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Räumung des Backhauses: Besetzer*innen geben nicht auf - „Wir lassen nicht locker“

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Von: Katja Thorwarth

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Die Polizei beginnt mit der Räumung des Backhauses.
Die Polizei beginnt mit der Räumung des Backhauses. © Screenshot Twitter / Medienkollektiv Frankfurt

Die Polizei hat das besetzte Backhaus in Frankfurt-Bockenheim geräumt. Gegen die Besetzer*innen wird ein Strafverfahren wegen Hausfriedensbruchs eingeleitet.

23.00 Uhr: Nach der Kundgebung auf dem Hülya-Platz und der Spontandemonstration in Bockenheim kündigen diie Initiativen an, sich weiter für das Backhaus als sozialem Ort einzusetzen: „Wir haben bis jetzt viel erreicht und lassen nicht locker!“, heißt es auf Twitter.  

19.20 Uhr: Nach der Kundgebung um 17 Uhr auf dem Hülya-Platz findet nun eine Demonstration statt. Um die 250 Menschen haben sich bei strömendem Regen mit den Besetzter*innen solidarisiert.

16.22 Uhr: Die Räumung des Backhauses verlief friedlich. Die Aktion der Gruppe „Social Hub“ selbst stellt aber „einen Alarmruf für die Politik“ dar, wie FR-Autor Claus-Jürgen Göpfert kommentiert.

14.05 Uhr: Die Polizei äußert sich in einer Pressemitteilung zu der Räumung. Diese sei durchgeführt worden, um „die Weiterbegehnung der Straftaten in Form von Hausfriedensbrüchen zu verhindern“. Sieben Personen, die sich vor der Eingangstür aufgehalten hätten, seien weggetragen worden. Es werde aktuell geprüft, inwiefern hier eine Straftat vorliege. Gegen alle Personen, die sich im Haus befunden hätten,  seien „Identitätsfeststellungen“ veranlasst worden; die acht Personen, die sich in Polizeigewahrsam befunden hätten, seien wieder entlassen worden. 

Gegen alle Besetzer*innen würde ein Strafverfahren wegen Hausfriedensbruchs eingeleitet. Die Polizei habe im „engen Austausch“ mit der Hausbesitzerin gestanden. 

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13.55 Uhr: Nachdem zunächst eine Person aus dem Polizeigewahrsam entlassen wurde, weil sie ihre Personalien angegeben hatte, dürfen nun auch die anderen Besetzer*innen gehen. Laut Unterstützer*innen haben diese ihre Personalien nicht abgegeben. Aktuell sollen sich noch zwei in der Gefangenenstelle befinden. 

11.30 Uhr: Aktuell findet eine Mahnwache vor dem Polizeipräsidium statt. Nach wie vor sollen sich acht Leute in der Gefangenensammelstelle (Gesa) befinden. Nähere Einzelheiten konnte die Polizei auf Nachfrage noch nicht mitteilen.

10.50 Uhr: Wie die FR jetzt erfuhr, sollen acht Menschen auf dem 1. Polizeirevier in Gewahrsam sein. Die Staatsanwaltschaft will sie laut Informationen dem Haftrichter vorführen, sollten sie weiter die Herausgabe ihrer Personalien verweigern.

Kolumne: „Backhaus“-Besetzung? Find’ ich gut*

09.15 Uhr: Das Backhaus ist vollständig geräumt, drei Personen wurden in die Gefangenensammelstelle des 1. Polizeireviers gebracht, da sie die Herausgabe der Personalien verweigert hatten. Nach Angaben von Besetzer*innen sei das Polizeiaufgebot „unverhältnismäßig“ gewesen. Die Polizei habe einen Räumpanzer in der Schloßstraße geparkt und hätten sogenannte Hamburger Gitter aufgestellt. Angaben einer Besetzerin zufolge hätten die Leute auf dem Boden des Gebäudes gesessen und Lieder gesungen, als die Polizei die Tür aufgebrochen habe. Sie hätten keinerlei Widerstand geleistet. Manche seien „mehr geschleift als getragen“ worden. Der Räumpanzer sei wohl aufgefahren worden, „um uns in ein anderes Licht zu rücken“, so eine Besetzerin.  

09.00 Uhr: Um 17 Uhr soll es in Bockenheim gemeinsam mit verschiedenen Initiativen eine Kundgebung für das Backhaus geben. Die Forderung nach einer sozialen Nutzung des Backhauses wurde noch nicht aufgegeben. 

07.40 Uhr: Die ersten Menschen werden aus dem Gebäude hinausgetragen. Mittlerweile haben sich zahlreiche Leute eingefunden, um sich mit den  Besetzer*innen zu solidarisieren. Die Polizei hat die Gegend um das Gebäude weitestgehend abgesperrt. Offenbar wurden bereits die ersten Personen in Mannschaftswagen weggebracht. 

