Mit einladender Riesen-Lobby: Frankfurter Ikone ist fit für die Zukunft
Der Umbau des Messeturms in Frankfurt hat 100 Millionen Euro gekostet - nun ist er beendet. Die neue Lobby soll die Frankfurter zum Verweilen einladen.
Frankfurt - Die Ikone unter den Frankfurter Wolkenkratzern ist wieder fit für die Zukunft: 100 Millionen Euro haben die Besitzer ausgegeben, um das zweithöchste Hochhaus in der EU - nur der Commerzbank-Tower ist noch einen Meter höher - zu revitalisieren. Obschon teuer, zahlt sich das jetzt schon aus.
Auf einen Kaffee in den Messeturm? Über Jahrzehnte wäre das das Letzte gewesen, wozu man sich in der Lobby des Hochhauses neben dem Messe-Eingang getroffen hätte. Zwar 18 Meter hoch, aber dunkel und eng wirkte es. Keine Sitzbank, keine Pflanzen. „Die Lobby war Teil der Fluchtwege“, erklärt Geschäftsführer Steven Cook von Jahn Architects. Aus dem Gebäudekern hätten die von oben kommenden Menschen via Lobby flüchten können müssen. Da durfte nichts herumstehen, erst recht nichts Brennbares, so die Feuerwehr-Vorgabe.
Messeturm: Frankfurter Ikone ging an einen Großinvestor
Vom deutsch-amerikanischen Architekt Helmut Jahn, nahe Nürnberg geboren, stammten die Pläne für den 1991 fertig gewordenen, 257 Meter hohen Turm. Cook arbeitete jahrzehntelang eng mit „Turmvater Jahn“ zusammen. Der Stararchitekt kam im Mai 2021 bei einem Fahrradunfall in seiner neuen Heimat Chicago ums Leben, 81 Jahre alt - kurz nachdem er noch einmal in Frankfurt den Stand der Messeturm-Sanierung begutachtete.
US-Großinvestor Blackstone kaufte die architektonische Ikone vor fünf Jahren. Deren Innenleben war veraltet, was sich in einer niedrigen Vermietungsquote der 62 000 Quadratmeter Büros von nur „über 60 Prozent“ zeigte. Zu hoher Energieverbrauch, ein unattraktives Restaurant im Untergeschoss und dann noch diese völlig abweisende Mini-Lobby. Nichts von einer Architektur-Ikone.
Eine Revitalisierung stand also an. „Da war es naheliegend, wieder mit Jahn zusammenzuarbeiten“, erklärt Holger Bergau von Officefirst, der Büroimmobilientochter von Blackstone. Glück: Die Planung von einst ermöglichte einige naheliegende Lösungen. Aufgabe Nummer eins: Die Lobby musste ihre Aufgabe als Fluchtweg verlieren, damit Sitzmöglichkeiten und Empfang entstehen können, und sie musste wachsen.
Frankfurt: Urspünglich hatte „Turmvater Jahn“ andere Pläne
Ursprünglich hatte Jahn die unteren vier Stockwerke als offenes Portal der Messe konzipiert mit einer Lobby für den Turm in dessen fünfter Etage und Fluchttreppenhäusern in den vier Turmpfeilern. Doch das verwarf der New Yorker Immobilieninvestor Jerry Speyer, den Jahn selbst als neuen Geldgeber anwarb, erzählt Steven Cook. Speyer wollte eine normale Lobby. So wurden Fahrstühle und Fluchttreppen in den Hochhauskern verlegt. Und der Fluchtweg führte eben durch die Lobby.
Die vier Pfeiler des Turms dagegen blieben im Sockelbereich ungenutzt hohl. Genau dort konnte Jahn nach 30 Jahren die Fluchttreppen einbauen, wie ganz zu Anfang geplant. Ein Zwischengeschoss im Fünften wurde eingezogen, damit Menschen von den oben innen in die unten außenliegenden Fluchttreppenhäuser gelangen. So ist die Lobby kein Fluchtweg mehr - und kann „prächtig“ gestaltet werden, „wie es gut ist für ein First-Class-Officegebäude“, wie Holger Bergau sagt.
Messeturm in Frankfurt: Lobby wurde 600 Quadratmeter größer
Mit noch 15 Metern Höhe wirkt die Lobby unverändert beeindruckend - vor allem auch, weil sie 600 Quadratmeter größer wurde. Um mehr Platz zu erhalten, wurden die vier Seiten um vier Meter nach außen aufgeweitet. Gebogene Spezialglasscheiben, sie gehören zu den größten der Welt, fertigte Fassadenbauspezialist Seele aus dem bayerischen Gersthofen an. 17,5 Meter hoch und drei Meter breit sind sie, jede Scheibe wiegt sechs Tonnen.
