1. Startseite
  2. Frankfurt

Förster erklärt, was dem verbrannten Frankfurter Stadtwald jetzt hilft

Erstellt:

Von: Thomas Stillbauer

Kommentare

Der stellvertretende Frankfurter Stadtforst-Leiter Peter Rodenfels zeigt eine Stelle im Wald, wo es unlängst brannte.
Der stellvertretende Frankfurter Stadtforst-Leiter Peter Rodenfels zeigt eine Stelle im Wald, wo es unlängst brannte. © Renate Hoyer

Im Frankfurter Stadtwald kann man den Buchen beim Sterben zusehen, die Opfer des Feuers wurden. Letztlich hilft dem Wald nur eines, sagt der Förster.

Frankfurt - Es sind vor allem zwei Sinneseindrücke, die den Besuch im Stadtwald am Dienstag überschatten, einer davon im wahrsten Sinne des Wortes: Wie kühl es ist! Was für eine Wohltat, immer wieder, einen heißen Sommertag im Schatten der Buchen zu verbringen. Als wollten sie uns sagen: Mensch, überleg doch mal, wie lebensnotwendig wir für dich sind. Warum tust du nicht alles, Mensch, um unseren Widerstand, unseren Kampf gegen die Klimakrise zu unterstützen?

Und der zweite Sinneseindruck: Brandgeruch. „Voriges Mal bin ich der Nase nach gegangen, um die Stelle zu finden“, sagt Peter Rodenfels. Die Stelle: Sie liegt neben dem Gerstweg im Forstrevier Sachsenhausen und enthält 300 Quadratmeter verbrannten Frankfurter Stadtwald.

Verbrannte Bäume im Frankfurter Stadtwald: „Die werden es nicht überleben, das ist schon klar“

Peter Rodenfels ist der stellvertretende Leiter der Abteilung Stadtforst im Frankfurter Grünflächenamt. Ganz früher hätte man gesagt: Vize-Oberförster. Als er am Dienstag auf die etwa zehn Bäume zugeht, die bis in fünf Meter Höhe verkohlt sind, eine Kiefer, der Rest Buchen, sagt er: „Die werden es nicht überleben, das ist schon klar. Die werden absterben.“ Die Flammen haben die dünne Buchenrinde zerstört. Das Todesurteil.

Wer das war? Schwer zu sagen. Es liegt auffällig viel verbranntes Kleinholz unter den Bäumen, daneben hat jemand eine Art Tipi aus Ästen gebaut. Menschen waren hier, kein Zweifel. Das ist kein Problem, die Menschen lieben ja den Wald, sie sollen auch in ihm sein dürfen. Ein Problem ist es, wenn sie dort Feuer machen. Rauchen gehört im krachtrockenen Forst, der seit Wochen nach Regen lechzt, zu den Undingen. „Es fällt auf, dass die Feuer immer in der Nähe von Wegen entstehen“, sagt Rodenfels. „Das sind keine spontanen Selbstentzündungen.“

Stadtwald in Frankfurt: Offenes Feuer ist verboten

Erst am Wochenende haben die Behörden wieder eine Rave-Party auf der Schwanheimer Wiese beendet, es wurde geraucht, Strafanzeige. „Normalerweise ist das eine Ordnungswidrigkeit“, sagt der Förster. Aber jetzt, unter diesen Bedingungen, „kann das straftatrelevant werden“. Es gilt eine hohe Waldbrandwarnstufe, offenes Feuer ist verboten. Aber das muss man auch mitkriegen. Welcher Informationsmedien sich das feiernde Volk bedient, ist fraglich. Auch bei den Familien, die immer noch draußen grillen, obwohl das seit Wochen untersagt ist. Rodenfels hat einerseits Verständnis. Wer da grillt, hat oftmals daheim in beengten Verhältnissen keine Chance dazu. Dass deswegen aber der Wald brennt: keine Option.

WALDKONGRESS

„Die Zukunft unseres Waldes – wie gehen wir mit den aktuellen Herausforderungen um?“ So lautet der Titel des Frankfurter Waldkongresses am ersten Septemberwochenende. Es ist der zweite Kongress seiner Art nach der Premiere von 2019.

Fachleute werden am Freitag und Samstag, 2. und 3. September, über Klima- und Naturschutz, Waldbewirtschaftung und Waldumbau sprechen, Exkursionen in den Stadtwald, den Palmengarten und die neue Altstadt machen und gemeinsam Lösungen suchen.

