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Breitere Trassen, neue Bahnhöfe - Die Strecke der S6 wird ausgebaut

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Zwei Gleise sind es bisher, zwei weitere kommen hinzu, damit die S6 auf eigener Trasse endlich zuverlässig rollen kann: Die Strecke der Main-Weser-Bahn im Frankfurter Stadtgebiet zwischen Ginnheim und Bockenheim.
Zwei Gleise sind es bisher, zwei weitere kommen hinzu, damit die S6 auf eigener Trasse endlich zuverlässig rollen kann: Die Strecke der Main-Weser-Bahn im Frankfurter Stadtgebiet zwischen Ginnheim und Bockenheim. © Fotos: Pfeiffer-Goldmann

Der Streckenausbau der S6 ist ein Mammutprojekt. Nun nimmt die neue Trasse von Frankfurt nach Bad Vilbel Gestalt an. Das sind die Details im Überblick.

Frankfurt - Ab Ende 2022 soll die S6 auf eigenen Gleisen rollen zwischen Frankfurt-West und Bad Vilbel. Auf 13 Kilometern wird dafür aktuell die Main-Weser-Bahn von zwei auf vier Gleise erweitert. 

Seit Herbst 2017 laufen die Bauarbeiten - und an vielen Stellen wird die neue Trasse jetzt sichtbar, wie ein Überblick entlang der Strecke zeigt. Fahrgäste müssen jedoch stark sein, bevor sie den zuverlässigeren S-Bahn-Betrieb und mehr Regionalzug-Angebote genießen können: 2020 wird wegen der Baustellen an allen Oster- und Sommerferienwochenenden sowie an zehn weiteren Wochenenden kein Zug rollen. 

Für den zweiten, 17 Kilometer langen Abschnitt von Bad Vilbel bis Friedberg läuft noch das Genehmigungsverfahren. Hier soll von 2023 bis 2028 gebaut werden. 323 Millionen Euro kostet der aktuelle erste Abschnitt, der gesamte Ausbau sogar 550 Millionen Euro. Ihn bezahlt zu 60 Prozent der Bund, dazu das Land, die Stadt Frankfurt und der Wetteraukreis. 

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Ausbau der S-Bahn-Trasse: Das sind die Details zur neuen Strecke

Bad Vilbel: Hier wird es besonders eng 

1 Schon seit vielen Monaten wird die Eisenbahnbrücke über die Homburger Landstraße in Bad Vilbel verbreitert. Um ein Gleis wird die schon dreigleisige Bahnstrecke an dieser Stelle breiter. Das bestehende dritte Gleis endet aber etwas weiter südlich. Von hier an werden je ein Gleis östlich und westlich an die Strecke angebaut – platzsparend mit Stützwänden, darauf Lärmschutzwände. Um je eine eingleisige Brücke auf jeder Seite wird die historische Nidda-Brücke ergänzt. 

Im Herbst gehen die Bauarbeiten im Bereich der Straße Am Sportfeld los, kündigt Bahn-Projektleiter Julian Fassing an. Ab dann wird die Straße nur noch als Einbahn-Ausfahrt Richtung Kreisverkehr möglich sein. Die Bahn baut extra eine zusätzliche Einbahnstraße ab der künftigen Thermen-Zufahrt, damit die Schulen, Berufsförderungswerk, Feuerwehr und Polizei erreichbar bleiben. Ist die neue Ringstraße fertig, beginnt nächstes Jahr der Bau der Stützwände.

Mit diesen Stahlnägeln werden die Bahndämme gesichert, erklärt Projektleiter Julian Fassing von der Deutschen Bahn.
Mit diesen Stahlnägeln werden die Bahndämme gesichert, erklärt Projektleiter Julian Fassing von der Deutschen Bahn. © Fotos: Pfeiffer-Goldmann

Schutz vor Abrutschen: Lange Stahlnägel sichern die Bahndämme

2 Damit der neue Bahndamm nicht an der Kante des alten abrutscht, muss jener zunächst standsicher werden: „Kiespackungen“ werden hinein gedrückt, danach in einem Spezialverfahren bis zu acht Meter lange Stahlnägel bis zu 30 Meter tief hinein gebohrt, drei Reihen neben einander. Letztlich wird die alte Flanke abgetreppt, damit der neue Bahndamm sicher aufliegt. Eingesetzt wird das Verfahren in Bad Vilbel, in Berkersheim sowie in Eschersheim zwischen der Bahnüberführung „10 Ruten“ und der Maybachstraße. In Bad Vilbel wird auch der Damm der B3 gesichert: An seinem Fuß sollen Baulaster entlang und auf die Schnellstraße rollen. Eine Behelfsbrücke wird für diesen Zweck die Nidda überspannen. Unter der B3-Niddabrücke werden die Bauarbeiten besonders knifflig. In der Enge zwischen den Fundamenten der Brückenpfeiler müssen bis zu 30 Meter tiefe Pfahlbohrungen für die neuen Stützwände der breiteren Bahnstrecke gesetzt werden.

