Frankfurt School of Finance will eine Top-Hochschule in Europa werden

Wachwechsel bei der Frankfurt School of Finance & Management. Die Hochschule, hervorgegangen aus der Bankakademie, wird ab April von Professor Dr. Nils Stieglitz geleitet. Er löst Professor Dr. Dr. Udo Steffens ab, der die Wirtschaftsuniversität seit 1996 leitete. Unser Redakteur Thomas J. Schmidt hat mit beiden gesprochen: Warum braucht man private Hochschulen und was ist das Besondere der „FS“, wie die Frankfurt School abgekürzt wird?
Herr Prof. Steffens, Sie leiten eine private Hochschule, die sich „Wirtschaftsuniversität“ nennt...
PROF. UDO STEFFENS: Wir sind eine Wirtschaftsuniversität, weil wir einen universitären Status haben.
Sie dürfen promovieren?
STEFFENS: Ja, und wir sind in der Forschung und dem sonstigen Standing einer Universität vergleichbar. Es ist die Nische der jungen Wirtschaftsführer und Manager, die wir bedienen.
Dennoch: In der Nische drängen sich viele. Es gibt private Hochschulen im Universitätsrang wie die Frankfurt School, die WHU, die ESMT oder die HHL Leipzig, aber auch vielfältige private Fachhochschulen wie die FOM (Hochschule für Oekonomie & Management), die Hochschule Fresenius: Gibt es denn den Markt für die vielen privaten Angebote?
STEFFENS: Der Markt, der am schnellsten wächst, ist der der privaten Hochschulen. Der Aufwuchs von Studierenden ist den Privaten geschuldet, weil das Angebot der Öffentlichen – Universitäten oder Fachhochschulen – überschaubar ist.
Dass es Sie gibt, ist also ein Versäumnis der Öffentlichen?
STEFFENS: Ja, wenn man meint, dass die Gebührenfreiheit das Seligmachende sei. In Kontinentaleuropa und Skandinavien glaubt man das. In England hingegen zahlt man 9.000 Pfund pro Jahr. In Frankreich laufen die Universitäten und die Grandes écoles auseinander. Dort zahlt man Gebühren wie bei uns.
Wie hoch sind Ihre Gebühren?
PROF. NILS STIEGLITZ: Für das gesamte Studium zwischen 30 000 und 40 000 Euro.
Das ist ja schon eine Hausnummer. Wie zahlt man das? Kommen nur Kinder reicher Eltern zu Ihnen?
STIEGLITZ: Wir haben Kinder reicher Familien, wir haben Studenten, die einen Kredit aufnehmen, wir haben auch Stipendienprogramme. Da gibt es unterschiedliche Modelle. Wichtig ist, dass es eine Investition in die Zukunft ist. Es gibt kaum eine bessere Investition als in die Ausbildung.
Was sind Ihre Schwerpunkte, was wollen Sie anders machen als Prof. Steffens?
STIEGLITZ: Ich knüpfe an das an, was Herr Steffens gemacht hat. Ich möchte unser Streben nach Exzellenz weiter verstärken. Wir müssen uns anstrengen, damit wir besser sind als die staatlichen Hochschulen, besser als die privaten Wettbewerber. Dazu gehört das große Thema Digitalisierung. Wir müssen die Studenten darauf vorbereiten, in einer digitalen Wirtschaft zu agieren.
Das zeigt sich auch im Wirtschaftsleben?
STIEGLITZ: Ja. Der neue Trend ist die künstliche Intelligenz. Das Internet war doch nur eine Vorbereitung auf die nächste Dimension des Wirtschaftens. Wir können Daten transportieren. Aber jetzt können wir sie auswerten, und das wird Konsequenzen haben für Dienstleister und Wirtschaftsunternehmen, aber eben auch für Wirtschaftsuniversitäten.
Weil Sie die Leute vorbereiten müssen?
STIEGLITZ: Ganz genau.
Sie sind hier in einem neuen Gebäude – werden Sie mehr Studenten beherbergen?
STIEGLITZ: Wir sind zuletzt schon gut gewachsen.
Sie hatten zuletzt 1800 Studenten und rund 3000, die berufsbegleitend studieren?
