Frankfurter Netzaktivist legt sich mit EZB an
Der Frankfurter Internet-Aktivist Maximilian Bähring hat sich mit der Europäischen Zentralbank angelegt. Sie will ihm die Nutzung zweier Domains verbieten, deren Namen an die EZB erinnern. Außerdem soll Bähring keine Zeichen der Notenbank auf seinen Internetseiten verwenden. Die EZB droht mit satten Geldstrafen.
Der Frankfurter Internet-Aktivist Maximilian Bähring hat neulich unerfreuliche Post von der Europäischen Zentralbank (EZB) erhalten. Im Auftrag der Notenbank im Ostend, in deren Nachbarschaft er wohnt, hat ihm die Frankfurter Anwaltskanzlei „bock legal“ ein fünfseitiges Schreiben und obendrein eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung zugeschickt. Diese soll er nun unterzeichnen. Dass Bähring, der nach eigenen Angaben Hartz-IV-Empfänger ist, die Kosten des anwaltlichen Verwarnschreibens – unter dem Strich 1746,50 Euro – zahlen soll, ist aus Sicht des Aktivisten zwar ein „dicker Hund“, aber bei weitem nicht der dickste.
Viel größer ist sein Unverständnis darüber, dass ihm die EZB die Nutzung der Domains und verbieten will. Er verweist darauf, dass die belgische EURid, die die Top-Level-Domain .eu verwaltet, die beiden Domains für ihn registriert habe. Als markenrechtlich problematisch seien die Domains bei der Vergabestelle offenbar nicht empfunden worden. Die Rechtsanwälte von „bock legal“ ficht das nicht an. Ihrer Ansicht nach verletzten bereits die Anmeldung und Benutzung der Domains die Rechte der EZB.
Rote Schriftzüge
Dass die beiden Domains der Währungsbehörde mit Sitz im Ostend missfallen, kommt nicht von ungefähr: Wer Bährings Internetseiten öffnet, könnte auf den ersten Blick den Eindruck haben, es handele sich um die offiziellen EZB-Seiten. Nur rote Schriftzüge mit dem Wort „Anonymous“ und „transparent proxy“ und eine Box, in der Bähring auf ein Gerichtsverfahren und andere Dinge hinweist, unterscheiden den Auftritt von den offiziellen Seiten. „bock legal“ kritisiert, dass Bähring den „unzutreffenden Eindruck“ hervorrufe, „es handele sich um Internetauftritte unserer Mandantin und von ihr erstellte oder jedenfalls autorisierte und freigegebene Seiten“.
Der Internet-Aktivist gibt an, lediglich einen Anonymisierungsdienst anzubieten, der „einen ungefilterten Blick“ auf die EZB-Seiten ermögliche. Heute sei es Unternehmen wie Google, die über E-Mail-Dienste verfügen, technisch leicht möglich, Profile über einzelne Nutzer zu erstellen und personalisierte Internetangebote zu machen. Websites könnten bestimmten Nutzern so angezeigt werden, wie das jeweilige Unternehmen es haben wolle. Ein Anonymisierungsdienst biete die Möglichkeit, einen anonymen, nicht personalisierten Blick auf eine Internetseite zu werfen – im vorliegenden Fall auf die der EZB.
Gespiegelte Informationen
„Der Nutzer schaut dabei sozusagen durch meinen Rechner“, erläutert Bähring. „Ich leite eine Kopie der Informationen auf der EZB-Seite durch, so dass sie ungefiltert beim Nutzer des Anonymisierungsdiensts angezeigt werden.“ Dieses Verfahren diene auch dem Datenschutz, weil der jeweilige Nutzer kein „gläserner Bürger“ mehr sei. Das ganze Angebot sei völlig kostenlos, sagt Bähring. „Ich bin ein Freund kostenloser Netzangebote wie Wikipedia. Nun wollte ich der Netzgemeinde etwas zurückgeben.“
Die EZB weiß das Internet-Engagement nicht zu schätzen: Bähring soll sich mit Unterzeichnung der strafbewehrten Erklärung verpflichten, keine Zeichen oder Abkürzungen mehr als Schlüsselwort oder Titel von Webseiten zu verwenden, die nicht von der EZB erstellt oder autorisiert wurden. Außerdem soll er keine EZB-Logos auf Webseiten mehr benutzen. Für den Einzelfall der Zuwiderhandlung soll der Aktivist an die EZB eine Strafe von 5 500 Euro zahlen, wobei jeder neu begonnene Wochenzyklus einen Einzelfall darstellt.
Verweigerte Unterschrift
Bähring hat die Erklärung nicht unterzeichnet und ein Antwortschreiben an Anwaltskanzlei geschickt. Darin nennt er das Vorgehen der EZB eine „Frechheit“ und „Schutzgelderpressung“. Bähring sagt, dass seine Verbindung zum EZB-Server derzeit immer wieder geblockt wird, „wahrscheinlich von der EZB selbst“. Bislang habe er es stets mit Tricks geschafft, seinen Anonymisierungsdienst wieder für alle zur Verfügung zu stellen. Bähring will sich notfalls juristisch gegen die Verwarnungskosten von 1746,50 Euro wehren. „Das klage ich durch bis zum Europäischen Gerichtshof, wenn es sein muss.“