07.00 Uhr: Die Räumung des ehemaligen Tibethauses ist im Gange. Das Medienkollektiv Frankfurt teilt auf Twitter mit, dass die Polizei bereits im Backhaus  ist. Die Polizei Frankfurt äußert sich ebenfalls auf Twitter: „Die Räumung des Backhauses läuft. Leistet keinen Widerstand und verhaltet euch friedlich. Wie das Medienkollektiv weiter mitteilt, lasse die Polizei den Anwalt der Besetzer*innen nicht durch.  

Update vom 8. Oktober 2019, 06.20 Uhr: Wie der FR mitgeteilt wurde, soll die Polizei mit mehreren Einsatzfahrzeugen zum ehemaligen Tibethaus am Hülyia-Platz vorgefahren sein, um mit der Räumung zu beginnen. In dem Haus halten sich aktuell um die 20 Menschen auf. Wie bereits berichtet, hat die Gruppe nicht vor, die Besetzung militant zu verteidigen. Nach wie vor setzen sie auf Verhandlungen.  

13.00 Uhr: Die Aktivist*innen haben mitgeteilt, sich im falle einer Räumung nicht militant zu verteidigen. Man setze habe weiterhin auf Verhandlungen und habe verschiedene unterstützende Gruppen mobilisiert. beispielsweise seien aktuell Leute des Ortsbeirates vor Ort. 

Update vom 7. Oktober 2019, 11.40 Uhr: Wie die Frankfurter Rundschau erfahren hat, soll das ehemalige Tibethaus, auch Backhaus genannt, nach der Besetzung am 5. Oktober geräumt werden. Zunächst hatte der Besitzer zugesagt, das Gebäude nicht räumen zu wollen. Wie die FR weiter erfuhr, soll das Haus nach angeben der Eigentümerin Sandberg bereits verkauft worden sein - und zwar im Einverständnis mit der Stadt Frankfurt.

Update vom 6. Oktober 2019, 12.41 Uhr: Das ehemalige Tibethaus wird weiterhin von der Initiative Social Hub besetzt. Die Besetzer*innen wollen sich dagegen wehren, dass das Gebäude Spekulanten überlassen und möglicherweise abgerissen wird. Unterstützer*innen aus der Nachbarschaft haben sich mit der Gruppe solidarisiert und Frühstück gebracht. Um 18 Uhr soll eine Kunstausstellung stattfinden, bei der die Besetzer*innen aufzeigen wollen, welche Nutzung sie sich von dem Gebäude versprechen. 

Update, 19.44 Uhr: Gerade ist ein Streifenwagen der Polizei vor das Backhaus gefahren. Das Haus ist abgeschlossen, Sympathisanten mit der Besetzung stehen vor dem Gebäude. Der Streifenwagen wollte sich nur ob der Situation vor Ort informieren. Da die Besetzung dem Besitzer bekannt ist, dürfte sich die Polizei bis auf weiteres zurückhalten. 

Update, 19.15 Uhr: Mittlerweile haben sich Parteien interfraktionell mit den Plänen der Besetzer*innen solidarisiert, unter anderem die SPD. Der Besitzer Sandberg weiß über die Besetzung Bescheid und wird zunächst nicht räumen lassen. Er lässt die Causa weiter von seiner Geschäftsleitung prüfen. Mit der würden auch die Verhandlungen geführt. Konkret heißt das, dass das Haus auch bis zum Sonntag besetzt bleibt.

Update, 18.45 Uhr: Bislang hat sich die Polizei noch nicht blicken lassen. Die Besetzung scheint bei den Menschen in der Nachbarschaft auf breite Zustimmung zu stoßen. Es herrscht allgemein Unmut über einen möglichen Abriss des Backhauses. Ein Konzept für die Nutzung ist ausgearbeitet, es ist an der Stadt, zu reagieren.

Update, 17.15 Uhr: Derzeit gehen Anwohner*innen durch das Gebäude, um eigene Nutzungsvorschläge einzubringen. Das Gebäude ist als warmer Ort Teil des Stadtteilfestes. Vertreterinnen der Initiative haben betont, das Gebäude nicht mehr zu verlassen, bis eine Einigung für eine Nutzung erzielt ist.

Bockenheim: Früheres Tibethaus besetzt

Update, 16.10 Uhr: Am Samstag trafen sich rund 200 Menschen am Hülya-Platz in Bockenheim zum Stadtteilfest, das unter dem Motto „für ein solidarisches Bockenheim und die Stadt von Unten“ stand. Darunter waren viele junge Leute, aber auch Familien und Menschen, die im Viertel wohnen. 

