Frankfurter Mahnmal "Die Grauen Busse" verkommt zum Urinal

„Die Grauen Busse“, die auf dem Rathenauplatz an die NS-Euthanasie-Verbrechen erinnern, werden fast täglich verunreinigt. Eine politische Motivation sieht die Stadt darin aber nicht.
Seit etwa zwei Wochen wird das Mahnmal „Die Grauen Busse“ fast täglich verunreinigt. Auf dem Rathenauplatz erinnert es an die systematische Ermordung von Menschen mit psychischer Erkrankung oder geistiger Behinderung durch die Nationalsozialisten. Doch Passanten, Partygänger, Nachtschwärmer und Obdachlose verrichten zwischen den Betonbusseiten regelmäßig ihr kleines, manchmal sogar ihr großes Geschäft. Die Mitarbeiter des Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH (FES) reinigen das Denkmal daher mittlerweile täglich.
Überwiegend Urin, Exkremente und kaputte Flaschen müsse er beseitigen, erzählt Giovanni Santitto, seit 25 Jahren Kraftfahrer in der Straßenreinigung. Am vergangenen Mittwoch fährt er wie jeden Morgen zwischen 7 und 8 Uhr mit einem Wasserwagen vor. An diesem Morgen ist das Mahnmal ausnahmsweise sauber geblieben. Normalerweise müsse er Boden und Wände mit Hochdruck abspritzen. Der Betonbus sei sonst teilweise nicht begehbar. Auch Duftstoffe setze er ein, um den Geruch zu dämpfen.
„Die Verunreinigungen sind eine große Schande und absolut entwürdigend“, sagt Kim Bartelt, Sprecher des Frankfurter Gesundheitsdezernats. Er gehe aber nicht davon aus, dass die Täter „politisch motiviert urinieren“. Trotzdem überlegt das Dezernat, die Polizei um eine regelmäßigere Streife zu bitten. FES-Sprecher Stefan Röttele wundert es nicht, dass Passanten an das Mahnmal pinkeln. Er habe das bei der Konzeption bereits befürchtet. Gerade in der dunklen Jahreszeit nutzen überwiegend Männer sichtgeschützte Orte als „Pissecken“.
Dabei ist die nächste öffentliche Toilette nicht weit entfernt in der B-Ebene der Hauptwache. Sie ist allerdings erst seit dem 1. November wieder geöffnet. Sowohl Bartelt als auch Röttele hoffen nun inständig, dass Passanten bald hundert Meter weiter aufs Klo gehen, ohne dabei das Mahnmal zu beschmutzen.
Insgesamt kämen „Die Grauen Busse“ bei den Frankfurtern aber gut an, betont Bartelt. Das sehe er vor allem daran, dass das Rahmenprogramm aus Vorträgen, Ausstellungen und Filmvorführungen gut besucht sei – und dies nicht nur von den üblichen Interessierten. Immer wieder meldeten sich dort außerdem Betroffene zu Wort, die zum Beispiel ein Familienmitglied haben, das von den Nazis verfolgt oder getötet wurde. Die Betroffenheit sei dann besonders deutlich spürbar.
Anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Gesundheitsamts hat die Stadt das mobile Denkmal, das vorher schon in 19 deutschen Städten Station gemacht hat, nach Frankfurt geholt. Es soll auch daran erinnern, dass die NS-Euthanasie-Verbrechen ein grausamer, aber eben doch ein Teil der Geschichte des Gesundheitsamts sind. Der Bus entspricht in Farbe und Größe den grau angestrichenen Postbussen, mit denen die Nationalsozialisten 1941 über 1000 Frankfurterinnen und Frankfurter mit psychischen Krankheiten oder geistigen Behinderungen in die Euthanasie-Anstalt Hadamar bei Limburg abtransportierten, wo sie vergast und verbrannt wurden. Das Mahnmal soll noch bis Ende Mai 2018 auf dem Rathenauplatz stehen – und hoffentlich weniger verunreinigt werden als zuletzt.