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E-Fuels für Flugzeuge: Industriepark Höchst in Frankfurt ist Vorreiter

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Von: Manfred Becht

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Im Industriepark Höchst in Frankfurt entsteht eine Pilotanlage für Flüssigtreibstoff. Diese soll noch dieses Jahr in Betrieb gehen.

Frankfurt – Mittel- und Langstreckenflüge in Frankfurt oder im Rest der Welt, die mit elektrischer Energie aus Batterien angetrieben werden, werde es so schnell nicht geben, da ist sich Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) sicher. Auch werden sich Flüge nicht komplett durch den Schienenverkehr ersetzen oder gar ganz einsparen lassen. Für den Grünen-Politiker kann die Schlussfolgerung daher nur sein, synthetische Kraftstoffe einzusetzen, die aus erneuerbaren Energien erzeugt werden.

Bei seinem Besuch am Mittwoch (19. April) im Industriepark Höchst sprach er deshalb von einem Meilenstein. Denn eingeladen war er zum ersten Spatenstich für eine Anlage, die aus Kohlendioxid und Wasserstoff flüssigen Treibstoff erzeugen soll, wie er etwa für Flugzeuge gebraucht wird. Die Anlage soll noch in diesem Jahr in Betrieb gehen und 2500 Tonnen des sogenannten E-Fuels herstellen.

Dahinter steckt Ineratec, ein 2016 gegründetes, in Karlsruhe ansässiges Unternehmen. Die Firma stellt synthetische Treibstoffe und Chemikalien her, die in der Industrie herkömmliche Produkte auf Kohlenstoffbasis ersetzen können. Bei den E-Fuels bietet Ineratec auch die technischen Produktionsanlagen an.

In einer Halle werden die Module für die Anlagen von Ineratec gefertigt. Ineratec
In einer Halle werden die Module für die Anlagen von Ineratec gefertigt. © Ineratec

E-Fuels für Flugzeuge aus Frankfurt: Standort im Industriepark Höchst „optimal“

Geschäftsführer Tim Boeltken sprach am Mittwoch auf dem Gelände der künftigen Anlage von einem optimalen Standort. Gebraucht wird für den Herstellungsprozess nämlich Wasserstoff, der im Industriepark als Abfallprodukt anfällt. Ebenfalls kostenlos zu haben ist Kohlendioxid aus einer Biogasanlage nebenan – bisher entweicht das klimaschädliche Gas nutzlos in die Luft. Günstig ist der Standort auch wegen der Nähe zum Flughafen. Dabei spielt es weniger eine Rolle, dass dort voraussichtlich der größte Verbraucher von E-Fuels sitzt. Ohnehin deckt die voraussichtliche Produktionsmenge von 2500 Tonnen im Jahr den Bedarf am Flughafen nur für fünf Stunden. Das fällt also einstweilen nicht ins Gewicht.

Der Flughafen ist aber ein Vorteil, weil Interessenten aus der ganzen Welt nach Höchst kommen sollen, um die Anlage zu besichtigen und diese Technik auch gleich zu bestellen. Geplant ist keine großtechnische Anlage, sondern eine aus vielen Modulen zusammengesetzte Fabrik. Diese Module kann man in beliebiger Stückzahl zusammensetzen und damit genau die gewünschte Kapazität aufbauen. Gedacht ist vor allem an Regionen mit viel Sonne oder viel Wind. Dort kann mit Solar- oder Windkraftanlagen jede Menge Strom produziert werden, der für das Elektrolyseverfahren gebraucht wird. Dabei entsteht Wasserstoff, der wiederum nach dem sogenannten Fischer-Tropsch-Verfahren zur Herstellung von Kohlenwasserstoffen verwendet wird. Das Verfahren ist 100 Jahre alt, findet aber jetzt mehr Beachtung, weil dadurch klimaneutrale Treibstoffe erzeugt werden können.

Hessen: Wirtschaftsminister lobt Projekt zur Herstellung von E-Fuels für Flugzeuge in Frankfurt

Von ersten Arbeiten im Labor bis zum Bau einer Pilotanlage seien nur sieben Jahre vergangen, lobt Wirtschaftsminister Al-Wazir. Die Anlage soll vor allem zeigen, dass die Technik in großem Maßstab eingesetzt werden kann. Die Module werden seit vergangenem Sommer am Unternehmensstandort in Karlsruhe hergestellt, und deshalb kann in Höchst der Betrieb schnell, noch in diesem Jahr, starten. Bis dahin möchte Ineratec mehr als 30 Millionen Euro verbauen.

„Es gibt eine richtige Aufbruchstimmung“, beschreibt Boeltke die Situation in der Branche, die helfen soll, die Klimaschutzziele zu erreichen. Al-Wazir wies auf die Größe der Aufgabe hin: Die Gesellschaft habe vor 250 Jahren mit fossiler Brennstoffnutzung in großem Maßstab begonnen, das müsse nun in 25 Jahren beendet werden. Im Luftverkehr sei dies besonders schwierig – höchste Zeit also, damit anzufangen. (Manfred Becht)

Rechenzentren-Boom in Frankfurt: Industriepark Höchst wird neuer Standort.

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