Twitter-User erklärt Ärger um Mainkai-Wiedereröffnung in einem einzigen, smarten Meme

Nach dem Ende des umstrittenen Verkehrsversuchs in Frankfurt rollen wieder Autos auf dem Mainkai. An den Tagen nach der Wiedereröffnung der Straße hagelt es Kritik - es gibt aber auch Lob.
Update vom 3.9.2020, 13.34: In den sozialen Medien läuft die Diskussion über das Ende des äußerst umstrittenen Verkehrsversuches am Frankfurter Mainkai auf Hochtouren. Auf Twitter kursiert nun ein Bild, dass den Standpunkt der Befürworter einer Verlängerung des Verkehrsversuchs verblüffend simpel erklärt.
Während andere europäische Städte, darunter die Millionenstädte Paris und Wien, autofreie Zonen und Straßen in ihren Innenstädten einrichten, prägen in Frankfurt wieder die Autos das Stadtbild rund um den Mainkai. „Frankfurt macht die Rolle rückwärts. Das ist Politik von vorgestern“, schreibt ein User bei Twitter. Überhaupt gibt es viel Kritik am Ende der Sperrung für den Autoverkehr.
„Der Mainkai autofrei war gut für Fahrradfahrer*innen, für Fußgänger*innen als Verlängerung zum Römer und Verbindung zum Main, für Menschen, die sich auf den Bänken ausruhen wollten, für Anwohner*innen, die kein Autolärm hatten, für die Umwelt, aber egal“, twittert ein weiterer Befürworter des autofreien Mainkais.
Erstmeldung vom 1.9.2020, 20 Uhr: Die Fußgängerampel Höhe Eiserner Steg zeigt rot. Eine junge Frau macht trotzdem einen Schritt auf die Straße, ihre Freundin zieht sie am Ärmel zurück und ruft: "Achtung, ein Auto!"
Die Situation ist durchaus ungewohnt: Um 15.30 Uhr am Dienstagnachmittag rollen die ersten Autos seit 13 Monaten über den Asphalt des Mainkais. Für Spaziergänger gilt jetzt wieder: Aufpassen am Fußgängerüberweg.
Frankfurt: Sperrung am Mainkai - Umstrittenener Verkehrsversuch endet
Mehrere Mannschaftswagen der Polizei stehen kurz zuvor noch auf der Straße, jetzt rollen sie aufs Kopfsteinpflaster vor der Schiffsanlegestelle. Denn bis zum frühen Nachmittag protestieren Schüler von "Fridays for Future" dafür, dass die Sperrung des Mainkais erhalten bleibt, setzen sich auf die Straße, kritzeln mit Kreide Anarchie-Symbole und Sprüche wie "Blumen statt Bullen" aufs Pflaster. Die Grünen riefen am Vorabend zum Protest.
Doch es nützte nichts, die Anweisung der Behörden war klar. Die probeweise Sperrung der Straße wird heute aufgehoben. Damit ist der 13-monatige Verkehrsversuch, den die Römer-Koalition aus CDU, Grünen und SPD 2016 auf den Weg brachte, vorbei. Eine Frau schaut am Straßenrand wehmütig den fahrenden Autos zu. "Es ist so schade, für die Anwohner, für die Kinder, die hier spielen konnten", sagt sie. Auf einer Bank sitzt der Heddernheimer Nabil Karbacher und beobachtet den Verkehr skeptisch. "Der Mainkai ist ideal für die Menschen zum Flanieren. Drüben auf der anderen Seite, da können die Autos fahren, aber nicht hier."
Frankfurt: Sperrung des Mainkais - Anwohner in Sachsenhausen sind heilfroh
Aussagen wie diese goutiert man auf der "anderen Seite" gar nicht: Thomas B., Anwohner am Schaumainkai, sagt: "Wir haben 13 Monate unter dem Stau gelitten, jeden Morgen und Abend. Die Autos sind in die Nebenstraßen ausgewichen, die waren dann auch dicht."
Froh über das "Ende des Mainkai-Verkehrshorrors" ist auch Herbert Schmoll, Gründer der Bürgerinitiative "Sachsenhausen wehrt sich": "Die Lebensqualität kehrt zurück für die Bürger in Sachsenhausen, in der Innenstadt und im Allerheiligenviertel. Und unsere Kinder haben wieder einen sicheren Schulweg."
Verkehrsversuch in Frankfurt endet: Kritik und Lob - „Historische Chance nutzen“
Wegen des hohen Verkehrsaufkommens ließen Eltern in Sachsenhausen ihre Kinder nicht mehr allein zur Schule laufen, erzählt Schmoll. Schwerlaster schoben sich über den Schaumainkai oder bogen an der bereits zuvor überlasteten Kreuzung von Gartenstraße und Schweizer Straße ab, auf der Suche nach einer anderen Ost-West-Verbindung.
Ungeachtet dessen ließen die Befürworter der Sperrung nichts unversucht, um in den letzten Tagen des Versuchs Stimmung für dessen Fortführung zu machen. In einem offenen Brief mahnte eine Initiative „Making Frankfurt“ am Montag die Römerkoalition an, die „historische Chance“ zu nutzen, „das frisch aufkeimende urbane Leben am Mainkai zu unterstützen“. Unterzeichner sind etwa die Bürgerinitiative „Mainkai für alle“, Greenpeace, einige Architekturbüros, die Offenbacher Kulturinitiative Hafen 2.
Mainkai Sperrung in Frankfurt - Wirtschaft sagt: Der Versuch war zu kurz gedacht
Auch Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD) lässt per Pressemitteilung seine Meinung wissen: "Die Idee des autofreien Mainkais wird sich am Ende durchsetzen", sagt er. Die Frankfurter hätten erlebt, "dass der Einstieg in eine lärm- und abgasfreie Innenstadt machbar ist und die Vision einer Innenstadt, in der nicht mehr das Auto, sondern der Mensch im Mittelpunkt steht, keine Utopie bleiben muss." Es habe sich gelohnt, den Versuch am Mainkai durchzuführen, findet der Dezernent. Denn nun sei klar, was die Bewohner Frankfurts wollten.
"Die Mainkai-Sperrung war ein Versuch, aber offenbar als isoliertes Projekt zu kurz gedacht", sieht es Ulrich Caspar, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK). Er kritisiert die "unerwünschten Ausweichverkehre in andere Stadtviertel und fehlende Lösungen für den regionalen und den innerstädtischen Gewerbeverkehr". Großstädte bestünden nicht nur aus den eigenen Einwohnern, sondern seien eng verflochten mit dem Umland, erinnert der IHK-Präsident. Mitarbeiter von Firmen seien darauf angewiesen, ihren Arbeitsplatz erreichen zu können. (Stefanie Wehr)