Frankfurt: Wut-Demo linker Gruppen eskaliert

Bei einem Protestzug durch die Bankenmetropole kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei - mit dem Resultat: Verletzte, Festnahmen, Flaschenwürfe, Wasserwerfer...
Bei der Mai-Demonstration linker Gruppen ist es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Teilnehmern gekommen. Mehrere Beamte seien verletzt worden, teilte die Polizei mit. Mindestens zwei Demonstranten mussten am Samstagabend notärztlich versorgt werden.
Angemeldet war die Demo mit 500 Teilnehmern aus unterschiedlichen linken Gruppierungen. Zu Beginn zählt die Polizei um 18 Uhr am Opernplatz knapp 600 Männer und Frauen, die in Gruppen mit unterschiedlichen Masken-Outfits drei lautstarke Blocks bilden. Wasserwerfer stehen in Sichtweite. Vorneweg gehen schwarz gekleidete Demonstranten mit roten Masken, roten Fahnen und großen Bannern, auf denen in weißen Buchstaben "Kapitalismus zerschlagen" steht. Andere Gruppen tragen schwarze, weiße, goldene oder blaue Masken. Fast alle haben farblich passende Multifunktionstücher um den Hals und Kapuzen auf. Laut und zielstrebig rufen sie "1. Mai, Frankfurt frei, nieder mit der Polizei". Ein junger Mann ruft immer wieder "Liebe" dazwischen. Es werden immer mehr: Aus 600 Teilnehmern werden im Nu mehr als 3000.
Schon in der Taunusstraße qualmen rote und grüne Farbschwaden aus der Mitte des Zuges in die Luft, Böller knallen. Die Polizei weist per Lautsprecher darauf hin, dass Pyrotechnik verboten ist und das Zünden eingestellt werden soll. Am Hauptbahnhof dampft es schwarz und rot. Rauchtöpfe landen neben Straßenbahnschienen. Polizeibeamte laufen in die Menge, ziehen einzelne Teilnehmer heraus, zerbrechen Fahnen und Regenschirme.
Der Tumult ist schnell vorbei, die Demo zieht auf die Mainzer Landstraße. Noch einige Male wabern rot-schwarze Rauchschwaden durch die Luft, die beißend wird durch die Rauchtöpfe. Stimmen werden heiser. Immer wieder Durchsagen der Polizei, dass die Demo aufgelöst wird, wenn Pyrotechnik und Böller benutzt werden. Die Massen scheinen ein Einsehen zu haben und laufen weiter bis hinter die Galluswarte zur Schwalbacher Straße, auf die Frankenallee bis zur Hufnagelstraße. Böller fliegen in die Luft, Rauchtöpfe qualmen lila auf der engen Straße. Durchsagen der Polizei werden von Lautsprechern übertönt.
Beamte rennen, Steine und Flaschen fliegen. Die Lage ist völlig unübersichtlich, Menschen schreien. Tränengas wird eingesetzt, Augen brennen. Ein Rettungswagen bahnt sich mühsam den Weg. Ein Mann ist zusammengebrochen. Demo-Sanitäter und Medizinstudent Jari (21) wollte ihm helfen. "Der Mann hatte einen epileptischen Anfall. Das kann lebensgefährlich sein. Überall war Blut, weil er sich in Zunge gebissen hat. Die Polizei hat mich nicht gelassen und mich mit dem Schlagstock vertrieben." Er hält die blutgetränkte Jacke des 35-Jährigen im Arm. Ein zweiter Mann (20) ist zusammengebrochen. Auch er hat einen Krampfanfall und eine Kohlenmonoxidvergiftung. "Wohl von Pyrotechnik", wird gerufen. Rettungskräfte bringen auch ihn sofort ins Krankenhaus. Jari spricht von "etwa 15 Verletzten. Zwei wurden am Kopf verletzt, sieben bis acht durch Pfefferspray", andere hätten Krämpfe, Verdacht auf Armbruch und psychische Zusammenbrüche.
Ein Wasserwerfer kommt. Über Lautsprecherdurchsagen wird die Demo aufgelöst. Demonstranten rufen per Mikro "Verpisst Euch!" zurück. Wieder fliegen Gegenstände, wieder rennt die Polizei in die Menge. Die Stimmung ist hoch aggressiv - auf beiden Seiten.
Durchsagen, Geschrei, Tränengas. Der Wasserwerfer bewegt sich, ein zweiter steht vor der Hufnagelstraße. Einige Leute gehen weg, etwa 20 blockieren die Einfahrt für den Wasserwerfer. Nach zwei Warnungen der Polizei regnet es. Zwei Demonstranten stellen sich aufrecht in den kalten Guss und heben die Arme hoch wie unter der Dusche. "Eineinhalb Minuten lang lief er", so der Einsatzleiter. "Den anderen Wasserwerfer mussten wir nicht mehr einsetzen, weil die meisten Leute dann doch gegangen sind." Timo Bryn von "Wer hat, der gibt" war Teilnehmer der Demo. "Die Polizei hat grundlos angegriffen und wahllos losgedroschen. Nur, weil mit Pyrotechnik ein optisches Hilfsmittel genutzt wurde", sagt er - und bezeichnet das als "Ordnungswidrigkeit". Dann hätten sich die Leute "eben gewehrt, verteidigt und was rumgeworfen". Er habe keine Pyrotechnik gezündet, aber manche "in meinem Block haben es schon rauchen lassen."
Aus dem Demonstrationszug seien Feuerwerkskörper und Nebeltöpfe geworfen worden, berichtete ein Polizeisprecher am Samstagabend. Auch seien Beamte mit Flaschen und Steinen angegriffen und durch "gezielte Stöße mit Fahnenstangen von unten hinter das Helmvisier" attackiert worden. Teilnehmer werden verhaftet, laut Einsatzleitung "kann es eine zweistellige Zahl gewesen sein." Genauere Angaben wollte die Polizei am Sonntag nicht machen und verwies auf eine Mitteilung, die heute folgen soll.

