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Machbarkeit: So steht es um den neuen Frankfurter Stadtteil

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Von: Thomas Remlein

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Vom Aussichtsturm der Rastanlage Taunusblick ist das Entwicklungsgebiet für den neuen Stadtteil gut zu sehen
Vom Aussichtsturm der Rastanlage Taunusblick ist das Entwicklungsgebiet für den neuen Stadtteil gut zu sehen © dpa

Über die vorbereitenden Untersuchungen zum neuen Stadtteil westlich und östlich der Autobahn A5 liegt ein erster Bericht des Magistrats vor. Das Ergebnis: „Bisher gibt es nichts, was nicht lösbar erscheint.“

Frankfurt - Es ist ein Projekt, das in seiner Dimension an die Ernst-May-Siedlungen der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts erinnert. Zwischen 1925 und 1930 entstanden rund 15 000 erschwingliche Wohnungen. Auf einem 550 Hektar großen Areal entlang der Autobahn 5 plant die Stadt nach Beschluss der Koalition aus CDU, SPD und Grünen einen neuen Stadtteil mit 8500 bis 11 500 Wohnungen für knapp 30 000 Einwohner.

Neuer Frankfurter Stadtteil: Grundstückseigentümer können zwangsenteignet werden

Um das Projekt zu verwirklichen, plant die Stadt eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme, wie es im Amtsdeutsch heißt. Der Begriff aus dem Baugesetzbuch meint ein besonderes Instrument des Städtebaus für die Schaffung neuer Stadtteile oder Gewerbegebiete. Das Verfahren wurde bereits am Riedberg und für das Gewerbegebiet „Am Martinszehnten“ angewandt. Es bietet sich an, wenn es beispielsweise im Planungsareal viele Eigentümer gibt. 

Wer sich dem Projekt verweigert, kann im Rahmen einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme notfalls (gegen Entschädigung) zwangsenteignet werden. Nun prüft der Magistrat, „ob und wie ein städtebaulicher Entwicklungsbereich festgelegt und als Satzung beschlossen wird“. Unter dem Druck einer möglichen Entwicklungsmaßnahme hat ein Landwirt bereits 1,7 Hektar östlich der A 5 an die städtische Wohnungsbaugesellschaft ABG Holding verkauft. Zu einem Preis „deutlich unter 100 Euro je Quadratmeter“, wie ABG-Chef Frank Junker versichert. 

Er erwartet, das östlich der A 5 „auf jeden Fall irgendwann gebaut werden wird, weil Frankfurt wachsen muss, geht an diesen Flächen kein Weg vorbei“, sagt Junker. Für eine weitere Fläche westlich der A 5 hat die ABG eine Kaufoption. „Wir betreiben generell eine Grundstücksbevorratung“, sagt Junker über die Geschäftspolitik der ABG.

Strahlungsproblem wegen Hochspannungsleitung: Hessischer Wirtschaftsminister lässt Schlupfloch

Das geplante Baugebiet am Rande der Stadt, zwischen Oberursel-Weißkirchen, Steinbach, Praunheim und Nordwestzentrum gelegen, wird von zwei Stromleitungen durchschnitten, einer mit 110 Kilovolt und einer weiteren mit 380 Kilovolt. Von diesen Stromträgern geht Strahlung aus.

Im Landesentwicklungsplan wird deshalb ein Schutzabstand zwischen Hochspannungsleitungen und neuer Wohnbebauung von 400 Meter als Ziel formuliert. Diese Verordnung sah der Bund für Umwelt und Naturschutz bereits als K.-o.-Kriterium. Aber Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) hat ein Schlupfloch gelassen: Betroffene Kommunen können einen „Antrag auf Abweichung von den Zielen des Landesentwicklungsplan“ stellen. Am Riedberg beispielsweise rücken die Häuser deutlich näher als 400 Meter an die Hochspannungmasten heran, ohne das eine gesundheitliche Gefahr für die Bewohner bestünde. 

Weitere Untersuchungen zur Machbarkeit der Josefstadt geplant

Im Zuge weiterer Untersuchungen werden nun die Landschafts- und Biotopstrukturen erhoben, ein Klimagutachten erstellt, die Entwässerung berechnet sowie eine „Machbarkeitsstudie Verkehr“ in Auftrag gegeben. Dabei soll geprüft werden, wie die neuen Gebiete mit einem möglichst geringen Auto-Anteil und einem erhöhten ÖPNV und Radverkehrsanteil erschlossen werden können. 

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Zudem bewirbt sich die Stadt um Fördermittel aus einem Programm, mit dem das Land die Entwicklung neuer Wohnquartiere unterstützt. Für die vorbereitenden Untersuchungen wurden bereits 50 000 Euro ausgegeben, weitere 100 000 sind verplant, wie der aktuelle Magistratsbericht angibt. Wie teuer die Untersuchungen insgesamt werden, lässt sich laut Gellert noch nicht beziffern. 

Der Magistratsbericht räumt auch mit dem Vorwurf der Kritiker des Projekts auf, Planungsdezernent Josef habe die Nachbargemeinen nicht informiert. So war Josef in den öffentlichen Sitzungen der Bauausschüsse von Oberursel, Steinbach und Eschborn und hat mit Bürgern der betroffenen Gemeinden in zahlreichen Veranstaltungen diskutiert.

Kommentar von Thomas Remlein zur Josefstadt: Machbarkeit heißt: Hürden aus dem Weg räumen

In der Diskussion zwischen den politischen Befürwortern und den Gegnern des Projekts des geplanten neuen Stadtteils ist ein grobes Missverständnis entstanden. Politiker betonen gerne, dass die von der Koalition aus CDU, SPD und Grünen beschlossene Voruntersuchung ergebnisoffen sei. Das ist nur sehr bedingt richtig. Schließlich handelt es sich um eine Machbarkeitsstudie. Und solch ein Papier soll, wie der Name schon sagt, aufzeigen, dass etwas machbar ist. Sonst wäre es eine Nichtmachbarkeitsstudie. Deshalb sucht auch der aktuelle Magistratbericht nach Lösungen zum Bau der Josefstadt und nicht nach Hindernissen. Beispielsweise, wie das neue Abstandsgebot zu Starkstrommasten des Landesentwicklungsplanes umgangen werden kann. Ergebnisoffen ist die Machbarkeitsstudie nur in dem Sinne, dass die Politik, nachdem festgestellt worden ist, dass die Josefstadt machbar ist, sich trotzdem entscheiden kann, das Quartier nicht zu bauen. Das wäre aber eine verpasste Chance.

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