Frankfurts Stadtverordnete beschließen den Haushalt für 2023 - nach Streit über 60-Millionen-Minus

Während die Koalition von einem „Gesamtkunstwerk“ schwärmt, sieht die Opposition die Gefahr, dass die Stadt sich verzockt.
Frankfurt -Der Haushalt für das laufende Jahr steht: Mit den Stimmen von Grünen, SPD, FDP, Volt und der Fraktion „Die Fraktion“ hat die Stadtverordnetenversammlung nach einer zweieinhalbstündigen Debatte am Donnerstagabend den Etat für 2023 beschlossen.
„Wir haben einen flexiblen und nachhaltigen Haushalt erarbeitet“, sagte Kämmerer Bastian Bergerhoff (Grüne), „mit dem wir den gegenwärtigen Herausforderungen aktiv begegnen und die notwendigen Zukunftsinvestitionen in den Kampf gegen die Klimakatastrophe, in Bildung, Betreuung, Digitalisierung, bezahlbares Wohnen und die Verkehrswende ermöglichen.“
Das 1699-seitige Zahlenwerk rechnet für dieses Jahr mit Einnahmen in Höhe von 4,73 Milliarden Euro. Demgegenüber stehen Ausgaben in Höhe von 4,8 Milliarden Euro. Doch nicht nur dieses Ungleichgewicht sorgt für das vorgesehene Defizit, sondern auch die von der Römer-Koalition eingebrachten Etatanträge. Dadurch erhöht sich der Fehlbetrag auf 62,3 Millionen Euro. Nach Angabe des Kämmerers könne das Defizit aber noch aus den Rücklagen gedeckt werden.
Auch über die inhaltlichen Schwerpunkte gibt es Diskussionen
Die Opposition interessierte dies allerdings wenig. Vor allem CDU, BBF-BIG und AfD kritisierten das Minus in der Stadtkasse. „Wir geben Geld aus, das wir nicht haben“ sagte etwa CDU-Fraktionschef Nils Kößler. Das würden insbesondere jüngere Generationen zu spüren bekommen. Für den Christdemokraten verkenne der Haushalt auch die Themen, „die den Frankfurtern unter den Nägeln brennen“. Es gebe zu wenige Schulen, zu viele verstopfte Straßen, Schlaglöcher, defekte Spielplätze. „Und die Stadt wird immer dreckiger“, sagte Kößler und warnte: „Die Koalition läuft Gefahr sich zu verzocken.“
Patrick Schenk (AfD) schlug vor, dass die Stadt nur noch Geld ausgeben sollte, das für „die originäre Daseinsvorsorge“ notwendig sei. Das „ganze Klimagedöns“, das im Haushalt stehe, könne man sich hingegen sparen.
Selbstredend lobte die Koalition den Haushalt. SPD-Fraktionschefin Ursula Busch nannte den Etat „ein Gesamtkunstwerk“ und sagte: „Er macht die Stadt ein weiteres Jahr handlungsfähig.“
Für Dimitrios Bakakis (Grüne) ist der Haushalt „stimmig“. „Er behält die Balance zwischen einem sparsamen Umgang mit öffentlichen Geldern und Investitionen in die Zukunft“, sagte Bakakis und nannte als Beispiele das Pflanzen neuer Bäume, die finanzielle Unterstützung des Christopher Street Days sowie die Aufarbeitung der Völkerschau im Zoo.
Die Stadtverordneten haben am Donnerstagabend allerdings nicht nur dem Haushalt 2023 zugestimmt, sondern gleichzeitig auch einem Haushaltssicherungskonzept. Dieses ist aufgrund des hohen Defizits der Stadt nötig und soll alle Dezernate zum Sparen zwingen. Deshalb sieht das Papier unter anderem vor, den Eintritt in den Zoo und den Palmengarten deutlich zu erhöhen - wenn es die Haushaltslage erfordert.
Keine Sympathien für das Haushaltssicherungskonzept konnte der Linke-Fraktionschef Michael Müller aufbringen. „Das ist völlig unverhältnismäßig und trifft vor allem Familien“, sagte Müller und warf der Römer-Koalition vor, dass ihnen „soziale Belange“ nicht wichtig seien. Seiner Ansicht nach hätte stattdessen die Gewerbesteuer erhöht werden müssen. Müller kritisierte außerdem, dass der Haushalt erst jetzt, im Juli, beschlossen wurde. „Das muss sich dringend ändern.“
Das missfiel auch Mathias Pfeiffer (BFF-BIG). Er erinnerte daran, dass, solange der Haushalt nicht genehmigt sei, keine Investitionen getätigt und keine Zuschüsse an Vereine ausgezahlt werden könnten.
Obwohl die Stadtverordneten dem Haushalt 2023 gestern zugestimmt haben, tritt er nicht gleich in Kraft. Das hessische Innenministerium muss noch grünes Licht geben. Derweil arbeitet Stadtkämmerer Bergerhoff bereits gemeinsam mit dem Magistrat am Doppelhaushalt 2024/25.
Die wichtigsten Zahlen und Daten im Überblick
Krieg in Europa, gestiegene Energiekosten, Inflation, Anstieg des Leitzinses: All das macht sich auch im städtischen Haushalt für das Jahr 2023, den das Stadtparlament am Donnerstagabend beschlossen hat, bemerkbar. Demnach steigt das Defizit auf 62,3 Millionen Euro an.
Doch die Stadt gibt nicht nur Geld aus, sie nimmt auch Geld ein: und zwar 4,78 Milliarden Euro. Das Geld fließt aus Steuereinnahmen in die Stadtkasse. Die größten Posten sind dabei die Gewerbesteuer mit 2,5 Milliarden Euro, die Grundsteuer mit 221 Millionen Euro, die Einkommensteuer mit 534 Millionen Euro und die Umsatzsteuer mit 200 Millionen Euro.
Im Gegensatz dazu gibt die Stadt 4,8 Milliarden Euro aus für Personal (758 Millionen Euro), für Sach- und Dienstleistungen (646 Millionen Euro), für Zuweisungen und Zuschüsse (1,1 Milliarden Euro), für soziale Leistungen (1,1 Milliarden Euro).
Zudem investiert die Stadt 823 Millionen Euro. Davon fließt der größte Teil des Geldes, nämlich 220 Millionen Euro, in den Neubau und die Sanierung von Schulen sowie die Kinderbetreuung. 165 Millionen Euro werden für die Stadtplanung zur Verfügung gestellt, 162 Millionen für den Nahverkehr, für Radwege und Straßen. Außerdem sind 71 Millionen Euro für den Klimaschutz vorgesehen.