Gallus-Gärtner greifen zur Sense

Experte vom Main-Äppel-Haus hat Schnupperkurs im Stadtteil angeboten
Das gelbe, schon etwas trockene Gras ist nicht ganz leicht zu mähen. Doch Eva Bloch ist mutig, setzt die Sense schwungvoll und im richtigen Winkel an und rückt dem dichten Bewuchs in den Gallus-Gärten an der Frankenallee zu Leibe. „Aber ich will experimentieren und immer auch kleine Teile stehen lassen, damit die Insekten eine Chance haben“, sagt die Gallus-Gärtnerin.
Ebenso wie Ralf Harth hat sie den Bogen schon recht gut raus, denn die beiden haben einen Kurs „Dengeln und Sensen, Theorie und Praxis-- die alte Technik des Mähens mit der Sense“ im Main-Äppel-Haus am Lohrberg absolviert. Nun ist der dortige Kursleiter Markus Kunkel mit einem Schnupperkurs in den Gallus-Gärten zu Gast und überreicht Harth auch gleich das passende Gastgeschenk: Eine „Replik“ der goldenen Sichel der beliebten Comic-Serie Asterix, mit der Druide Miraculix die Misteln schneiden kann, die ihre Zauberkraft entfalten.
„Blickt man weit in die Geschichte zurück, dann ist die Sichel sozusagen die Großmutter der Sense“, erklärt Kunkel. Sie ist bereits seit der Steinzeit bekannt und wird heute noch zum Schneiden kleinerer Mengen Getreide und Gras verwendet, während die Sense in Mitteleuropa seit der Eisenzeit (etwa 750 v. Chr.) Verwendung findet. Im Zeitalter der modernen Rasenmäher wird die Sense nun wiederentdeckt, um Motorenlärm zu vermeiden und ein schonungsloses Abmähen bis auf die Stoppeln zu vermeiden.
Auch in den Gallus-Gärten wollte man zunächst aus der Not eine Tugend machen. „Knatternde Motoren wollten wir den Nachbarn ersparen, aber für Elektromäher fehlt uns der Strom“, erklärt Harth. „Doch dann erkannten wir die Chance, Bienen, Hummeln und Schmetterlingen durch eine schonende Mahd ihre Wohnung zu erhalten.“
Doch vor dem Sensen kommt das Dengeln auf dem Dengelamboss. „Beim Dengeln wird die äußerste Kante der Sense glatt geschlagen und gehärtet“, erklärt Kunkel. Somit bleibe das Sensenblatt schneidefähig und zudem langlebig: Eine Investition für das Leben, die im Fachhandel schon mal 300 Euro kosten kann, während von Billigangeboten „sofort mähfähiger Sensen“ eher abzuraten sei, wie Kunkel betont. Er führt vor, wie mit dem Dengelhammer von hinten nach vorne geschlagen wird, dann dürfen sich seine Kursteilnehmer ausprobieren.
„Am Anfang ist es schwer und man braucht erst mal viel Geduld und das richtige Gefühl, um beim Dengeln richtig auf die Kante zu gehen“, findet Andrea Gehrk. „Aber es hat auch etwas Meditatives.“ Kurzes Nachdengeln dauert für Profis etwa zehn Minuten, ausführliches Dengeln bis zu einer Stunde. Während es in der Frankenallee schlägt und hämmert, fährt sogar ein Busfahrer vorbei und reckt seinen Daumen wohlwollend nach oben.
Nach dem Dengeln heißt es, die Schneide richtig am Holzstiel zu montieren, genannt Sensenbaum. Und dann kommt endlich das Mähen im Gallus-Garten an die Reihe.
Mit rund 1300 Quadratmetern ist die Fläche hier eher überschaubar, wie Harth ausgerechnet hat. Ziel der Aktion ist es, auf dem Gelände zwischen Günderrode- und Hellerhofstraße nur etwa 80 bis 90 Prozent der Fläche mit der Sense zu mähen, um 10 bis 20 Prozent als Rückzugsorte für Kleinstlebewesen zu erhalten.
„Eigentlich sollten wir sogar eher bis August mit der Mahd warten, bis die Brutzeit der Vögel abgeschlossen ist und sich sämtliche Insekten verpuppt haben, um die Lebensräume nicht zu stören“, meint Harth. Da aber mit dem Klimawandel die Natur nach dem Winter früher zum Leben erwache und die heißen Monate entsprechend früher kämen, müsse man sich mittelfristig an diesen Wandel im Jahresrhythmus anpassen.
„Außerdem sollten wir in Zukunft beim Mähen besonders auf die Maisgerste achten, die sich auch in unserem Gallus-Garten II immer mehr breitmacht“, erklärt Harth weiter. Nicht nur, weil sich die Grannen dieses Gewächses in den Hosenbeinen ebenso festsetzen wie im Fell von Hunden der Spaziergänger im Gallus. „Hinzu kommt, dass die Maisgerste eine invasive Art ist, die hier wirklich nicht hingehört“, betont Harth. Und um ihr zu Leibe zu rücken und dabei das übrige Gras behutsam zurückzuschneiden, würden die Sensenmänner und -frauen künftig eine wichtige Aufgabe erfüllen. got