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Wegen teurer Speziallösung: Frankfurt vertrödelt Klimaschutz für Kreuzfahrtschiffe

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Das Flusskreuzfahrtschiff Emerald Luna liegt vertäut vor dem Nizza: Bei der Landstromversorgung kommt Frankfurt nicht voran, weil unbedingt eine Speziallösung her muss.
Das Flusskreuzfahrtschiff Emerald Luna liegt vertäut vor dem Nizza: Bei der Landstromversorgung kommt Frankfurt nicht voran, weil unbedingt eine Speziallösung her muss. © Rüffer

Flusskreuzfahrtschiffe müssen beim Stopp im Frankfurt weiter Diesel in die Luft blasen. Ursache: Es muss unbedingt eine teure Speziallösung werden.

Frankfurt - Neue Hürden verzögern den Bau einer Landstrom-Versorgung für Kreuzfahrtschiffe am Main aufs Neue. Auf Druck zweier städtischer Ämter muss eine in ganz Deutschland völlig neue Lösung geplant und gebaut werden. Das kostet nicht nur sehr viel Zeit. Es droht deshalb nun auch fast eine Million Euro an Fördergeld vom Land zu verfallen.

Weniger Luftverschmutzung am Mainufer wollen alle im Römer. Schließlich waren es vor Corona 380 Kreuzfahrtschiffe, die jedes Jahr vor der Skyline ihre Anlegeplätze nutzten. Liegen sie dort, wehen die Abgase der Dieselmotoren, die die Schiffe für ihre eigene Energieversorgung benötigen, am Ufer entlang und in die benachbarten Quartiere.

Passau, Köln und Düsseldorf bieten längst Landstrom

Die saubere und schnelle Lösung wären oberirdische Stromanschlüsse. In anderen Häfen gibt es so etwas längst, wie in Passau, Köln, Düsseldorf oder - bereits seit 2006 - in Würzburg. In Frankfurt nutzt bisher nur die Personenschifffahrt Nauheimer Landstrom.

Für die saubere Energieversorgung aber folgt auf einen sich seit vielen Jahren hinziehenden Diskussions- und Entscheidungsprozess der Politik nun eine Hürde auf die nächste. Einen Beschluss der Stadtverordneten gibt es bis heute nicht. Diese hatten vor fünf Jahren auf Antrag der Fraktion „Die Fraktion“ lediglich eine Studie in Auftrag gegeben. Zuvor gab es ab 2007 Anfragen und Anträge unter anderem von Grünen, BFF, Linken und in den Ortsbeiräten. Die Ergebnisse der Studie sind bis heute nicht veröffentlicht.

Grüne und SPD in Frankfurt setzen Speziallösung durch - der Grund verwundert

Warum aber zieht sich das Projekt so extrem lange hin? Zuletzt sei „relativ lange Zeit benötigt“ worden, um zu entscheiden, ob die Elektroanschlüsse, genannt Elektranten, ober- oder unterirdisch gebaut werden, erklärt Frithjof Clauß, Bauabteilungsleiter von der städtischen Hafengesellschaft HFM. Schon 2022 hatte Wirtschaftsdezernentin Stephanie Wüst (FDP) erläutert, dass Denkmalschutz und Umweltamt ihr Veto gegen oberirdische Anschlüsse eingelegt hätten - aus ästhetischen Gründen und wegen der Grünanlage am Mainufer. Zwar favorisierten andere Ämter die oberirdische Variante, aber am Ende stand eine politische Entscheidung zugunsten von Denkmalamt und Umweltamt. Die gehören zu den Ressorts des damaligen Planungsdezernenten Mike Josef (SPD), heute OB, und von Umweltdezernentin Rosemarie Heilig (Grüne).

Also arbeitet die von Wüst beauftragte Hafengesellschaft an der Vorgabe, Umspannwerk und Schiffsanschlüsse unterirdisch zu bauen. Das bringe „einen erhöhten Abstimmungsaufwand mit sich und damit Verzögerungen“, sagt Hafen-Bau-Chef Clauß. Die Unterflur-Schiffsanschlüsse müssten sogar eigens für Frankfurt entwickelt werden. „Bislang hat keine Stadt in Deutschland eine hochwassersichere, unterirdische und normgerechte Bauweise solcher Elektranten umgesetzt.“

Dezernentin warnt: Teure Lösung wird sich dauerhaft nicht selbst tragen

Gegen die Vorgaben der Ämter stemmen sich bisher die CDU wie auch die Industrie- und Handelskammer. Sie befürchten steigende Liegeplatzgebühren wegen der hohen Kosten. Alternativ wird es für die Steuerzahler teurer. Dezernentin Wüst hat bereits klargemacht, dass sich die unterirdischen Anlagen dauerhaft finanziell nicht selbst tragen könnten.

Damit nicht genug: Jüngst hat die Stadträtin weitere Probleme publik gemacht. So verlaufe „unter anderem“ ein alter Kanal der Stadtentwässerung unter der geplanten Erweiterung einer Umspannanlage. Diese sei allerdings nötig, damit eine größere Strommenge für die Schiffe zum Mainkai geleitet werden kann. Wegen des Kanals im Untergrund sei „eine statisch aufwendigere Gründung sowie eine zeitlich aufwendige Abstimmung mit den Beteiligten“ erforderlich.

Wegen teurer Unterflurlösung droht Fördergeld zu verfallen

Auch zwei historische Mauern sind laut Wüst ein Hindernis. Zwischen ihnen soll das unterirdische Umspannwerk direkt am Hochufer des Mains gebaut werden. Zu den Mauern „existieren keine bekannten Unterlagen mit Aussagen zu deren Konstruktionsart und Belastbarkeit“, erläutert die Dezernentin. „Daher sind aufwendige Sondierungen vor Ort und zeitintensive Abstimmungen mit den Beteiligten erforderlich.“ Erst wenn diese Planungen abgeschlossen seien, könne die Stadt einen Vertrag mit dem Stromnetzbetreiber, den städtischen Netzdiensten Rhein-Main (NRM), abschließen. Allerdings werde die Planung, wie die Landstromversorgung konkret an den Liegestellen aussehen soll, derweil weitergeführt.

Die Fertigstellung des Vorhabens bis Jahresende, wie es die Vorgabe fürs Fördergeld verlangt, ist unterdessen unmöglich geworden. Was das für die 934 000 Euro bedeutet, ist noch unklar. Die Hafengesellschaft versuche, „einen möglichst großen Anteil der Planungs- und Bauleistungen im Förderzeitraum zu realisieren“, erklärt Bauabteilungsleiter Clauß. Was rechtzeitig fertig werde, sei aber noch nicht abschätzbar. (Dennis Pfeiffer-Goldmann)

Bis Ende 2024 soll die Haltestelle Niddapark in Frankfurt saniert und die S-Bahn-Station eröffnet sein. 9,3 Millionen Euro wollen VGF und Stadt dafür investieren.

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