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Uwe Becker (CDU): „Wir müssen uns gemeinsam für das Wohl der Stadt engagieren“

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Von: Sarah Bernhard

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Zwei Kandidaten, zwei Interviews, beinahe identische Fragen – im Gespräch mit dem Frankfurter OB-Kandidaten Uwe Becker (CDU).

Frankfurt – Die Entscheidung über den neuen Oberbürgermeister von Frankfurt wird in einer Stichwahl am Sonntag (26. März) fallen. Beim ersten Wahlgang am 5. März kam keiner der Kandidaten auf die erforderliche absolute Mehrheit. Die meisten Stimmen erhielt Uwe Becker (CDU), es folgte Mike Josef (SPD). Beide Kandidaten gehen damit in die Stichwahl.

Herr Becker, viele waren erstaunt über Ihren klaren Sieg vor zwei Wochen. Sie auch?

Ich habe schon bei vielen Wahlkampfterminen starke Unterstützung gespürt. Dass es über zehn Prozent waren, war aber eine freudige Überraschung.

Wie haben Sie die Zeit seitdem erlebt?

Gleich ab Montag war ich wieder in den Stadtteilen unterwegs, denn jetzt gilt’s erst recht, die Menschen zu motivieren, auch beim zweiten Mal Uwe Becker zu wählen.

Was war Ihr schönstes Wahlkampf-Erlebnis?

Da gibt es kein bestimmtes, es sind eher die vielen persönlichen Begegnungen mit Menschen, die mir deutlich sagen, wie sehr sie in mir die Hoffnung auf einen echten Neustart sehen.

Wo sind Mike Josef und Sie sich ähnlich?

Puh. (lacht) Inzwischen nähert er sich in der Verkehrspolitik meinen Überzeugungen an. Und sozialpolitisch liegen wir sehr dicht beieinander.

Wo unterschiedlich?

Ich bin jemand, der Worten sehr schnell Taten folgen lässt. Bei Herrn Josef sehe ich viele Ankündigungen, aber wenig realisierte Projekte. Das fängt bei fehlenden Bauplänen an, der fehlenden Erneuerung der Hauptwache oder der fehlenden Sanierung von Schulen.

Was können Sie besser als er?

Zusammenführen, integrieren und Projekte wirklich zum Wohl der Stadt umsetzen.

Gibt es etwas, das er besser kann als Sie?

(lacht, überlegt) Die Internationale auswendig singen. Das war ein Witz. (überlegt weiter) Das ist eine schwierige Frage.

Holte im ersten Wahlgang 34,5 Prozent der abgegebenen Stimmen: Uwe Becker (CDU).
Holte im ersten Wahlgang 34,5 Prozent der abgegebenen Stimmen: Uwe Becker (CDU). © Boris Roessler/dpa

Interview mit Frankfurts OB-Kandidat Uwe Becker (CDU) vor der Stichwahl

Ich stelle Sie später noch mal. Sie sprechen immer von Neustart. Aber bis vor zwei Jahren war die CDU an der Regierung beteiligt, Sie sogar Bürgermeister. Wo ist da der Neustart?

Es geht um einen Neuanfang im Amt des Oberbürgermeisters. Der momentane Stillstand wird nicht dadurch beendet, dass man von einem Magistratsstuhl auf den anderen wechselt, sondern indem ich, der ich von außen komme, den Magistrat zusammenführe und führe.

Aber mit Ihnen käme noch eine fünfte Farbe in die Koalition. Wird das nicht zu noch mehr Stillstand führen?

Nicht bei Uwe Becker. Mein Ziel wird sein, dass wir in Frankfurt zu einem neuen Politikstil finden. Statt fünf Farben möchte ich einen Magistrat, der sich gemeinsam für das Wohl der Stadt engagiert.

Was sind im Moment die drei größten Probleme?

Sicherheit und Sauberkeit im Bahnhofsviertel und in den Stadtteilen. Wohnungsbau, weil sich viele Frankfurter die Miete nicht mehr leisten können, gerade auch junge Menschen. Und dann Verkehr, wo ich für Mobilität für alle stehe.

Aber die Straßen werden ja nicht breiter ...

Wir brauchen beispielsweise einen S-Bahn-Ring um die Stadt und in der Nähe der Raststätte Taunusblick einen Park-and-Ride-Parkplatz plus Verlängerung der U6, um die Menschen zum Umstieg zu bewegen. Außerdem die Radschnellwege, die aus der Region in die Stadt führen, und die zwar den Straßenraum nutzen, aber nicht im völligen Gegensatz zum notwendigen Autoverkehr stehen dürfen. Im Moment empfinde ich, dass das eine zu stark gegen das andere gestellt wird, da muss mehr Maß und Mitte gelten. Nur das wird am Ende zu mehr Lebensqualität führen.

Und wie wollen Sie die Probleme bei den Themen Sicherheit und Wohnen lösen?

Ich werde sehr schnell einen Bahnhofsviertel-Gipfel mit den beteiligten Dezernenten, Eigentümern, Gewerbetreibenden, Polizei und Justiz einberufen. Beim Thema Wohnungsbau möchte ich mit dem Planungsdezernent darüber sprechen, wie wir eine Beschleunigung bei den Bebauungsplänen hinbekommen und wie es uns gelingt, die entsprechenden Mittel, etwa für Wohnungsbauförderung, auch wirklich auszugeben, und im Zweifel auch dort auch eine Taskforce einsetzen. Wir brauchen sehr schnell Wohnungsbau, insbesondere für Auszubildende, Studierende und junge Familien.

Interview mit Frankfurts OB-Kandidat Uwe Becker (CDU) vor der Stichwahl

Ein Oberbürgermeister hat gar nicht so viel Macht, wie die Wahlversprechen im Moment suggerieren. Sollte man da nicht ehrlicher sein?

