Zahl der Straftaten steigt - doch Frankfurt wird sicherer

Es gibt weniger Straßenkriminalität in Frankfurt. Warum steigt trotzdem die Zahl der angezeigten Straftaten?
Die Zahl der Straftaten in Frankfurt ist im vergangenen Jahr gestiegen – dennoch ist die Stadt sicherer geworden. Diesen scheinbaren Widerspruch hat Polizeipräsident Gerhard Bereswill am Dienstag bei der Vorstellung der Kriminalstatistik aufgezeigt.
Kriminalstatistik 2018: 117.719 Delikte in Frankfurt angezeigt
Genau 117.719 Delikte wurden in Frankfurt im vergangenen Jahr angezeigt. Das entspricht einem Zuwachs von 7,5 Prozent im Vergleich zu 2017. Aber: Mehr als 14 000 Fälle stammen aus einem einzigen Verfahren. Dabei ging es um Warenbetrug im Internet. Ein Versandhandel hatte über zwei Jahre Angebote ins Netz gestellt und in den seltensten Fällen die Bestellungen ausgeliefert. Da die Ermittlungen in Frankfurt geführt wurden, schlagen die Taten in der Frankfurter Statistik zubuche und führen zu dem Anstieg. Ohne die unter dem Stichwort „Fake-Shop“ geführten Ermittlungen hätte es einen Rückgang der Straftaten um knapp sechs Prozent gegeben,
Bereswill geht in dem Großverfahren von bis zu 30.000 Opfern aus (davon gerade einmal 115 aus Frankfurt). Folglich dürften viele Fälle auch in die Statistik für das Jahr 2019 einfließen und Frankfurt für die nähere Zukunft den unrühmlichen Titel „Hauptstadt des Verbrechens“ sichern. Dabei wird die Zahl der Straftaten ins Verhältnis zur Einwohnerzahl gesetzt. Daraus ergibt sich die Kriminalitätsbelastung, die dann unter den Großstädten verglichen wird.
Im Polizeipräsidium hält man davon ohnehin wenig, denn in die Frankfurter Zahlen fließen auch die 20.000 am Flughafen registrierten Delikte ein. Sprich: Jede illegale Einreise auf Rhein-Main ist ein Fall für die Statistik. Das nun ermittelte Verfahren gegen die Internetbetrüger dürfte die Tabelle vollends unbrauchbar machen. Immerhin handelt es sich bei besagten 14.000 Straftaten um aufgeklärte Fälle. Die Aufklärungsquote stieg somit auf knapp 70 Prozent. Derartige Erfolge hatte die Frankfurter Behörde noch nie vermeldet, „aber das ist nichts, womit wir uns in diesem Jahr schmücken wollen“, sagte Bereswill mit Blick auf die verzerrten Zahlen.
Kriminalstatistik 2018 in Frankfurt: Weniger Einbruch, weniger Diebstähle
Lieber präsentiert man in Frankfurt andere Statistiken. In den meisten Deliktfeldern, die das Sicherheitsgefühl der Bürger tatsächlich beeinflussten, gebe es Rückgänge. Etwa beim Einbruch (um etwa 20 Prozent), beim Diebstahl (sieben Prozent) und beim Fahrraddiebstahl (zehn Prozent). Die Straßenkriminalität, zu der etwa Raub zählt, erreichte mit rund 16.500 Fällen den niedrigsten Stand seit 1989. Zuwächse gibt es vor allem bei sogenannten Kontrolldelikten, die also in der Regel erst durch das Einschreiten der Polizei bekannt werden. So gab es rund 40 Prozent mehr Strafanzeigen wegen Handels mit Kokain und Crack.
Angefertigt wurden die Anzeigen wegen Drogenhandels meistens nach Einsätzen im Bahnhofsviertel. Auf die Frage, ob er mit der Entwicklung in dem Brennpunkt-Stadtteil zufrieden sei, sagte Bereswill: „Wir sind auf einem guten Weg.“ Der Polizeipräsident betonte, er sehe keinen Anlass, weniger Beamte als bisher am Bahnhof einzusetzen.
Die Zahl der Straftaten in dem Viertel sank leicht, wenn auch nicht in allen Bereichen. So gab es mehr Ermittlungen wegen schwerer oder gefährlicher Körperverletzung, was aber laut Michael Hallstein, Leiter der Abteilung Einsatz, leicht zu erklären ist. Dabei handele es sich oft um Auseinandersetzungen zwischen Dealern oder zwischen Verkäufern und Käufern von Drogen. Diese habe es immer gegeben, „durch unseren hohen Kontrolldruck“ bekämen die Beamten aber mehr Schlägereien, Messerstechereien oder Ähnliches mit. Da die Opfer in der Regel keine Anzeige erstatteten, die Ermittlungen nun aber von Amts wegen geführt werden müssten, steige die Zahl der registrierten Taten.
Kriminalstatistik 2018: „Mit in Frankfurt zugewiesenen Flüchtlingen keinerlei Probleme“
Bei mehr als 6500 Delikten sind die Tatverdächtigen Flüchtlinge. Das klingt viel, aber: 85 Prozent der mutmaßlichen Täter kommen nicht aus Frankfurt, sondern zum Teil aus dem weit entfernten Umland. Bereswill geht davon aus, dass in etwa jeder achte in Frankfurt lebende Geflüchtete Straftaten begeht, wobei ein Schwerpunkt auf Rauschgiftdelikten liegt. Der Polizeipräsident kommt zu dem Schluss: „Wir haben mit den uns in Frankfurt zugewiesenen Flüchtlingen keinerlei Probleme.“
Einen Rückgang um knapp 20 Prozent verzeichnete die Polizei bei der Jugendkriminalität. Die Beamten sehen darin auch einen Erfolg der beiden Häuser des Jugendrechts, wie Hanspeter Mener, der Leiter der Kriminalpolizei, betonte. In diesem Jahr soll südlich des Mains das dritte Haus des Jugendrechts in Frankfurt eröffnen.
Von Georg Leppert