Berkersheim: Breiterer Damm erfordert enorme Baulogistik

3 Für den Bau des 700 Meter langen Bahndamms in Berkersheim werden pro Bautag gut 60 Laster rollen. Sie karren 30.000 Kubikmeter Boden an: genug, um acht Olympia-Schwimmbecken zu füllen. Die Laster will die Bahn auf vier Zufahrten aufteilen, je zur Hälfte von der Homburger Straße und der B3 her. Im Herbst werde man das mit dem Ortsbeirat besprechen, sagt Projektleiter Fassing. Er weiß: "Mehr als 20 Lastwagen pro Tag verkraften die engen Berkersheimer Straßen nicht."

Enorme Erdmassen müssen noch herangeschafft werden, um den Bahndamm in Höhe von Berkersheim zu verbreitern.
Enorme Erdmassen müssen noch herangeschafft werden, um den Bahndamm in Höhe von Berkersheim zu verbreitern. © Fotos: Pfeiffer-Goldmann

Offen ist dagegen noch, wann und wie am Haltepunkt gebaut wird. "Die Diskussion über den Ersatz für den Bahnübergang hält alles auf", sagt Julian Fassing. Erst jüngst haben die Ortsbeiräte aus Berkersheim und Harheim einen Kompromiss gefunden. Selbst wenn nun schnell entschieden werde, brauchen Genehmigung und Bau ihre Zeit. "Eher unrealistisch, dass wir hier rechtzeitig fertig werden", schätzt Fassing. Der neue Bahnsteig wird also wohl nur provisorisch zugänglich sein.

Ein neues Heim für Eidechsen: Für die neue Strecke wird ein Berg versetzt

4 Sechs Monate hat es gedauert: Auf 400 Metern Strecke ist der Einschnitt in Höhe Frankfurter Berg für die neue Trasse verbreitert worden. Auch hier ist der Erdbau fertig, die neue Strecke kann kommen. Weil Eidechsen hier lebten, hat ein Fachmann diese auf die Rückseite des neuen Damms umgesiedelt. Nun muss "nur" noch der Streckenbau erledigt werden.

Zwischen Berkersheim und dem Frankfurter Berg ist der neue Trassenbereich schon fertig, eine neue Böschung entstanden.
Zwischen Berkersheim und dem Frankfurter Berg ist der neue Trassenbereich schon fertig, eine neue Böschung entstanden. © Fotos: Pfeiffer-Goldmann

Im Westen des Frankfurter Bergs entsteht der größte Eisenbahnbrücken-Neubau des Projekts: über die A661. Die Einschränkungen für die Autofahrer halten sich wohl in Grenzen: "Wir müssen nur zeitweise Fahrspuren verlegen", kündigt Projektleiter Fassing an. Viel komplizierter wird die Straßenunterführung des Lachwegs in Eschersheim. Mit dem städtischen Straßenbauamt tüftelt die Bahn gerade am Bauablauf. Denn es ist eng, und für das Trogbauwerk sind 40 Bohrpfähle nötig. Diese Baustelle wird am längsten dauern. Trog und Straße seien hier - anders als die Bahnstrecke - wohl auch nicht pünktlich Ende 2022 fertig, ahnt Julian Fassing.

Frankfurter Berg: Hausbahnsteig und Unterführungen müssen weichen

5 Gänzlich anders aussehen wird der Bahnhof Frankfurter Berg nach dem Ausbau. Nur der Bahnsteig 2/3 bleibt erhalten für die S-Bahn. Wo heute Bahnsteig 1 verläuft, wird das neue, vierte Gleis liegen. Für die Bauzeit wird sogar noch ein fünftes Gleis südlich das Bahnhofs gebaut - inklusive Behelfsbahnsteig. Im Lauf des nächsten Jahres wird eine Behelfsbrücke aufgebaut, die von der Homburger Landstraße zum Mittel- und dem neuen Behelfsbahnsteig führt. Anschließend können die alten Bahnsteigtunnel verfüllt werden. 