STIEGLITZ: Ja. Das ist eine enorme Entwicklung in den vergangenen zehn Jahren, und so muss es noch zehn Jahre weitergehen. Wir haben in den vergangenen fünf Jahren sehr stark das Studienangebot im Bereich Management ausgebaut und hier ein Master- und MBA-Studium konzipiert. Wir haben Rückenwind durch das neue Gebäude und auch durch den Brexit.
Durch den Brexit?
STEFFENS: Der Brexit ist für uns eine Möglichkeit zu wachsen. Wir bieten ein englischsprachiges Bachelor- und Master-Studium, das an internationalen Standards gemessenen und international anschlussfähig ist.
Das gibt es doch in England auch, in London?
STEFFENS: In England gibt es das besonders. Der ganze Bologna-Prozess ist auf den Anschluss ans angelsächsische System ausgelegt. Unser Bachelor-Programm ist bis zu 80 Prozent englischsprachig, das Masterprogramm ausschließlich Englisch. Wir sind sicher, dass wir mit dem Brexit wachsen können. In Frankfurt gibt es mit uns eine Wirtschaftsuniversität, und es ist wichtig, dies in der Brexit-Diskussion hervorzuheben und damit Frankfurt gegen Paris, Zürich, Irland, Mailand und Rom zu positionieren.
Sie glauben, dass europäische Studenten statt nach London nach Frankfurt gehen?
STEFFENS: Das kann sein, es hängt auch von der Visumspolitik ab und den Gebühren. Aber wir sind eine vernünftige Alternative. Die Hälfte unserer Master-Studenten kommt aus dem Ausland.
Sie sagten, sie möchten noch weiter wachsen. Wie viele könnten Sie denn aufnehmen?
STIEGLITZ: Wir haben Wachstumspotentiale. 2500 Studierende könnten wir auf dem Campus haben. Derzeit sind es mehr als 1800 am Hauptsitz Frankfurt, weitere in Hamburg, München, Stuttgart.
Wie finanzieren Sie sich? Die Studiengebühren alleine werden es ja nicht bringen?
STEFFENS: Wenn man so will, sind wir die einzige selbstfinanzierte Wirtschaftsuniversität Deutschlands. Wir bekommen keine institutionellen Zuschüsse, weder vom Staat, noch von den Banken. Wir messen uns da mit den internationalen, vor allem angelsächsischen Business Schools. Wir sind in allen Lehrprogrammen kostendeckend, die Banken zahlen, wenn wir ihre Leute weiterbilden, wir nutzen den Überschuss für die Forschung.
Sie müssen forschen, um Universität sein zu können?
STEFFENS. Ja, die Forschung ist eines der großen Profilierungselemente im internationalen Wettbewerb und die Voraussetzung, um hochkarätige Professoren zu gewinnen. Wenn die nicht forschen können, kommen sie nicht. Seit zehn bis 15 Jahren sind wir sehr forschungsintensiv.
STIEGLITZ: Es gehört zum Konzept einer Wirtschaftsuniversität dazu, dass man Grundlagenforschung auf einem internationalen Spitzenniveau macht. Das macht den Kern einer Universität aus. Wenn Sie einen Exzellenzanspruch haben, müssen sie exzellente Leute haben, und die machen exzellente Forschung.
Reden wir von den Studenten. Muss man besonders schlau sein oder besonders reich, um bei Ihnen einen Studienplatz zu bekommen?
STEFFENS: Wir finden über aufwendige Interviews oder Assessment-Center heraus, wer geeignet für ein Studium bei uns ist. Wir nehmen uns für jeden Studenten einen Tag! Aber wenn jemand drin ist, bemühen wir uns, sie schnell durchzubringen.
Warum zahlt jemand 30 000 Euro, statt an der Goethe-Universität oder der Universität Mannheim kostenlos Wirtschaftswissenschaft zu studieren?
STEFFENS: Man hat hier ein deutlich besseres Betreuungsverhältnis als an einer Universität oder Fachhochschule. 25 Studenten kommen auf einen Professor. Die Goethe-Universität ist bei 70 und damit am hinteren Ende. Viele Studenten kommen deshalb zu uns, weil sie anschließend extrem gute Chancen haben. Top Firmen machen bei uns Recruitement-Veranstaltungen, unsere Career Services arbeiten hoch professionell.
Weil Fachkräftemangel herrscht. Aber das ist nicht nur in Frankfurt so.
