Besuch im Wahllokal: Nur volle Tonnen machen zufriedene Gesichter
Wahlhelfer freuen sich, wenn es viel auszuzählen gibt: Ein Besuch in der Frankfurter Messe und in einem Wahllokal in Bergen-Enkheim.
Frankfurt – In der Schule am Landgraben, einer Grundschule im Frankfurter Stadtteil Bergen-Enkheim, sind zwei Räume zweckentfremdet: Raum 0.21, „Mehrzweckraum“ steht an der Tür. Drinnen hat jedoch an diesem Sonntag ein Wahllokal geöffnet: Die Zahl 680-01 klebt an der Tür. Direkt daneben, Raum 0.20, für gewöhnlich die Cafeteria, ist das Wahllokal 680-02 eingezogen. Drei Sichtblenden sichern das Wahlgeheimnis, eine große graue Tonne dient als Urne.
Markus Graff führt hier das Kommando. Der Stadtbezirksvorsteher hat zehn Wahlhelfer für das Lokal 680-02 angeworben. „Viele kenne ich, etwa von den Vereinen“, sagt der Wahlvorstand. Er überwacht den Einwurfvorgang an der Tonne. Neben ihm sitzt, als Schriftführerin, Elena Gilfand. „Ich habe die schwierigste Aufgabe“, sagt sie. Wer gewählt hat, also aus der Kabine kommt, muss zunächst seinen Wahlberechtigungsschein vorzeigen. Gilfand kontrolliert dann anhand des Wählerverzeichnisses, ob die Person in diesem Wahllokal wahlberechtigt ist. Dann erfolgt der Einwurf in die Wahlurne.

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Ein junger Mann mit langem Haar hat dies gerade getan. Er ist ein wenig enttäuscht von den Kandidaten. „Das war alles nicht so toll. Die Grüne lebt seit zehn Jahren nicht mehr in Frankfurt“, sagt er und sagt dann offen: „Ich habe für Mike Josef gestimmt.“
Im Wahllokal ist um 12.15 Uhr nicht viel los. Graff wirkt ernüchtert. „110 Wähler bis jetzt“, sagt er. Seit acht Uhr hat sein Wahllokal geöffnet. „Viele Leute kommen aber jetzt erst, vor dem Mittagessen. Einen großen Andrang gibt es auch am Nachmittag.“
Wahlberechtigte hat das Wahllokal 680-02 insgesamt 1328. Von diesen haben 367 die Briefwahlunterlagen beantragt, also mehr als jeder Vierte. Sie dürften nicht mehr im Wahllokal abstimmen. Elena Gilfand hat deswegen hinter jedem dieser 367 Namen ein fettes „W“ stehen. Doch manchmal, so auch jetzt, kommt es zu Klärungsbedarf.
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Wie im Falle Andrea Stielers. Sie geht gerade direkt auf Elena Gilfand zu, ignoriert also Elfriede Kneussel und Hans Sänger, die neben dem Eingang sitzen und die Wahllisten mit den 20 Kandidatennamen ausgeben. „Ich möchte meine Briefwahl hier abgeben, geht das?“, fragt Stieler.
Es ist einer der Fälle, bei denen Graff aktiv werden muss. Er telefoniert kurz mit der Wahlleitung im Römer, erklärt den Sachverhalt. Nein, die Frau habe alles dabei, auch ihre Wahlberechtigung. Ja, und beide Umschläge, Rot und Blau. Ja, in Ordnung. „Sie dürfen wählen, aber Sie müssen die Briefwahlunterlagen vernichten“, sagt er. Also: Den ausgefüllten Wahlzettel durchreißen und in den Mülleimer damit. „Danach bekommen Sie einen neuen Wahlzettel.“ So erledigt sich auch dieses Problem, Andrea Stieler kann wählen.
Für den gestrigen Wahltag war Graff gegen Mittag nicht sehr optimistisch, was die Wahlbeteiligung betraf. „Wenn wir 40 Prozent erreichen, bin ich zufrieden.“ Doch noch vor 13 Uhr kam es zu einem kleinen Ansturm. Zeitweise warteten bis zu fünf Wähler in dem kleinen Lokal, um ihre Stimme abzugeben.
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So auch das mittelalte Ehepaar Gerhard und Susanne, ihre Nachnamen wollen sie nicht nennen. „Wir wissen nicht, was der andere gewählt hat“, sagt er. „Wir wissen“, ergänzt sie, „wo der andere steht, aber wir stimmen nicht automatisch überein.“ Man habe sich aus der Zeitung über die Kandidaten informiert, „und jetzt bekommen wir hoffentlich wieder einen guten OB“, sagt Gerhard. „Oder eine OB“, ergänzt seine Frau. Gegen 13 Uhr haben im Wahllokal 680-02 schon 134 Wähler abgestimmt. Danach wird es wieder etwas ruhiger. Mittagessens-Zeit. Daran denken jetzt auch Markus Graff und seine Kollegen, die ihre Schicht geschafft haben. Die Ablösung ist schon da und nimmt Platz. „Wir kommen um 18 Uhr wieder, zur Auszählung“, verabschiedet sich Graff.
Um 17 Uhr haben bereits rund 350 Wahlberechtigte abgestimmt. Zusammen mit den 367 Briefwählern ergibt das eine Wahlbeteiligung von mehr als 50 Prozent. Glückwunsch nach Bergen-Enkheim. (Thomas J. Schmidt)