Streit um AfD-Einladung zu Podiumsdiskussion: Frankfurter Schüler zeigen die rote Karte

Das Heinrich-von-Gagern-Gymnasium in Frankfurt veranstaltet vor der anstehenden Landtagswahl eine Podiumsdiskussion. Die Stimmung ist aufgeheizt.
Ostend - Am Mittwoch veranstaltete das Heinrich-von-Gagern-Gymnasium vor der anstehenden Landtagswahl eine Podiumsdiskussion mit Direktkandidaten der im Landtag vertretenen Parteien. Zwischendurch meldete sich ein Quartett zu Wort, das unter „Kein Bock auf Nazis“ firmierte.
Zuvor hatten ehemalige Gagern-Schüler dem Gymnasium einen Brief geschrieben. Man habe, „mit Erschrecken und großer Enttäuschung erfahren, dass die Schulleitung die vom Verfassungsschutz als rechtsextremen Beobachtungsfall eingestufte AfD zu einer Podiumsdiskussion eingeladen hat“, hieß es darin. Die AfD-Kandidatin sei deshalb auszuladen.
Podiumsdiskussion an Frankfurter Schule: „Es geht um Transparenz“
Dem widersprach Schulleiter Gerhard Köhler. „Es geht um Transparenz. Wir laden generell die Kandidaten von allen Parteien ein, die im Landtag sitzen“. Es gehöre zum demokratischen Diskurs, sich auch mit jenen Ansichten auseinanderzusetzen, die einem gegen den Strich gingen. Er halte es für sinnvoller, die Kandidaten nach Details aus ihrem Programm zu befragen, als einzelnen die Chance zu geben, sich als Opfer zu stilisieren, die kein Gehör finden sollen, so Köhler.
„Das Ausklammern einer zugelassenen Partei aus dem politischen Diskurs bringt uns nicht weiter, im Gegenteil“. Nur durch kritische Auseinandersetzung lasse sich Populismus entlarven. Dazu seien die Schüler des Gagern fähig, „die brauchen niemanden, der ihnen sagt, mit welcher Partei sie reden dürfen und mit welcher nicht“. Generell gelte für ihn das Prinzip der Meinungsfreiheit, solange das Strafgesetzbuch unberührt bleibe, „das schließt auch das Recht ein, dummes Zeug zu vertreten“.
„War es falsch, die AfD einzuladen?“
Für die AfD sitzt an diesem Tag die Stadtverordnete Anna Nguyen auf dem Podium. Als Gastgeber hatte sie Jan Czudai empfangen, Lehrer im Leistungskurs Politikwissenschaft, der den Abend organisiert. Bevor es losgeht, plaudern Marcus Bocklet (Grüne), Stella Schulz-Nurtsch (SPD) und Michael Müller (Die Linke) auf der einen Seite miteinander, auf der anderen Kaweh Nemati (CDU) und Yves Roth (FDP). Niemand redet mit der 33 Jahre alten Nguyen. Dann kommen auch noch vier junge Leute in die Aula. „Keine Bühne den Faschos. Fight AfD“, steht auf dem Transparent, das sie entrollen.
Einer wirft Anna Nguyen Rassismus vor. Sie nutze ihre vietnamesischen Wurzeln als Schutzschild. Jan Czudai reicht ihm ein Mikrofon, das er an seine Kollegin weitergibt, die auch dann nicht endet, als das Mikro verstummt. Die Zuschauer haben grüne und rote Karten. Czudai lässt abstimmen. Auf die Frage: „War es falsch, die AfD einzuladen?“, stimmt die große Mehrheit stimmte mit Nein, streckt die rote Karte in die Luft. Für einige etwas verwirrend. Derweil liest die junge Frau weiter.
Schließlich können die Schüler auch die AfD-Vertreterin zum Thema Klimaschutz befragen. Anna Nguyen erklärt, China plane den Bau von 47 Kernkraftwerken und einer Vielzahl von Kohlekraftwerken. Sie bezweifle, dass der Mensch für den Klimawandel verantwortlich sei, „nur 3 Prozent des CO2-Ausstoßes sind menschengemacht“.
Große Mehrheit findet, es war richtig AfD zu Wort kommen zu lassen
Später fragt ein Schüler die Ökonomin, warum sie für die Entlastung von Reichen eintrete. Das „Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung“ konstatiere der AfD anhand ihres Programms, für Abgabensenkung in Höhe von acht Prozent für jene einzutreten, die Einnahmen jenseits der 250 000 Euro generierten. Nguyen erklärt, die Studie nicht zu kennen. Sie vermute, die Zahlen basierten auf einem nicht mehr gültigem Programm. Einer der ehemaligen Schüler, die sich gegen die Einladung der AfD ausgesprochen hatten, erklärt in bedrohlichem Tonfall, man habe zu spät davon erfahren. „Aber wir beobachten die Schule“.
Am Anfang und am Ende wählten die Zuhörer ihren Kandidaten. Valide ließen sich die Zahlen nicht vergleichen. Erst stimmten 140 ab, dann 102. Den größten Satz machte der FDP-Kandidat Yves Roth von 8 auf 32 Prozent. Für die AfD-Politikerin hatte erst ein Prozent votiert, dann drei. Marcus Bocklet (Grüne) gewann dazu, Kaweh Nemati (CDU), Stella Schulz-Nurtsch (SPD) und Michael Müller (Die Linke) verloren. Die große Mehrheit stimmte zu, dass es richtig war, die AfD zu Wort kommen zu lassen. (Stefan Mangold)