STEFFENS: Die mangelnde Verfügbarkeit von Fachleuten ist eine Wachstumsbremse für die deutsche Wirtschaft. Frankfurt ist das Gravitationszentrum der deutschen Wirtschaft, jedenfalls was Financial Services angeht, Beratungsindustrie, Auditing. Deshalb ist es gerade eine Chance, hier zu sein.
Ketzerisch: Sie wollen exzellent sein. Im Ranking erreichen Sie aber nur Platz drei von sieben, also Mittelfeld.
STIEGLITZ: Wenn Arbeitgeber bewerten, von welchen Schulen sie ihre Leute holen, sind wir auf Platz Eins. Und Rankings bilden eher die Vergangenheit ab und nicht die Zukunft. Unser Anspruch, zu den führenden Wirtschaftsuniversitäten in Europa zu gehören, gleicht einem Marathon, nicht einem Sprint.
Aber in Europa sind Sie auch nur Mittelfeld.
STEFFENS: Ja, aber es sind nur wenige deutsche Hochschulen vor uns, und das sind ausnahmslos private. Die Öffentlichen machen diesen Wettkampf nicht mit, bis auf Mannheim. Mannheim gilt als eine Top-Wirtschaftshochschule in Deutschland, und wir messen uns daran. Wir wollen uns hocharbeiten in die Top-Wirtschaftshochschulen in Europa, wo keine deutsche Adresse genannt wird außer Mannheim, die WHU in Koblenz und wir. Wir drücken diesen Anspruch auch mit dem neuen Gebäude aus.
Wie lange gibt es Sie denn schon?
STEFFENS: Seit 1957 gibt es uns als Bankakademie. Sie war typisch damals, eine Institution für berufliche Weiterbildung der Bankenbranche. 1989 wurde daraus eine private Fachhochschule, die 2004 zur Universität erhoben wurde. Seit 2007 tragen wir den Namen Frankfurt School of Finance & Management und gehören der Frankfurt School Stiftung. Das heißt, die Hochschule gehört sich selbst. Wir denken langfristig.
Wie ist die Konkurrenz am Markt? Wie sehen Sie sich in Abgrenzung zur FOM?
STIEGLITZ: Wir haben eine andere Klientel. Die FOM bietet das Fachhochschulmodell in Teilzeit an, berufsbegleitend also. Unser Anspruch ist ein anderer. Wir bieten ein Vollzeitstudium, wirtschaftsnah und universitär. Wir wollen die Studenten auf eine langfristige Karriere vorbereiten.
STEFFENS: Es ist ein anderes Segment. Die FOM richtet sich an jene, die an den staatlichen Fachhochschulen nicht angesprochen werden. Es sind die, die eine Ausbildung gemacht haben und danach merken, dass sie noch etwas brauchen. Dann machen sie abends und am Wochenende ein Studium, das so gestaltet ist, dass sie es schaffen können, zu Preisen, die sie zahlen können. Es gibt keine Schnittmenge zwischen uns und der FOM. Wir konkurrieren um die Topleute in Europa, also die, die auch zur Insead in Fontainebleau gehen, zur Bocconi in Mailand, zur London School of Economics oder die in Mannheim studieren könnten.
Haben Sie Tipps für Ihren Nachfolger?
STEFFENS: Tipps gibt es nicht. Jeder muss seinen Stil finden. Wir haben in einem strukturierten und zeitlich angemessenen Prozess eine Auswahl getroffen. Nach einer Auswahlserie ist die Entscheidung zugunsten des internen Kandidaten gefallen.
Sie gehen in Ruhestand?
STEFFENS: Der wahre Manager zeigt sich in der Übergabe an seine Nachfolger. Die FS war lange durch mich geprägt, ich leite sie seit 1996. Hier gib es keine Wechselerfahrung, deswegen wird dieser Schritt nicht einfach. Aber ich bleibe an Bord, bleibe weiter Professor, stehe mit Rat zur Seite.
Wollen Sie sich beraten lassen?
STIEGLITZ: Ja. Es geht um die Kontinuität, es geht aber auch darum, den eigenen Weg zu finden und eigene Entscheidungen zu fällen. Die Welt in zehn Jahren wird eine andere sein. Und auf diese Welt müssen wir vorbereitet sein.