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Geschichtsort muss man auch finden können

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Ausstellungslotsin Ulrike Schröder an einem Monitor, der Beiträge von Zeitzeugen abspielt.
Ausstellungslotsin Ulrike Schröder an einem Monitor, der Beiträge von Zeitzeugen abspielt. © Gottwals

Bessere Beschilderung zu den Adlerwerken im Gallus gefordert- es gab bislang schon 2500 Besucher.

Frankfurt. Für die letzten Verbliebenen von insgesamt 1616 Häftlingen im KZ Katzbach begann am 24. März der Gewaltmarsch nach Hünfeld, wo es in Transportwaggons ins KZ Buchenwald weiterging. Doch welche Stationen passierte der Marsch, was haben die Menschen dort beobachtet und erlebt? Fragen für die neue Abteilung „Konflikte um Arbeit, Erinnerung, Entschädigung“ des im März 2022 eröffneten Geschichtsorts Adlerwerke: Fabrik, Zwangsarbeit, Konzentrationsleiter. „Denn später hieß es ja oft, man hätte nichts gesehen oder gewusst“, sagt die Ausstellungslotsin Ulrike Schröder zu dem Thema.

Bekannter werden

Ein Jahr nach dem Start des Geschichtsorts gab nun der Leiter Thomas Altmeyer einen ersten Rück- und Ausblick. Auf der jüngsten Sitzung des Ortsbeirat 1 (Altstadt, Bahnhofsviertel, Europaviertel, Gallus, Gutleutviertel, Innenstadt). Mehr als 2500 Personen haben die Gedenkstätte unter der Trägerschaft des Studienkreises Deutscher Widerstand 1933-1945 seitdem besucht, darunter 75 Gruppen. Alleine im März kamen 19 Gruppen und Schulklassen. „Wir haben uns erweitert könnten auch noch bekannter werden“, bilanzierte Altmeyer.

Daher verabschiedete der Ortsbeirat in seiner Sitzung im benachbarten Gallus Theater einen Antrag der CDU an den Magistrat für eine bessere Beschilderung: Mögliche Standorte hierfür sind unter der Brücke Galluswarte für Fußgänger und ankommende Fahrgäste der S- und Straßenbahn, Ecke Mainzer Landstraße/Kleyerstraße und Platz der Republik in beide Fahrtrichtungen sowie am Güterplatz.

„Der lange und mühsame Weg hat sich gelohnt, immer mehr Menschen kommen, um sich zu informieren, sich zu bilden und zu gedenken“, so Antragsteller und Ortsvorsteher Michael Weber. „Um die Sichtbarkeit dieser wichtigen Bildungs- und Gedenkstätte zu erhöhen und die Erreichbarkeit zu erleichtern, sollten Hinweisschilder angebracht werden.“

In den ersten Nachkriegsjahrzehnten wurden die Schrecken im KZ Katzbach gerne verdrängt und vergessen, erst Ende der 1970er und Anfang der 1990er Jahre setzte man sich für die Aufarbeitung ein. „Eine solche Erinnerungsstätte brauchen nicht wir persönlich, sondern künftige Generationen, damit sich ein solches totalitäres System, in dem Menschen voreinander Angst hatten oder sich töten, nicht wiederholen kann“, wird der polnische Häftling Andrzej Branecki zitiert (1930-2020). Heute konzentriert sich die Ausstellung in die Abteilungen „Das Konzentrationslager in der Fabrik“, „Zwangsarbeit. Ein Verbrechen im Alltag.“ und „Konflikte um Arbeit, Erinnerung und Entschädigung.“ Im Foyer verdeutlicht ein Zeitstrahl die Geschichte der Adlerwerke ab 1880 als Produktionsstätte für Schreibmaschinen, Fahrräder, Autos und später auch Kriegsgerät.

Auf einem Tisch mit interaktiven Übersichtsplan können verschiedene Orte der Zwangsarbeit in Frankfurt angeklickt werden. Das Angebot wird durch Feierabendführungen, Stadtrundgänge und Gedenkveranstaltungen ergänzt. „Wir haben Arbeitsbücher der Nazizeit reproduzieren lassen, damit man bei den interaktiven Rundgängen auch etwas anfassen kann“, erläuterte Altmeyer. Das Team besteht aus 40 ehrenamtlichen Ausstellungslotsinnen und -lotsen, sowie freien und hauptamtlichen Arbeitskräften, davon jeweils eine halbe Stellung in der Leitung und Pädagogik sowie eine Drittelstelle Verwaltung. „Wir möchten gerne unsere pädagogischen Angebote, unser Datenbankprojekt Zwangsarbeit in Frankfurt und unsere Barrierefreiheit ausbauen und unsere Ausstellung ins Englische und Polnische übersetzen lassen“, erklärte Altmeyer. Zwei weitere Animationen sollen fertiggestellt werden. Die CDU-Vorsitzende Sara Steinhardt erkundigte sich nach der Berechnung der Stellen, ihr SPD-Kollege Clemens Schubert nach der künftigen Finanzierung der Ausstellung, die vor allem durch das Kulturdezernat durch Übernahme der Mietkosten institutionell gefördert wird.

Altmeyer hofft, hierfür auch verstärkt das Land Hessen gewinnen zu können, um das Gedenken an den Ort des Schreckens für künftige Generationen zu bewahren. Gernot Gottwals

Die Öffnungszeiten

Der Geschichtsort Adlerwerke ist dienstags bis freitags von 14 bis 18 Uhr und sonntags von 14 bis 17 Uhr geöffnet.

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