Die verbrannte Kiefer am Gerstweg war schon vorher tot. Die Buchen reißen eine weitere Wunde in den geplagten Wald. Am 6. August hat das Feuer ihr Ende besiegelt. Überhaupt brennt es in diesem Monat auch im Stadtwald außergewöhnlich oft. Am 2. August ging es los mit 400 Quadratmetern in Niederrad nahe dem Stadion, seither insgesamt fünf weitere Brände, darunter einer im Taunusrevier, macht zusammen 1300 Quadratmeter – „wenn man es dramatisch ausdrücken will“, sagt Peter Rodenfels. Wenn man es gelassener ausdrücken will: 0,1 Hektar von insgesamt 6000 Hektar Stadtwald in Frankfurt und im Taunus. „Je nach Maßstab. Für Gartenbesitzer ist das eine große Fläche.“ Wenn man es paradox ausdrücken will: Jeder Baum weniger ist ein Baum zu viel.

Brände im Frankfurter Stadtwald: Die Feuerwehr ist dann in der Regel schnell zur Stelle

Oft sind es Pilotinnen und Piloten, die beim Landeanflug auf den Airport einen Brand entdecken und melden, ebenso oft Waldbesucherinnen und -besucher. Die Feuerwehr ist dann in der Regel schnell zur Stelle und verhindert, dass die Flammen größere Waldflächen auffressen. Es wäre hilfreich, wenn nicht so viel trockenes Laub auf der Erde läge. Aber das ist Ausdruck des Dilemmas: Weil es so trocken ist, werfen die Bäume ihr Laub schon im Sommer ab. Ein Schutzmechanismus. Üblicherweise behalten sie die Blätter bis in den Herbst und saugen dann die Nährstoffe heraus, was das Laub rot und gelb färbt. „Das schaffen sie jetzt nicht mal mehr.“ Es schwächt die Bäume weiter, ihre Widerstandskraft schwindet – und der Schutz, den sie uns Menschen geben könnten, Schatten und Sauerstoff.

Natürlich ist der Forst inzwischen mit viel Aufwand dabei, den Wald der Zukunft zu entwerfen. Die Fachleute experimentieren mit beständigen Baumarten, mit Saaten, mit Gentechnik, mit „Containerpflanzen“, die quasi im Topf aufwachsen und schon nach einem Jahr in den Wald gesetzt werden. Das verhindert den „Pflanzschock“, den Jungbäume erleben, wenn sie aus der Baumschule ausziehen müssen, wo sie umsorgt und gewässert wurden, die Wurzeln gekappt – und plötzlich diese brutale Stadtnatur. Auch eine Abwägung: Wie lang soll man die Bäume weiter regelmäßig wässern? Hält sie solch Bequemlichkeit davon ab, ihre Wurzeln tief in den Boden zu graben, was ihnen langfristig größere Überlebenschancen sichert?

Bekämpfung von Waldbränden in Frankfurt: Schneisen schlagen, Löschhubschrauber kaufen

„Man kann viel machen, experimentieren, den Wald umbauen, Schneisen gegen Waldbrände schlagen, Löschhubschrauber kaufen“, sagt Peter Rodenfels, „aber im Endeffekt hilft nur eins: Wir müssen den Klimawandel bekämpfen.“ Das Wettrennen könne keine noch so schnell wachsende Baumsorte gewinnen: „Der Klimawandel ist schneller.“

Schwarz sieht das verbrannte Holz aus, die Rinde abgeplatzt. Oben in der Höhe immer noch grüne Blätter, so hoch schlugen die Flammen nicht. Rodenfels kennt sich aus, obwohl die Brandausbildung eigentlich nicht zu den Studieninhalten in Deutschland zählte. Er hat eine Weile in Kanada studiert und dort aus Interesse Waldbrandseminare belegt. Ob sich mit deutschen Waldbränden vergleichen lasse, was dort passiert? Er lacht. „Weniger.“

Manche werden beim Ort des Geschehens schon gestutzt haben: Gerstweg? Da war doch was? Ja, der Weg ist benannt nach Gustav Gerst, dem Stifter des Goetheturms im Stadtwald. Selbiger Turm brannte bekanntlich im Zuge einer ganzen Serie von Brandanschlägen ab. Fünf Jahre später stand nun also ein Stück Wald am Gerstweg in Flammen, Teil einer Serie von Bränden, die sich kaum ohne menschliches Zutun erklären lassen. Eines ist offenbar immer noch nicht allen klar: Die Natur braucht uns nicht, es verhält sich genau umgekehrt. (Thomas Stillbauer)

Andreas Knöffel, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, sagt, der Frankfurter Stadtwald wird aufgrund des Klimawandels in 50 Jahren ein Mittelmeerwald sein.

Auch interessant

Kommentare