OB Feldmann auf der Anklagebank: Staatsanwalt zitiert aus Textnachrichten
Am Dienstag hat der Prozess gegen Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) begonnen. Sein Anwalt beteuert seine Unschuld: „Er ist nicht käuflich“.
Frankfurt – Mit einem Kaffee-to-go-Becher in der einen Hand, einem Notizbuch und Papieren in der anderen betritt Peter Feldmann (SPD) am Dienstagmorgen mit zwei Minuten Verspätung den voll besetzten Gerichtssaal 8 des Landgerichts. An diesem Vormittag beginnt der mit Spannung erwartete Korruptionsprozess gegen den Frankfurter Oberbürgermeister Feldmann. Dabei geht es um die Frage, ob der 64-Jährige in den Skandal rund um die Arbeiterwohlfahrt (Awo) verstrickt ist.
Peter Feldmann selbst – dunkelgrauer Anzug, weißes Hemd, lila Krawatte – wirkt angespannt. Er lächelt weniger als sonst, meidet Blickkontakt mit den Journalisten und Zuschauern im Gerichtssaal, sucht lediglich mit seinem Verteidiger David Hofferbert das Gespräch. Am Ende des Verhandlungstages wird der Oberbürgermeister wortkarg zu den Reportern sagen: „Ich würde mir eine faire, unvoreingenommene Klärung wünschen.“
Frankfurts OB Peter Feldmann vor Gericht: Ein verhängnisvolles Abendessen
Zuvor hört sich Feldmann die Verlesung der detaillierten Anklageschrift von Staatsanwalt Johannes Schmidt konzentriert an. Demnach wird dem Stadtoberhaupt vorgeworfen, sich „als Amtsträger in Dienstausübung einen Vorteil für sich und einen Dritten versprechen lassen und angenommen zu haben“. Nach Angaben des Staatsanwalts soll sich Feldmann im Frühjahr 2014 mit dem Ehepaar Jürgen und Hannelore Richter, die früheren Geschäftsführer der Awo-Kreisverbände Frankfurt und Wiesbaden, zu einem Abendessen getroffen haben.
Mit dabei war auch Feldmanns damalige Lebensgefährtin und spätere Ehefrau Zübeyde, die er dem Paar vorstellte. Als Hannelore Richter erfuhr, dass Feldmanns Freundin fließend Türkisch spricht und Erziehungswissenschaften studiert, soll sie „da haben wir ja unsere Kita-Leiterin“ gesagt und ihr sogleich 4300 Euro Gehalt und einen Dienstwagen angeboten haben. Damals bereitete die Awo gerade die Gründung einer deutsch-türkischen Kindertagesstätte in Frankfurt vor.

Feldmann soll sich „wohlwollend gegenüber der Awo Frankfurt“ verhalten haben
Staatsanwalt Johannes Schmidt nennt die Vergütung für eine Berufsanfängerin „deutlich überhöht“. „Wenn sie nicht die damalige Lebensgefährtin des Oberbürgermeisters gewesen wäre, hätte man ihr nicht die Stellung als Kitaleiterin zugesagt.“ Von dem zu hohen Gehalt von Frau Feldmann flossen nach Angaben der Staatsanwaltschaft insgesamt 5989 Euro auf das gemeinsame Konto des Ehepaars.
Aus Sicht der Staatsanwaltschaft war das Angebot an die junge Frau mit der Erwartung verbunden, dass sich Feldmann „wohlwollend gegenüber der Awo Frankfurt“ verhalten werde. Von einer „stillschweigenden Übereinkunft“ ist die Rede. Darüber hinaus soll Zübeyde Feldmann von der Awo, noch bevor sie als Kitaleiterin eingestellt wurde, zur Einarbeitung 1800 Euro monatlich brutto sowie „durch einen Scheinarbeitsvertrag“ insgesamt 13 500 Euro erhalten haben.
Awo unterstützte Frankfurter OB-Wahlkampf mit Spendengelder
Auch die Einwerbung von Spenden in Höhe von 5700 Euro, mit der die Awo Feldmann im OB-Wahlkampf 2018 unterstützte, wertet die Staatsanwaltschaft als „stillschweigendes Übereinkommen“, dass der Oberbürgermeister sich im Gegenzug für die Interessen des Wohlfahrtsverbands einsetzen werde. Dies habe er nach Ansicht der Staatsanwaltschaft auch getan, vor allem während der Auseinandersetzung zwischen der Awo und der Stadt um den Betrieb zweier Flüchtlingsunterkünfte.
Als Beleg dafür zitiert der Staatsanwalt während der Verlesung der Anklageschrift immer wieder Textnachrichten von Hannelore Richter an Peter Feldmann. So schrieb die frühere Geschäftsführerin der Awo Wiesbaden etwa: „Stets konntest du auf unsere Unterstützung und Loyalität bauen – so bauen wir auf dich“. In anderen Nachrichten hieß es „lieber Peter, wir brauchen deine Hilfe“, „wir müssen uns aufeinander verlassen können“ oder „quid pro quo!“, was in etwa bedeutet: „Eine Hand wäscht die andere“.
Anwalt verteidigt Frankfurts OB Feldmann – und wirft Richter fehlende Objektivität vor
Feldmanns Rechtsanwalt Hofferbert sagt hingegen am Rand des Prozesses, dass sein Mandant „nicht käuflich“ sei. Hofferbert hatte bereits vor Beginn der Hauptverhandlung einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Werner Gröschel gestellt. Die Begründung: Gröschel sei mit der Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft verheiratet. Hofferbert befürchte deshalb, dass der Richter in dem Verfahren womöglich nicht die „gebotene Distanz und Neutralität“ habe.
Der Prozess wird am 27. Oktober fortgesetzt. Für diesen Tag hat Feldmanns Anwalt eine ausführliche Stellungnahme zu den Vorwürfen angekündigt. Für den zweiten Verhandlungstag sind auch Feldmanns inzwischen getrennt von ihm lebende Frau sowie Hannelore und Jürgen Richter geladen. Zübeyde Feldmann und Jürgen Richter haben jedoch schon über ihre Anwälte wissen lassen, dass sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrechts Gebrauch machen und sich nicht äußern wollen. Hannelore Richter hingegen wird – Stand jetzt – kommen. Von ihrem Anwalt lag kein Schreiben vor. (Julia Lorenz)