Streit über Israel eskaliert: Schwingende Fäuste am Stammtisch

Ausufernde Israelkritik in einem Lokal in Frankfurt führt zunächst zu fliegenden Fäusten und einem Schädelbruch. Und endet schließlich vor dem Amtsgericht.
Frankfurt - „Wäre das blöde Schwein nicht gewesen“, sagt Kerim S. Das blöde, fette Phrasenschwein, gemästet über eine ganze Saison, nach eigenen Angaben hauptsächlich mit „extra blöden Sprüchen“ von Kerim S.
Ohne das Schwein wäre er am 12. Mai 2018 gar nicht zu dessen Schlachtung und Versaufung (1,17 Promille) in das „Bernemer Fass“ gepilgert, um dort auch der Übertragung des letzten Eintracht-Ligaspiels der Saison beizuwohnen.
Frankfurt: Streit in Lokal eskaliert - Schädelbruch nach Sturz
Dann hätte Mejer K. ihn keinen Antisemiten geschimpft, er hätte nicht „Ich bin kein Antisemit!“ gebrüllt, K. hätte nicht „Bist du doch!“ zurückgebrüllt, er hätte Majer K. nicht die Faust ins Gesicht gerammt und der wäre nicht so schwer gestürzt, dass sein Schädel brach und ein Zahn ausfiel, und dann stünde er nun nicht wegen lebensgefährdender Körperverletzung vor dem Amtsgericht.
Etwa acht Monate zuvor, erinnert sich der 58 Jahre alte S., habe sich K. unaufgefordert in sein Leben und an seinen Stammtisch im „Bernemer Fass“ gesetzt.
Prozess am Amtsgericht Frankfurt: Ausufernde Israelkritik
Als er aus seinem Urlaub zurückgekommen sei, habe K. einfach am Stammtisch gesessen. „Als sei er schon immer da gewesen.“ Sei er aber nicht. Er habe K. gefragt, „wie er dazu kommt“, am Stammtisch zu sitzen, und der habe geantwortet, er sei schon immer dagewesen.
„Und niemand meiner Freunde stellte das richtig“, erinnert sich S. K. sei ihm darum „von Anfang an unsympathisch“ gewesen. Als er dann am Stammtisch hin und wieder „die Politik Israels“ kritisiert habe, habe sich herausgestellt, dass K. sowohl mosaischen Glaubens als auch deutlich israelunkritischer als er selbst sei.
Frankfurt: Ein verlorenes Fußballspiel und viele Beleidigungen
K. habe ihn daraufhin wiederholt und zu Unrecht des Antisemitismus bezichtigt. Selbst seine alten Stammtischbrüder hätten ihn grundlos immer wieder ermahnt, er solle endlich Bruder K. in Frieden lassen.
Und an jenem Maitag sei ihm diesbezüglich der Kragen geplatzt. Außerdem habe die Eintracht gegen Schalke schaurig verloren. Und ja, es könne sein, dass er Bayern München lautstark einen „Juddeverein“ geschimpft habe, aber nur, weil die gegen Stuttgart verloren hatten, weil „die da“ sich wie üblich gegen die Eintracht verschworen hätten. Mit „die da“ meine er die Südländer. Also die Bayern und Schwaben.
Situation in Lokal eskaliert: Beleidigungen am Stammtisch
K., 60 Jahre alt und Informatiker, erinnert sich, dass seit S. einmal seinen Davidsstern-Anhänger gesehen hatte, dieser mit Rothschild-Soros-Weltherrschaftsgebabbel vielleicht das Phrasenschwein, nicht aber ihn erfreut habe.
Als K. an diesem Fußballtag auch noch „Drecks-Nigger“, „Scheiß-Kroaten“ gebrüllt und sich zudem serbenkritisch geäußert habe, habe er laut kundgetan, er habe „diese rassistischen Sprüche satt“ und werde den geplanten Wanderausflug nach Franken boykottieren, wenn Stammtischbruder S. mitwandern sollte. Dann sei die Situation eskaliert.
Prozess in Frankfurt: Strafe auf Bewährung für Vorbestraften
Das Amtsgericht verurteilt den nicht vorbestraften Kerim S. wegen gefährlicher Körperverletzung – die rassistischen Pöbeleien hat außer K. kein Zeuge gehört – zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und vier Monaten sowie 300 Stunden gemeinnütziger Arbeit.
Das „Bernemer Fass“ hat S. Hausverbot erteilt. Unmittelbar nach der Tat hatte ein Stammtischbruder S. sein Geripptes ins Gesicht geschleudert und ihn quasi exkommuniziert. K. besucht das Fass noch heute gerne, er fühle sich dort „geborgen“, seine Stammtischbrüder hätten sich als „sehr solidarisch“ erwiesen. Nur seinen Davidsstern trage er heute unter dem Hemd.
Von Stefan Behr
Bei einem anderen Fall geht ein Mann aus Frankfurt nach einem Streit Bier holen. Zurück kommt er mit einer Waffe. Dann eskaliert die Situation. Nun ist das Urteil gefallen. Und auch ein gewaltsamer Streit in einer Waschküche wird vor dem Landgericht Frankfurt verhandelt. Der Angeklagte verstrickt sich in seiner Aussage jedoch in Widersprüche.