äußern. Das Reden übernimmt sein älterer Bruder im Zeugenstand.
Die beiden bewohnen zwei verschiedene Häuser auf demselben Grundstück. Ihr Vater führte zu Lebzeiten ein wohl florierendes mittelständisches Unternehmen, jedenfalls staunt einer der ermittelnden Polizisten heute noch Bauklötze: „Sehr großzügig, sehr modern, sehr schön“ sei das Haus des 35-Jährigen B. in Pfungstadt, „wie eine luxuriöse Penthousewohnung in Frankfurt – nur auf dem Land“. B. selbst habe bei seiner Vernehmung hingegen einen „resignierten, sehr niedergeschlagenen Eindruck“ hinterlassen.
Frankfurt: Nach Mord an Ärztin erzählt Bruder von den Leiden des Angeklagten
Stefan B. leide schon seit etwa fünf Jahren an Depressionen, sagt sein Bruder. Mitunter habe er tagelang im Dunklen auf einem Stuhl in seinem luxuriösen Esszimmer gesessen und vor sich hingestarrt. Die Beziehung zur 32 Jahre alten Ärztin Ines T., die er auf einer Dating-Plattform im Internet kennengelernt hatte, habe daran letztlich auch nichts geändert – und schließlich habe sein Bruder diese ja auch beendet, auch wenn er das kurz darauf wieder rückgängig machen wollte.
Er habe ebenso oft wie vergebens versucht, seinen Bruder aus der ihm unerklärlichen Lethargie zu reißen. Er habe ihm geraten, sich in eine stationäre Therapie zu begeben, aus Sorge, dass er sich etwas antun könne, aber das habe der nicht gewollt. Einen Gewaltexzess wie den gegen seine Ex-Freundin habe er seinem Bruder nicht zugetraut – der sei zwar mitunter recht „besitzergreifend“, aber niemals „körperlich gewalttätig“ gewesen.
Frankfurt: Bruder des Angeklagten bittet Familie der toten Ärztin um Entschuldigung
Das wird von der Aussage einer weiteren Ex-Freundin Stefan B.s bestätigt: Der habe zwar oft ein Verhalten an den Tag gelegt, das dem eines Stalkers ähnele, aber gewalttätig sei er, wenn überhaupt gegen sich selbst gewesen – dann habe er „sich selbst ins Gesicht geboxt und dabei geknurrt wie ein Hund“.
Dann entschuldigt sich der Bruder im Namen der Familie bei den Eltern des Opfers, die in dem Prozess als Nebenkläger auftreten: „Diese Tat hat auch mein Leben um 180 Grad gedreht – aber ich kann mir nicht vorstellen, wie schrecklich es für die Familie von Ines sein muss.“ In der Nacht nach der Tat habe er irgendwann gesehen, dass im Haus seines Bruders Licht brenne, und nachgeschaut, weil er sich Sorgen gemacht habe. Er habe seinen Bruder in dessen Esszimmer am Boden liegend gefunden, umringt von aufgerissenen Tablettenverpackungen und einer blutenden Wunde am Kopf.
Frankfurt Bockenheim: Angeklagter redete wirres Zeug
Heute wisse er, dass die von einer Mülltonne stammte, die ein Zeuge in dem vergeblichen Versuch, den Täter aufzuhalten, diesem mehrfach an den Kopf geschlagen hatte. Aber damals habe er geglaubt, sein Bruder habe versucht, sich selbst umzubringen – und den Notarzt alarmiert. Und sich dann gewundert, als vor diesem die Polizei eingetroffen sei.
Als er seinen Bruder auf dem Boden gefunden habe, habe der bloß wirres Zeug gestammelt. Nur einen Satz habe er verstanden. Er kenne den Satz aus einer Zeit, in der die Brüder Motocross fuhren. „Bruder, ich fahr’ noch eine Runde langsam aus, dann hör‘ ich auf“, sei dessen Standardfloskel zum Trainingsende gewesen. Und den Anfang dieses Satzes habe Stefan B. immer wieder vor sich hingemurmelt: „Bruder, ich fahr’ noch eine Runde …“
Fast zehn Monate ist es nun her, dass die Ärztin in Bockenheim in Frankfurt ermordert wurde. Jetzt läuft der Prozess.
Wenn der Traumurlaub zum Alptraum wird: Auf Kreuzfahrtschiffen finden Kriminelle paradiesische Bedingungen vor. Experten nennen schockierende Fakten.