Bestanden die vorigen Scheiben nur aus Einfachglas, ist das neue, doppelt beschichtete Verbundglas das Nonplusultra in Sachen Sparsamkeit. Eine Fußbodenheizung kam hinzu. Nach dem Umbau habe man eine ganze Etage an Klimatechnik ersatzlos abschalten und rauswerfen können, die bis dahin die Lobby geheizt habe, erklärt Bergau. Statt 120 000 Kubikmeter Freiraum müssten nur noch 18 000 temperiert werden - eben ganz unten, wo Menschen unterwegs sind.
Was Architekt Cook besonders gefällt: „Man sieht heute nicht, welche enorme Technik dahinter steckt, weil die Lösungen so einfach sind.“ Wer im Café Horizon sitzt, schaut hinaus ins städtische Leben und zur imposanten Skyline. Und wenn es Abend wird, streut die raumhoch beleuchtete Wand des Gebäudekerns ihr Licht ganz dezent in die Lobby.

Frankfurt: Alles wurde offener und heller
Heller Stein, Holz und Vorhänge haben an vielen Stellen den vorigen, dunkelroten Stein ersetzt, den Helmut Jahn als Reminiszenz an den Sandstein der nahen Festhalle ausgewählt hatte. Im Kellergeschoss fielen Wände, alles wurde offener, heller. Das frühere, unbeliebte Nobelrestaurant mit Kantinencharakter ist dem europäisch-pan-asiatischen Business-Restaurant „M.Tower“ mit offener Küche gewichen. Hier unten hat der Messeturm seinen eigenen U-Bahn-Zugang - als einziger Wolkenkratzer der Stadt.
Nicht nur heller, offener, prächtiger sollte es durch den Umbau werden: Die ganze Haustechnik wurde ersetzt, alle 24 Aufzugskabinen erneuert. Neue Beleuchtung mit LED verbraucht nur noch einen Bruchteil Strom. Aktuell werden noch die Leuchtmittel der Pyramide auf dem Dach gegen LED ausgetauscht. Sie macht die Frankfurter Skyline nachts unverkennbar einzigartig.
„Ziel ist es, das Gebäude attraktiver zu machen für die Stadt“, sagt Steven Cook. Damit meint er auch ganz praktisch, dass nun jeder in der Lobby einen Kaffee trinken gehen kann. Diese Offenheit fordert die Stadt inzwischen von jedem Wolkenkratzer-Neubau. Realisiert wurde es auch nebenan im frisch fertig gewordenen Tower One, der ebenfalls eine öffentliche Lobby bekam.
Messeturm in Frankfurt: „Das dient der Wertsteigerung“
So etwas nachträglich zu ergänzen, ist aufwendig. Wie sehr, weiß Helmut Jahns Sohn Evan, ebenfalls Architekt. Er kennt den Messeturm gut, war schon mit dem Vater hier. Natürlich habe der 1990 nicht gedacht, dass er ihn einmal umbauen würde, sagt Evan Jahn. „Aber er hat geglaubt, dass sich Gebäude an die Zeit anpassen müssen.“ Daher sei es wichtig, wenn Gebäude umwandelbar gebaut würden, findet Jahn. „Das ist nachhaltig.“
Und es rechnet sich auch für Blackstone, nicht nur wegen der Energieeinsparung. „Das dient der Wertsteigerung, ganz klar“, sagt Holger Bergau. „Wir haben nun eine einmalige Lobby im Wahrzeichen der Stadt.“ Zuletzt hatten Mieter über den alten Turm gequengelt. Jetzt freut sich Officefirst wieder über Einzüge. Erst kam eine große Anwaltskanzlei und mietete 1250 Quadratmeter, zuletzt zog eine Microsoft-Niederlassung ein.
Vor 30 Jahren stand der Messeturm am Anfang des Wachstums der Skyline. Heute steht er wieder am Anfang: Davon, dass sich die Wolkenkratzer neu erfinden, offener und umweltfreundlicher. „Es passiert nicht oft, dass einem ein Bauherr die Gelegenheit gibt, einen eigenen Entwurf zu überarbeiten“, sagt Evan Jahn. Die Konzeption für diese Überarbeitung hatte sein Vater noch komplett mit erarbeitet. Das erfordere eine hohe Kritikkompetenz, erinnert der Sohn. „Man muss ehrlich zu sich selbst sein, was falsch war und sich heute besser machen lässt.“ (Dennis Pfeiffer-Goldmann)
Auch an anderer Stellen in Frankfurt wird an Wolkenkratzern gebaut: Das erste Hochhaus des Projekts „Four“ in der Innenstadt von hat bereits seine volle Höhe erreicht. Auf dem Areal sollen vier, bis zu 233 Meter hohe Türme, Platz finden.