Private Firmen dürfen nicht blitzen: Sind auch andere Knöllchen ungültig?

Die Verkehrsüberwachung in die Hände privater Dienstleister zu legen, ist nicht zulässig. Das hat das Oberlandesgericht entschieden. Das könnte auch für Frankfurt Konsequenzen haben.
Frankfurt - Die Art und Weise, wie in Frankfurt der ruhende Verkehr überwacht wird und Verstöße geahndet werden, wird demnächst das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt beschäftigen. Einen Hinweis darauf, wohin die Reise gehen könnte, liefert die am Dienstag (12.11.2019) veröffentlichte Grundsatzentscheidung des OLG, die, kurz zusammengefasst, so lautet: Verkehrsüberwachung ist keine Aufgabe für private Dienstleister, mithin gesetzeswidrig. Bußgeldbescheide dürfen auf einer solchen Grundlage nicht verhängt werden.
Geklagt hatte ein Autofahrer aus dem Main-Kinzig-Kreis, der offenbar zu schnell gefahren war und von Mitarbeitern einer privaten GmbH geblitzt wurde. Den privaten Dienstleister hatte die Gemeinde Freigericht eingesetzt.
Frankfurt: Blitzer-Strafzettel von privatem Unternehmen - Gericht urteilt
Der Autofahrer erkannte den Bußgeldbescheid nicht an, die Sache kam vor Gericht. Das Amtsgericht Gelnhausen gab dem Mann Recht und urteilte: Verkehrsüberwachung ist nicht Sache privater Firmen, sondern eine hoheitliche Aufgabe. Diese Auffassung bestätigte nun das OLG (Aktenzeichen 2 Ss-OWi 942/19). Und kündigte an: „Das OLG wird sich voraussichtlich in den nächsten Monaten auch mit der Frage der Zulässigkeit von Verkehrsüberwachung im ruhenden Verkehr durch private Dienstleister durch die Stadt Frankfurt befassen.“
Nervös macht Rainer Michaelis, Leiter der städtischen Verkehrspolizei, diese Ankündigung nicht. Sagt er jedenfalls. „Weil wir keine privaten Dienstleister beschäftigen.“ Die Überwachung des ruhenden Verkehrs werde in Frankfurt von Kräften der Stadtpolizei wahrgenommen, unterstützt von sogenannten Hilfspolizisten. Michaelis: „Das sind Leute, die nach entsprechender Schulung offiziell zum Hilfspolizisten bestellt werden.“ Welche Befugnisse im Einzelnen ihnen mit der Bestellung eingeräumt werden, führte Michaelis nicht aus, bezog sich vielmehr auf das Hessische Sicherheits- und Ordnungsgesetz (HSOG), das den Rahmen vorgebe.
Frankfurt: Dürfen private Firmen oder Bürger Knöllchen schreiben?
Knapp 50 zu Hilfspolizisten bestellte Leiharbeiter unterstützen die mit 115 Planstellen ausgestattete Frankfurter Verkehrspolizei. Michaelis: „Wir sehen sie an wie unsere eigenen Leute.“ Die jüngste Entscheidung des OLG zu Verkehrsüberwachung und Bußgeldbescheiden habe keinerlei Auswirkungen auf die Arbeit der Verkehrspolizei in Frankfurt. Was das Obergericht demnächst, Frankfurt betreffend, entscheiden werde, „haben wir als Stadt gar nicht in der Hand“, so Michaelis. Mittlerweile ist die Entscheidung da. Hier können Sie nachlesen, was das OLG zum Thema Strafzettel/Knöllchen in Frankfurt entschieden hat.
Auch die jüngst diskutierte Idee, jeder, dem etwas auffalle, möge Verstöße im ruhenden Verkehr anzeigen, sei davon nicht berührt. „Hier treten Privatleute als Zeugen auf“, erklärt Rainer Michaelis. „Das ist ein verbrieftes Grundrecht jedes Einzelnen und überhaupt nichts Neues.“
Frankfurt: Nur ruhender Verkehr darf von Hilfspolizisten überwacht werden
Als ruhender Verkehr werden haltende, geparkte und nicht fahrbereite Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr bezeichnet. Hilfspolizisten dürfen ausschließlich den ruhenden Verkehr überwachen, nicht jedoch den fließenden Verkehr.
Sie können etwa überprüfen, ob Falschparker den Verkehr behindern, ob auf gebührenpflichtigen Parkplätzen abgestellte Fahrzeuge ein gültiges Ticket aufweisen und dort, wo Fahrzeuge Rettungswege blockieren oder ohne Befugnis Behindertenparkplätze belegen, das Abschleppen des Wagens veranlassen.
Von Sylvia Menzdorf