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Radweg-Poller in Frankfurt bremsen Rettungswagen aus – „zunehmend schwieriger“

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Die Rettungskräfte schlagen Alarm: Weil immer mehr Straßen in Frankfurt umgebaut werden, kommen Rettungswagen immer schwerer durch die Stadt.

Frankfurt – Rettungskräfte kommen bei Einsatzfahrten zunehmend langsamer durch Frankfurt. Schuld sind vor allem verengte Fahrbahnen, nachdem die Stadt abgetrennte, geschützte Radwege gebaut hat.

Diesen Umbau „merkt man sehr“, erzählt ein Feuerwehrmann, der als städtischer Beamter lieber anonym bleiben will. Stationiert in der Wache 4 in Sachsenhausen, müssen er und seine Kollegen häufig bei ihren Einsätzen im Rettungsdienst durch die Innenstadt. „Wir kommen an vielen Stellen viel schlechter durch, weil alles bepollert wurde.“

Abgetrennte Fahrradspur in der Kurt-Schumacher-Straße an der Konstablerwache: Rettungswagen kommen hier schwerer durch, da Autos schlecht ausweichen können. Noch schlimmer ist die Lage, wenn die Abtrennung länger ist, wie beispielsweise etwas weiter nördlich in der Konrad-Adenauer-Straße.
Abgetrennte Fahrradspur in der Kurt-Schumacher-Straße an der Konstablerwache: Rettungswagen kommen hier schwerer durch, da Autos schlecht ausweichen können. Noch schlimmer ist die Lage, wenn die Abtrennung länger ist, wie beispielsweise etwas weiter nördlich in der Konrad-Adenauer-Straße. © Rainer Rüffer

Abgepollerter Radweg in Frankfurt: Autofahrer können nicht mehr ausweichen

Die Folge: „Die Autofahrer können nicht mehr ausweichen für uns“, erläutert der Feuerwehrmann. Besonders schlimm sei die Lage in der Kurt-Schumacher- und der Konrad-Adenauer-Straße, eine Hauptroute der Einsatzfahrten. Das Durchkommen dort an der Konstablerwache sei viel schwieriger geworden, seit die Stadt die rechte Fahrspur für einen geschützten Radweg abgepollert habe. „Das kostet uns einfach deutlich mehr Zeit.“ Auf die Straßenbahntrasse auszuweichen sei manchmal möglich, oft aber nicht. „Wenn dort Straßenbahnen und Busse halten, hängen wir dort auch fest.“

Zuletzt hatten Poller, die die Stadt in der Cronstettenstraße im Nordend zwecks Verkehrsberuhigung installieren ließ, scharfe Kritik von Thomas Müller-Witte, Geschäftsführer des Arbeiter-Samariter-Bundes, hervorgerufen. Er warnte sogar vor Todesfällen durch die Poller. Die Bürgerinitiative „Sachsenhausen wehrt sich“ befürchtet zudem Todesfälle durch gebremste Rettungsdienstfahrten, wenn der Mainkai gesperrt sei und es auf dem Schaumainkai und in Sachsenhausen Stau gebe.

Solche Komplettblockaden stören Retter aber offenbar wenig. „Bei vorgeplanten Sperrungen ist das halb so wild“, sagt der Sachsenhäuser Feuerwehrmann. So etwas sei den Einsatzkräften vorher bekannt, sie umführen solche Bereiche ohne zeitliche Auswirkungen. „Viele Kollegen schauen sich das auch in ihrer dienstfreien Zeit einmal an, wie und wo sie durchkommen können.“

„Es wird zunehmend schwieriger, durch Frankfurt zu kommen mit Blaulicht“

Diese Einschätzung teilt Oliver Pitsch, Regionalvorstandsmitglied bei den Johannitern Rhein-Main. Er fährt auch selbst immer wieder im Rettungsdienst mit. „Es wird zunehmend schwieriger in Frankfurt durchzukommen trotz Blaulicht und Martinshorn.“ Weniger Fahrspuren führten zu mehr Stau, das bremse Einsatzfahrzeuge aus. Auch Rückfahrten ohne Blaulicht hätten sich „unwahrscheinlich verlängert“ – was den Rettungsdiensten riesige Probleme bereite. Mehr Leute einsetzen? Unmöglich. Pitsch: „Die Personallage ist ja schon mehr als angespannt.“

Die Durchfahrt an der Konstabler sei „echt schwierig“, sie sei aber sehr wichtig als Zufahrt zu den Krankenhäusern Heiliggeist und Sachsenhausen, den Kliniken in Bornheim, dem Bürgerhospital und der Unfallklinik. Eng sei die Lage zudem am Hauptbahnhof – die wichtigste Route zur Uniklinik – wegen vieler Spur-Verengungen, nicht nur für Radspuren, auch wegen Baustellen, sagt Pitsch.

Frankfurter Straßenverkehrsamt: Branddirektion immer mit eingebunden

Sehr schwierig sei auch die Lage in Neue Mainzer und Hochstraße, ergänzt Dierk Dallwitz, Bezirksgeschäftsführer des Deutschen Roten Kreuzes. „Rund um die Alte Oper ist oft alles verstopft.“ Er bestätigt: „Wir spüren eine Zunahme der Dauer von Einsatzfahrten dort, wo Fahrbahnen nur noch einspurig sind, nachdem eine Radspur abgegrenzt wurde.“

In die Planung der Radspuren sei stets die Branddirektion eingebunden, nichts werde ohne ihre Zustimmung umgesetzt, betont Ingmar Bolle, Vizechef des Straßenverkehrsamtes. Die Branddirektion selbst nahm bis Redaktionsschluss noch nicht Stellung auf eine Anfrage.

Frankfurter Dezernent räumt Problem ein: „Wir lernen dazu“

Mobilitätsdezernent Wolfgang Siefert (Grüne) erkennt das Problem aber an. „Das ist ein Wandel, den wir in der Stadt vollziehen“, nicht jede Lösung funktioniere auf Anhieb. „Wir lernen auch dazu.“ Erfahrungen lasse die Stadt sofort in die nächsten Umgestaltungen einfließen. Radspuren würden nun möglichst „überbreit“ angelegt, „damit der Rettungsdienst auf diese Spuren ausweichen kann“ wie in der Friedberger Landstraße.

Siefert räumt ein: Da der Umbau laut Stadtverordneten-Vorgabe temporär sein müsse und sich die Stadt nicht überall zugleich einen besseren, teuren Voll-Umbau leisten könne, müsse man mit Kompromissen leben. Beim Straßenneubau werde ausreichend Platz für Rettungsdienst und Fahrräder zugleich stets berücksichtigt, etwa bei der anstehenden Neugestaltung der Homburger Landstraße für die U5-Verlängerung.

Und eines betonen alle Retter unisono: „Eine gute und sichere Fahrradinfrastruktur ist wichtig“, sagt Oliver Pitsch von den Johannitern. „Denn in der Vergangenheit waren wir viel wegen Radfahrern unterwegs.“ (Dennis Pfeiffer-Goldmann)

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