Der Oberbürgermeister hat mehr Möglichkeiten, als die Hessische Gemeindeordnung erscheinen lässt. Er wirkt ja nicht nur über die Verwaltung, sondern hat auch über die Städtischen Gesellschaften Einfluss, etwa auf Nahverkehr oder Wohnungsbau. Außerdem kann er eigene Themen setzen. Natürlich braucht es am Ende immer Mehrheiten, aber ein starker Oberbürgermeister, der die zerstrittenen Parteien zusammenbringt, hat viele Möglichkeiten.

Wie wollen Sie die zerstrittenen Parteien denn zusammenzubringen?

So wie ich immer schon sehr unterschiedliche Standpunkte zusammengebracht habe, zum Beispiel beim Klinikum in Höchst. Ich bin ein sehr umgänglicher Mensch, der auf Augenhöhe die Belange nach vorne denkt und Brücken baut. Das war mir immer wichtig, weil das zur Stabilität der Stadt beiträgt. Es wird mein Anspruch sein, dass wir die
Parteipolitik stärker zurückstellen und uns darauf konzentrieren, was das Beste für die Stadt ist.

Warum hat es eigentlich nicht früher geklappt mit der OB-Kandidatur?

Ich habe erst jetzt meinen Wunsch so deutlich klargemacht. Ich hätte mir das auch schon früher vorstellen können, aber letztes Mal dachte ich, dass die Chancen gegen Peter Feldmann höher sind, wenn nicht sein Stellvertreter gegen ihn ins Rennen geht. Doch gerade jetzt nach Abwahl, Skandalen und mit Stillstand und Streit im Römer sehe ich es als Chance, die Stadt in anderer Form, mit Integrität, Herz und Verstand zu führen.

Ihr Stammwählerpotenzial haben Sie quasi ausgeschöpft. Wie bekommen Sie am Sonntag, trotz anderslautender Wahlempfehlung, die Stimmen der Grünen-Wähler?

Ich habe nicht nur die erste schwarz-grüne Koalition in Frankfurt verhandelt, sondern muss mich auch bei den Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz nicht erst erfinden. Zum Beispiel habe ich über Jahre die Investitionen der Mainova in Windkraft und Fernwärme vorangetrieben. Und ich habe Kinder und möchte, dass sie in einer gesunden Umwelt ihr Leben gestalten können. Die Grünen-Wähler haben ja auch für einen Aufbruch gestimmt, und den sehe ich eher bei mir. Ich erinnere außerdem daran, dass die Grünen 2016 ohne das Engagement von Uwe Becker nicht im Magistrat geblieben wären. Nun gibt es in der Politik keine Dankbarkeit, aber man kann durchaus die Frage stellen, wer glaubwürdiger Brücken baut.

Interview mit Frankfurts OB-Kandidat Uwe Becker (CDU) vor der Stichwahl

Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber viele der jüngeren Grünen-Wähler halten Sie vermutlich für einen „alten weißen Mann“, der ...

Ich bin kein alter weißer Mann, sondern ein dynamischer Frankfurter, der schon als Jugendtrainer mit jungen Menschen im Team an sportlichen Zielen gearbeitet hat. Und wir haben jetzt eine ganze Reihe gesellschaftlicher Themen vor uns, die nur gemeinsam mit Menschen unter 45 zu erreichen sind.

Verstehen Sie denn, wenn junge Menschen sagen: Ihr habt das Jahrzehnte lang verbockt, es reicht jetzt?

Wir haben es ja nicht nur verbockt, sondern auch Positives erreicht, etwa den Kohleausstieg im Heizkraftwerk West. Aber ich kann verstehen, dass die junge Generation da noch ungeduldiger ist und energischer darauf drängt, dass wir uns den Zukunftsfragen im Klimaschutz zuwenden. Aber man muss auch darüber sprechen, wie man Dinge vernünftig entwickelt in einer Stadt, die Wirtschaftsstandort, unter anderem für die Pharmaindustrie, und ein großer Verkehrsknoten ist. Extreme helfen da nicht, es braucht einen Ausgleich.

In der Zeit der schwarz-grünen Mehrheit mit Peter Feldmann als Bürgermeister gab es immer wieder Attacken gegen ihn. Haben Sie Angst vor einer möglichen Rache der SPD?

Nein. Ich bringe die charakterlichen Voraussetzungen mit, die für eine gute Zusammenarbeit wichtig sind, und das konnte ich von der damaligen Konstellation nicht sagen. Ich werde schnell deutlich machen, dass mir viel an gemeinsamem Arbeiten liegt.

Denken Sie darüber nach, als OB die Dezernats-Zuschnitte zu verändern?

Ich sehe, dass wir eine Großbaustelle im Bildungsbereich haben, wo erkennbar nichts vorangeht, sondern im Gegenteil, Neubau und Sanierung immer schleppender werden. Da will ich genau hinsehen, ob das vielleicht in anderen Händen besser läuft, aber das will ich erst in Gesprächen sondieren.

Gönnen Sie sich nach Sonntag eine Belohnung für die viele Arbeit, die Sie in den Wahlkampf gesteckt haben?

(lacht) Wenn die Frankfurter mich zum Oberbürgermeister wählen, ist das Belohnung genug. Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als die Chance zu haben, meine Heimatstadt gestalten zu können.

Zurück zur Frage, was Mike Josef besser kann als Sie.

(er überlegt wieder lange)

Sagen Sie doch einfach: Nichts?!

Nein, das wäre arrogant. Es gibt sicher Dinge, die er besser kann, die mir gerade nicht einfallen.

Das Interview führte Sarah Bernhard.

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