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Frankfurter Rebstockwäldchen ist voller Bomben, Bauschutt und Beton

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Räumstellenleiter Thomas Guindeuil vor einem Haufen mit Metallschrott. Über 140 Mal stießen er und eine Leute aber auch auf Brandstabbomben.
Räumstellenleiter Thomas Guindeuil vor einem Haufen mit Metallschrott. Über 140 Mal stießen er und eine Leute aber auch auf Brandstabbomben. © schramek

Seit Anfang Februar 2023 durchkämmen Kampfmittelbeseitiger das kleine Wäldchen zentimeterweise, um gefährliche Altlasten zu erkennen und zu beseitigen.

Frankfurt -Der Eichelhäher kreischt, während ein Mann in einem tiefen Loch mit einem Spaten eine INC 30 freilegt. Eine britische Phosphorbombe, die etwa 1,50 Meter unter dem Waldboden liegt. Sie ist mit Wasser gefüllt, damit kein Sauerstoff drankommt. „Wir legen sie mit dem Spaten frei, mit einem Bagger holen wir sie raus“, sagt Räumstellenleiter Thomas Guindeuil.

Hunderte gefährliche Fundstücke

Seit Anfang Februar ist das Team der Kampfmittelbeseitiger der Firma Tauber damit beschäftigt, das Rebstockwäldchen zentimeterweise manuell mit Magnetometern nach Metall zu sondieren. 144 Stabbrandbomben, sechs INC 30 und 246 Bombensplitter haben sie kurz vor Ende der Suchaktion in dem 3,2 Hektar großen Waldstück gefunden und geborgen. Die Rebstock-Projektgesellschaft begleitet die Kampfmittelsondierung in dem Areal des ehemaligen Flughafengeländes, das im Zweiten Weltkrieg massiv bombardiert wurde. Später stand auf dem Gelände der Sprengbunker vom Battelle-Institut für Kernphysik, das in den 1990er Jahren abgerissen wurde.

„Es gab kaum etwas, was hier nicht abgelagert wurde“, so Thomas Berger, Geschäftsführer der Rebstock-Projektgesellschaft. Michael Matzerath nickt. Er ist Bergers Vorgänger und tief verwurzelt in der Entwicklung der Flächen, und zeigt auf drei grün bewachsene Hügel. „Darunter ist alles Bauschutt, der vor der Einzäunung abgeladen wurde“, weiß er. Ein Problem für die Sondierer. „Das muss alles abgetragen werden. Die Magnetometer, die bei eisenhaltigem Metall bis in 70 Zentimeter Tiefe anschlagen, sind bei der Masse Schutt überfordert, weil zu viel zu dicht übereinander liegt“, erklärt Guindeuil zwischen kleinen Senken, Spatenlöchern im Boden und vorsichtig freigelegten Wurzeln. Orte, an denen sie Sprengsätze, Splitter, Blockbuster und Behälter für Stabbomben gefunden haben.

Leitungsrohre, Stacheldraht, Hufeisen

Am Waldrand stapelt sich anderes. Massive Leitungsrohre, verrosteter Nato-Stacheldraht, Backsteine mit Magnetfeldern, Betonklötze mit Metall, die vermutlich vom Battelle-Sprengbunker stammen, verrostete Badewannen, Hufeisen, Kabelverkleidungen ohne Kupfer. „Da waren wohl Kupferdiebe am Werk, die den Rest loswerden wollten“, mutmaßt er. Auf einer ebenen Fläche funkelt und glitzert es überall. „Es könnte sein, dass hier vor sehr langer Zeit ein See oder ein Überschwemmungsgebiet war“, heißt es in dem Waldstück, das einst im Biegwald lag und mit der Nidda verbunden war. Massenweise Porzellan, Medikamentenfläschchen aus Glas und kleine Tintenfässer sind hier zersplittert. „Hier liegen so viele Reste vom Medikamentenfläschchen, dass man ein Krankenhaus oder eine Apotheke vermuten könnte“, meint Guindeuil. Porzellan aus der Jahrhundertwende bis in die 1950er Jahre lasse sich nachverfolgen. Die drei Männer vermuten eine Hausmülldeponie aus den Nachkriegsjahren. „Da lagen auch Bomben drauf. Wahrscheinlich haben Laster hier alles angekarrt und abgekippt, was aus zerbombten Häusern stammt.“ Übrig geblieben sind Scherben. Große Spreng-trichter von Fliegerbomben im Wald wurden gefüllt mit Schutt, Rohren, Gußeisenöfen und Munition. Sogar das Fundament eines Hauses haben die Suchteams entdeckt. Von wann es stammt, weiß niemand. „Man kommt sich vor wie in einer Zeitreise“, sagt der Räumstellenleiter.

Wäldchen soll Erholungsgebiet werden

Fast das ganze Gelände haben die Kampfmittelsondierer bereits von Altlasten befreit. So weit es möglich war, ohne die Natur zu zerstören. „Hier lebt vieles“, sagt Guindeuil. Eine Schnepfe sei neulich weggeflogen, Grünspechte klopfen und ein Fuchs wohnt hier. Er zeigt ein Video, das ihn auf Holzstämmen zeigt. Die Phosphorbombe wird ausgebaggert und abtransportiert. Bis Ende des Monats suchen sie weiter. Danach werden die Bauschutthügel abgetragen und untersucht. Wenn das alles erledigt ist und die Hochbauten im Nordosten fertig sind, wird das Rebstockwäldchen für die Öffentlichkeit als Erholungsgebiet zur Verfügung stehen.

„Hoffentlich rücksichtsvoll und ohne, dass die Leute das Wäldchen wieder als Müllhalde benutzen. Es ist ein schönes Fleckchen Erde“, sind sich Berger, Matzerath und Guindeuil einig.

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