1. Startseite
  2. Frankfurt

Bei Verspätung der Bahn: Fahrgäste bekommen mit Deutschlandticket kein Geld zurück

Erstellt:

Von: Dennis Pfeiffer-Goldmann

Kommentare

Die RMV-Pünktlichkeitsgarantie gilt für das Deutschlandticket nicht. Fahrgäste in Frankfurt sind davon stark betroffen.

Frankfurt – Wer per Deutschlandticket durch Frankfurt fährt, fährt zwar günstig. Aber nicht so sorgenfrei wie mit Einzel- und Zeitkarten. Denn für die Kunden des 49-Euro-Tickets streicht der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) seine freiwillige 10-Minuten-Garantie. Diese Einschränkung betrifft die Nutzer von U-Bahnen, Straßenbahnen und Bussen besonders stark.

„Das ist ein fatales Signal“, ist Christian Behrendt vom Fahrgastverband Pro Bahn & Bus Hessen entsetzt. Bisher sorgt die Garantie nicht nur dafür, dass Fahrgäste im Fall von Verspätungen das Geld für ihr Ticket zurückbekommen können. Die Reklamation kann online erfolgen, die Auszahlung erfolgt am Schalter.

Noch wichtiger ist ein anderer Teil des Pünktlichkeitsversprechens: Fahrgäste können über die Garantie bis zu 25 Euro für eine Taxifahrt abrechnen, fahren sie nach 21 Uhr los und kommen abends oder nachts mehr als zehn Minuten später ans Ziel - oder wegen Ausfällen gar nicht mehr heim. „Die Garantie wirkt vor allem psychologisch, das kann man nicht hoch genug einschätzen“, sagt Fahrgast Behrendt. „So wirkt der Nahverkehr so zuverlässig, wie es ein privates Auto ist.“

Sein Deutschlandticket auf dem E-Ticket Rhein-Main hält ein Fahrgast auf dem U-Bahnsteig an der Hauptwache in der Hand. Für Kunden des 49-Euro-Tickets gelten die 10-Minuten-Garantie des RMV nicht - und in den städtischen Bahnen und Bussen faktisch keine Fahrgastrechte. FOTO: Pfeiffer-goldmann
Sein Deutschlandticket auf dem E-Ticket Rhein-Main hält ein Fahrgast auf dem U-Bahnsteig an der Hauptwache in der Hand. Für Kunden des 49-Euro-Tickets gelten die 10-Minuten-Garantie des RMV nicht - und in den städtischen Bahnen und Bussen faktisch keine Fahrgastrechte. © Dennis Pfeiffer-Goldmann

Pünktlichkeit beim RMV: 2022 eine Million Euro an Fahrgäste in Frankfurt wegen Verspätungen ausgezahlt

Die Ur-Angst, dass man mitten in der Nacht irgendwo strandet, ist dank 10-Minuten-Garantie passé: Einfach per Taxi heimfahren, später Fahrschein und Taxiquittung einreichen, um den Taxi-Preis erstatten zu lassen. „So weiß der Kunde: Egal was passiert, der RMV bringt mich zuverlässig nach Hause“, sagt Behrendt. „Das ist essenziell für die Akzeptanz von Bahn und Bus, so kann man Autofahrer zum Umsteigen bewegen.“

Diese Verlässlichkeit der 10-Minuten-Garantie erhält jedoch nicht geboten, wer mit dem 49-Euro-Ticket unterwegs ist. „Würde die 10-Minuten-Garantie auch für das Deutschlandticket gelten, wären damit auch Fahrgäste anspruchsberechtigt, die ihr Deutschlandticket nicht beim RMV, sondern einem anderen Anbieter gekauft hätten“, erklärt RMV-Sprecherin Vanessa Rehermann. „Der RMV müsste in diesem Fall Geld erstatten, das er selbst nicht eingenommen hätte.“ Dadurch kämen am Ende hessische Steuerzahler für alle Garantiefälle auf.

Die Garantie ist überaus gefragt: 470 000-mal stellten Fahrgäste im vorigen Jahr einen Antrag auf Erstattung, rund eine Million Euro zahlte der RMV aus - wobei die Garantie während der drei Monate des 9-Euro-Ticket nicht galt. Vor Corona wurden 2019 schon rund 1,4 Millionen Anträge gestellt und drei Millionen Euro ausgezahlt. Die nächtliche Taxi-Option als Rückfallebene macht nur einen Promilleanteil aus: Bloß 831-mal wurde sie 2022 in Anspruch genommen. „Der Anteil ist also verschwindend gering“, sagt Rehermann.

Fahrgäste aus Frankfurt hatten bei RMV-Garantie für Verspätung großen Anteil

Bei der Garantie insgesamt hatten die Frankfurter Fahrgäste 2022 einen großen Anteil: Mit 90 000 wurden bald ein Fünftel der Reklamationen in Frankfurter Vertriebsstellen an Fahrgäste ausbezahlt, so Nathanael Reuter von der städtischen Nahverkehrsorganisation Traffiq. Im Vor-Corona-Jahr 2019 waren es 270 000.

Traffiq und RMV verweisen darauf, dass fürs Deutschlandticket die gesetzlichen Fahrgastrechte weiter gelten. Das Problem: Diese greifen nur im Bahnverkehr, also etwa bei Regional- und S-Bahn. Im Nahverkehr jedoch bieten sie im Fall von Verspätungen oder Ausfällen faktisch gar nichts. Damit gehen Fahrgäste in U-Bahnen, Straßenbahnen und Bussen leer aus - und werden bei einem abendlichen Ausfall alleine gelassen.

Dennoch nimmt Fahrgastvertreter Behrendt den RMV in Schutz: „Die 49 Euro sind ein sehr niedriger Preisansatz, dadurch entsteht ein Defizit bei der Organisation des ÖPNV.“ Die Bundespolitik und Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hätten das Angebot „übers Knie gebrochen“, ohne Verbünden und Kommunen genug Geld zur Verfügung zu stellen. Die müssten daher knapsen wie durch Entfall der 10-Minuten-Garantie. Dass bei der Qualität gespart werde, sei aber falsch: „Viele Fahrgäste haben ja schon einen Brass, weil das System so unzuverlässig ist durch die vielen Baustellen, Personalausfälle und schlechte Information.“

RMV soll Garantie bei Verspätung für Fahrgäste in Frankfurt aufrechterhalten

Der Aktive von Pro Bahn & Bus fordert vom RMV, zumindest das wichtigste Element der Garantie aufrechtzuerhalten. „Die Übernahme der Taxikosten muss bei Ausfällen abends und nachts als letzte Rückfallebene erhalten bleiben.“ Die Übernahme der Kosten dafür müssten Verbünde, Länder und Kommunen in Nachverhandlungen vom Bund einfordern.

Für Christian Behrendt beweist das Reduzieren der Fahrgastrechte, dass das 49-Euro-Ticket der falsche Ansatz sei. „Um den Nahverkehr zu stärken, muss man über die Qualität gehen, nicht über die Preisfrage“, findet der Fahrgastvertreter. „Was nutzt ein niedriger Preis, wenn der tägliche Betrieb nicht zuverlässig funktioniert?“ Behrendt fürchtet sich ein wenig vor dem 1. Mai, ab dem das Deutschlandticket gilt. „Das wird ein holpriger Start, sehr unerfreulich.“ (Dennis Pfeiffer-Goldmann)

In Frankfurt wird der Fahrkartenkauf in der RMV-App 2024 noch einfacher.

Auch interessant

Kommentare