Gänzlich anders aussehen wird der Bahnhof Frankfurter Berg nach dem Ausbau.
Gänzlich anders aussehen wird der Bahnhof Frankfurter Berg nach dem Ausbau. © Dennis-Pfeiffer-Goldmann

Die endgültige Brücke zu den Bahnsteigen soll erst entstehen, sobald die Stadt die U5 bis hierhin verlängert hat. Die Brücke soll dann an deren Station anschließen. Entlang der S-Bahn-Strecke wird stets an mehreren Stellen zugleich gebaut. So können Sperrzeiten für die Züge besonders effektiv genutzt werden. Aber weniger effektiv, als es der Bahn lieb wäre: "Es ist schwierig, immer genug Baumaschinen gleichzeitig herzubekommen", sagt Julian Fassing. "Der Markt ist leergefegt."

Eschersheim: Erdbau an der Trasse beginnt, als nächstes Rollen die Laster

6 Zwischen Ginnheim und Eschersheim geht es dieser Tage rund: Drei Monate lang wird der neue, vier bis fünf Meter hohe Bahndamm von der Woogstraße bis Weißer Stein aufgebaut. Bis zu 60 Baulaster pro Bautag schaffen dafür Erde heran. Sie rollen auf einem Ringverkehr vom Ginnheimer Wäldchen durch die Baustelle und über die Niedwiesenstraße wieder hinaus. Das ist nötig, weil das Baufeld an der Trasse eng ist, betont Projektleiter Julian Fassing. Zudem entlaste dies die Anwohner in der Niedwiesenstraße, indem die Lastwagen stets nur einmal vorbeirollen. 

Als Nächstes geht es hier zwischen Ginnheim und Eschersheim rund: Die neue Trasse entsteht teils beiderseits der alten.
Als Nächstes geht es hier zwischen Ginnheim und Eschersheim rund: Die neue Trasse entsteht teils beiderseits der alten. © Fotos: Pfeiffer-Goldmann

Die beidseitige Baustelle ist an sich ein Problem: "Viel einfacher wäre es, wenn wir überall auf nur einer Seite zwei Gleise anbauen könnten", sagt Fassing. Das aber machen Topographie und Bebauung unmöglich. So wechselt die Anbauseite entlang der Strecke immer wieder hin und her, und es gibt zudem kaum Zufahrtmöglichkeiten. Zudem muss der Zugverkehr während des Baus immer wieder aufwändig hin- und herverlegt werden.

Ginnheim/Bockenheim: Die Trasse liegt, nun folgt die neue S-Bahn-Station

7 Am weitesten fortgeschritten ist der Ausbau in Höhe von Ginnheim und dem Niddapark. Hier ist der Erdbau erledigt, die Grund-Schotterschicht liegt. Nun müssen die alten Oberleitungsmasten ab- und neue aufgebaut werden. Statt langer Querfelder gibt es künftig Einzelmasten. Das geschieht während nächtlicher Sperrungen der Strecke ab Ende des Jahres. Sobald auch die neuen Gleise liegen und der Verkehr dorthin verlagert werden kann, soll in Höhe der Brücke der Rosa-Luxemburg-Straße die neue S-Bahn-Station Ginnheim gebaut werden.

Dafür muss das östlichste Gleis nach Osten verlegt werden, die neben der Strecke verlaufende Technik ebenso. Im Vorfeld des Westbahnhofs in Bockenheim liegen bereits genügend Gleise. Hier sind nur Umbauten an Schienen und Oberleitungen notwendig. Um die neuen Fußgängerunterführungen entlang der Strecke zu bauen, hat die Bahn im Niddapark Bäume versetzt: Anders hätte sie das Bohrgerät nicht zu den Baustellen bringen können.

VON DENNIS PFEIFFER-GOLDMANN

Für den Ausbau der S-Bahn-Gleise in Frankfurt müssen die wieselflinken Zauneidechsen eingefangen und weggebracht werden. Experten gehen mit Angeln und Schlaufen auf die Pirsch.

Der Ausbau der S6 in Frankfurt* droht einen Stadtteil vom Niddatal zu trennen. Der Ortsbeirat kritisiert die Kommunikation der Deutschen Bahn.

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