Am Nachmittag wurde die Initiative Social Hub, die in Bockenheim gegen Verdrängung vorgeht, aktiv und besetzte das ehemalige Tibethaus (Kaufunger Straße/Friesengasse). „Wir ziehen mit Unterstützung der Nachbarn die Notbremse“, hieß es von der Initiative, die zu einer gemeinsamen Hausbesichtigung einlud.

Das Backwerkhaus soll ein soziales Nachbarschaftszentrum werden, früher war es das sogenannte Dritte Welt Haus. Es sei eines der ersten ökologischen Bauwerke. Die Initiatoren der Besetzung wollen nicht zulassen, dass Investoren die Politik bestimmen. Eine Rednerin macht im Haus deutlich: „Hier müssen wir gemeinsam kämpfen.“ Die Besetzung wird offenbar von einem breiten Bündnis der Stadtgesellschaft getragen.

Das ehemalige Tibethaus wird besetzt.

Das ehemalige Tibethaus wurde am 5. Oktober besetzt.
Das ehemalige Tibethaus wurde am 5. Oktober besetzt. © Katja Thorwarth

Warum habt ihr euch entschlossen, das sogenannte Tibethaus gerade jetzt zu besetzen?
Auslöser war eine Begegnung Anfang 2018. Seinerzeit ist eine Person von uns mit einer Bewohnerin des nahe gelegenen Pflegeheims ins Gespräch gekommen. Da Frau war sehr besorgt über die städtebaulichen Pläne, die im Raum stehen. Das ehemalige Backhaus oder auch Tibethaus sollte abgerissen werden, ein Neubau sollte dort entstehen. Den älteren Menschen hätte es den Raum genommen, an dem sie frische Luft schnappen. 

Was war geplant?
Die Bäume sollten gefällt werden, Grünflächen verschwinden. Wir haben uns dann näher mit dem Haus und seinen Möglichkeiten beschäftigt, insbesondere für eine soziale Nutzung.

Was habt ihr unternommen?
Wir haben unsere Pläne Mitte 2018 im Ortsbeirat und auf Stadtteilrundgängen vorgestellt. Doch trotz des vielen Zuspruchs von Seiten der Nachbarschaft und der prekären Lage in Frankfurt könnten wir die Stadt nicht dazu bewegen, dass Gebäude an uns zu veräußern.

Stimmen zur Besetzung in Bockenheim

Eine Bockenheimerin antwortet auf die Frage, was sie von der Besetzung hält: „Ich finde die Aktion gut.“ Eine Frau von der Initiative offenes Haus der Kulturen unterstützt die Besetzung ebenso. Das Haus sei im Besitz einer Erbengemeinschaft, die es möglicherweise als Spekulationsobjekt verwende. Vielfach sollte es abgerissen werden. Das Gebäude sei jedoch Teil der Erhaltungssatzung und müsse von der Stadt gekauft und der Bevölkerung als soziales Zentrum zur Verfügung gestellt werden.

Wohnungsnot in Frankfurt: Stadtteilfest am Hülya-Platz in Bockenheim

Erstmeldung, 5.10.2019: Frankfurt - Bezahlbarer Wohnraum ist in den meisten bundesdeutschen Metropolen Mangelware. Insbesondere auch in Frankfurt am Main, obwohl dort permanent gebaut wird. Im offiziellen Mietpreisranking liegt die Mainmetropole auf dem 2. Platz der teuersten Städte hinter München mit einem Quadratmeterpreis von 13.90 Euro. 

Initiativen wie beispielsweise „Eine Stadt für alle“ haben das Problem der Gentrifizierung längst erkannt und fordern bezahlbaren Wohnraum in innerstädtischen Lagen für alle gesellschaftlichen Gruppen, um einer gesellschaftlichen Spaltung entgegenzuwirken. 

Gerade zu Beginn des Semesters sind es vor allem auch die Student*innen, die Schwierigkeiten haben, eine passende und bezahlbare Bleibe zu finden. 2018 war der Mangel derart groß, dass die Studierende teils auf dem Campus campierten. 

Um die 30.000 Wohnungen fehlen Schätzungen zufolge in Frankfurt. Doch was gedenkt die Stadt bislang zu tun, damit städtisches Leben nicht nur den Betuchten ermöglicht wird? 

Jetzt hat eine Gruppe von Frauen und Männern die Initiative selbst übernommen, um dem Stadtteilsterben entgegenzuwirken.

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Der Kampf um den Erhalt des ehemaligen Tibethauses in Frankfurt, das viele auch Backhaus nennen, ist nicht vorbei. Initiativen demonstrieren. 

*fr.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.

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