1. Startseite
  2. Frankfurt

Frustrierender Kampf mit der Bürokratie

Kommentare

Kämpft mit der Bürokratie: Manfred Wassmann. FOTO: rainer rüffer
Kämpft mit der Bürokratie: Manfred Wassmann. © Rüffer

Hausbesitzer wollen energetisch sanieren und günstigen Wohnraum schaffen, dürfen aber nicht

Wohnungen werden dringend gebraucht - in Frankfurt aber verhindert die Stadt mit ihrem Milieuschutz den schnellen Bau auch preisgünstiger Wohnungen. Was als Mittel gegen Luxussanierungen dienen sollte, entpuppt sich als Blockade. Das zeigt das Beispiel von Manfred Wassmann (68), der in Bornheim energetisch sanieren und günstige Wohnungen aufstocken möchte, aber nicht darf.

Es ist ein typisches Fünfzigerjahre-Mehrfamilienhaus, wie es sie zu Tausenden in der Stadt gibt. Fünf Stockwerke hoch, Läden im Erdgeschoss, ordentlich in Schuss gehalten, die Lage direkt an der Berger Straße ist erstklassig. Wassmanns Tante Gertrud (90) gehört das Haus. Sie war früher Hutmacherin und ist aus gesundheitlichen Gründen derzeit im Pflegeheim, will aber wieder nach Hause. Dafür wäre ein Aufzug nötig. Neffe Manfred und seine Tante, die er auch offiziell betreut, wollen deshalb größer investieren. Vorder- und Hinterhaus sollen energetisch saniert, der Hauptbau um ein Stockwerk mit vier Wohnungen und einen Aufzug für die Tante ergänzt werden.

Droht eine Luxussanierung, die die Stadt in vielen anderen Vierteln, besonders in den inneren Stadtteilen, mit ihrer Milieuschutzsatzung verhindern will? Wassmann, Kinderarzt in Rente, winkt ab. „Wir wollen billig bauen und günstigen Wohnraum schaffen.“ Seine Tante habe schon immer lieber an ärmere Menschen, Frauen, Studenten und Menschen mit Migrationshintergrund vermietet, die Mieten seien günstig. Die Sanierung solle im Sinn der Bewohner erfolgen, da mit den steigenden Energiepreisen erheblich höhere Kosten drohten. Nach der Sanierung werde die Bruttowarmmiete in den Wohnungen im Vorderhaus sogar sinken, im Hinterhaus konstant bleiben, sagt der Neffe.

Allerdings: Der Milieuschutz steht dem im Weg. Den Vorgaben der Stadt zufolge darf Wassmann nur das absolut Nötige sanieren, was aber nicht effektiv sei, sagt der Neffe. „Eine Sanierung nach der heutigen Milieuschutzsatzung würde die explodierenden Energiekosten nicht beeinflussen.“ Die städtische Vorgabe sei mit den bestehenden und noch mehr mit den künftigen, noch schärferen Vorgaben zur Energiewende schlicht nicht vereinbar.

Beratung endet ernüchternd

Mit dem Problem hat sich der bisher verhinderte Bauherr auch an Wohnungsdezernent Mike Josef (SPD) gewandt. Der hat inzwischen angekündigt, dass die Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt den Milieuschutz überarbeiten wolle, um energetische Sanierungen zu ermöglichen. Adressiert an Wassmann kündigte Josef diese Änderung im Oktober 2022 „zeitnah“ an. Er empfahl ihm außerdem, eine Bauberatung bei der Bauaufsicht aufzusuchen. Da war der Bauwillige im Januar zusammen mit seinem Architekten. Das Ergebnis ernüchtert:

Die Bauaufsicht fordert, dass im Fall des Einbaus eines Fahrstuhls entweder alle Wohnungen erreichbar sein müssten - was die Lage des Treppenhauses aber fast unmöglich macht -, oder nur die Wohnung der Tante im vierten Stock. Wassmann würde allerdings gern den vierten und fünften Stock an den Lift anschließen. Laut Milieuschutz ist das aber verboten, damit Luxuswohnungen im aufgestockten Geschoss keinen exklusiven Vorteil erhalten.

Die energetische Sanierung mit dem Ziel dauerhaft niedriger Betriebskosten ist laut Milieuschutzsatzung nicht erlaubt. Die Bauaufsicht bestätigt in einem Schreiben, das der Redaktion vorliegt, „der aktuell noch sehr enge Rahmen für energetische Sanierungen in Milieuschutzgebieten“ sei Wassmann erläutert worden.

Es gebe aber „noch keinen Bauantrag und damit auch keine konkreten Unterlagen“, sagt Caroline Nützel, Sprecherin von Dezernent Josef. „Grundsätzlich“ sei die Aufstockung im Vorderhaus möglich. Zur energetischen Sanierung verweist sie erneut auf das Beratungsangebot - das Wassmann ja bereits nicht zum Erfolg führte. Ebenso erinnert Nützel daran, dass der Investor „auf die zeitnah geplante Änderung“ des für die energetische Sanierung in Milieuschutzgebieten geltenden „Konzepts“ hingewiesen worden sei. Genaue zeitliche Angaben dazu macht die Josef-Sprecherin nicht: „Die Vorschläge werden nun in den politischen Gremien eingebracht und beraten.“

Viel Hoffnung auf eine schnelle Lösung hat Manfred Wassmann nicht. Zumal Mike Josef die Änderungen schon mehrfach ankündigte, unter anderem im Oberbürgermeister-Wahlkampf bei der Podiumsdiskussion dieser Zeitung Mitte März. „Wo wir etwas ermöglichen können in der Innenentwicklung, versuchen wir, sehr entgegenkommend vorzugehen“, beteuerte er dort. Er wolle, dass die Klimaschutzziele erreicht werden, „ohne dass die Mieten steigen“, sagte Mike Josef.

Genau das wollen Manfred Wassmann und seine Tante nun umsetzen, dürfen aber nicht. „Die Politiker weigern sich durchzugreifen“, ist er sauer. „Ich brauche keine Förderungen, es liegt nicht am Geld, wir brauchen einfach nur weniger Bürokratie.“ Bis die Politik die Vorgaben gestrichen hat, muss Wassmann mit dem Aufstocken warten. So lange muss seine Tante Gertrud im Pflegeheim bleiben. Denn ohne den Aufzug hat sie keine Chance, mit ihrem Rollator in ihre alte Wohnung im vierten Stock zu kommen.

Dennis pfeiffer-Goldmann

Auch interessant

Kommentare