Schimmel und lose Kabel: Will eine Immobiliengesellschaft ihre Mieter vertreiben?
Mietparteien in Frankfurt klagen, dass ihre Wohnungen verkommen. Sie haben Angst, verdrängt zu werden. Der Eigentümer widerspricht, das sei nicht beabsichtigt.
Frankfurt – Schimmel in Bad und Küche, lose Kabel im Treppenhaus und ein Aufzug, der seit Monaten nicht richtig funktioniert. Mieter:innen des Mehrfamilienhauses im Grethenweg 84 in Frankfurt erheben schwere Vorwürfe. Sie klagen, dass der Vermieter sich nicht ausreichend um das Haus kümmere und befürchten, dass sie so vertrieben werden sollen, um freiwerdende Wohnungen aufwändig zu sanieren und hochpreisig auf den Markt bringen zu können.
2020 sei sie in den Grethenweg eingezogen, berichtet eine Mieterin, die namentlich nicht genannt werden will. Damals sei das Haus voll belegt und gepflegt gewesen. Das habe sich geändert, als die BC Immobilien GmbH es vor etwa zweieinhalb Jahren gekauft habe. Verschiedene Reparaturen und Sanierungen habe die Gesellschaft begonnen, aber meist nicht zu Ende geführt. So ragen seit langem im Treppenhaus Kabel aus der Decke und den Wänden. Das Antennenkabel sei bei Arbeiten gekappt worden, seitdem hängt es behelfsmäßig außen am Haus. Auch sei das Gebäude fast anderthalb Jahre lang eingerüstet gewesen, bis die Arbeiten begonnen hätten.

Schimmel, lose Kabel im Grethenweg in Frankfurt – doch nichts passiert
Mehrere ehemalige Mietparteien hätten „aufgegeben“, sagt die Mieterin. Eine Familie sei wegen des Baugerüsts gegangen, ein ehemaliger Nachbar wegen Schimmels in der Wohnung. Den habe auch sie in Bad und Küche – und der Eigentümern vor Wochen gemeldet. Doch nichts sei geschehen.

Ähnliche Erfahrungen hat Tobias Schalk gemacht, der seit Februar am Grethenweg wohnt. Noch immer habe er keine Klingelanlage, obwohl er sie mehrfach angemahnt habe. An der Balkontüre gebe es eine feuchte Stelle, die schlicht mit Farbe überstrichen worden sei. Der Aufzug funktioniere seit März ständig nicht. Auf die Mängel angesprochen habe er über WhatsApp die Nachricht bekommen, dass er ja ausziehen könne. Die Schäden könnten mit ihm in der Wohnung nicht behoben werden.
Dabei seien im Haus ständig Handwerker unterwegs, berichten beide. Im Treppenhaus stehen Paletten mit Baumaterial. Im dritten Stock gebe es eine Luxuswohnung. Die möblierte Vier-Zimmer-Wohnung ist im Internet für 4500 Euro Kaltmiete zu finden. Vergleichbares wolle sie gar nicht, so die Mieterin. „Nur, dass ich keinen stinkenden Schimmel mehr habe.“ Sie habe inzwischen einen Anwalt hinzugezogen. Schalk hat sich an die Stabsstelle Mieterschutz gewendet. Denen ist die GmbH bereits von Mieterklagen in anderen Liegenschaften bekannt, sagt Leiter Kai Schönbach. „Das Vorgehen der Gesellschaft folgt augenscheinlich einem gewissen Muster, das geeignet ist, Mieter aus Wohnungen zu drängen.“
Amt für Wohnungswesen ist eingeschaltet und soll Mängel begutachten
Nach Angabe von Katharina Wagner vom Planungsdezernat ist das Amt für Wohnungswesen eingeschaltet. Es plane, die Mängel zu begutachten. Das Haus liege nicht im Milieuschutzgebiet, was den Mieter:innen einen besonderen Schutz gewährt hätte. Da die Eigentümerin eine Gesellschaft sei, könne aber zumindest keine Eigenbedarfs-Kündigung ausgesprochen werden. Das Gebäude sei bereits in Eigentumswohnungen aufgeteilt, so Wagner. Verkauft werden dürften sie in den kommenden sieben Jahren aber nur an die Mieter:innen.
Die Befürchtung einer Vertreibung sei „nicht nachvollziehbar und nicht angebracht“, teilt der Geschäftsführer von BC Immobilien GmbH, Stefan Lay, auf Anfrage mit. Einige der Mängel seien „zu unserem Bedauern zutreffend“. Sie hätten mit der Bausubstanz zu tun, seien sukzessive zum Vorschein gekommen „und uns bei Kauf nicht bekannt“ gewesen.
Die Menge der Mängel sowie die Umstände wie Facharbeitermangel und Materialengpässe erklärten laut Lay die Dauer. „Wir haben vollstes Verständnis, dass dieser Prozess die Geduld einiger Mieter:innen strapaziert und hoffen, die Mängel so schnell wie möglich – auch aus eigenem wirtschaftlichem Interesse – zu beheben.“ Die Umstände seien Mieter Schalk bereits vor seinem Einzug bekannt gewesen.
Immobiliengesellschaft weist Vorwürfe zum Haus im Grethenweg zurück
Die Wohnung, die derzeit im Internet angeboten werde, sei auf Wunsch einer ehemaligen Mieterin aufwändig modernisiert worden, so Lay. Inzwischen sei sie wegen Mängeln im Haus ausgezogen. Von 14 Parteien seien innerhalb der letzten zweieinhalb Jahre vier wegen persönlicher Lebensumstände ausgezogen. Dass er Mieter:innen nicht vertreiben wolle, habe sich auch in der Hebelstraße 23 im Nordend gezeigt, so Lay. Die Sorge hätte sich „im Nachhinein als unbegründet erwiesen“.
Das sehen Mieter:innen, die sich im März an die FR gewendet hatten, anders. Inzwischen gebe es für das Mehrfamilienhaus keine Hausverwaltung mehr, „es wird absolut nichts mehr gemacht“, sagt Mieter Andreas Guhl. Auch versuche der Eigentümer, die Bewohnerschaft zu spalten, indem etwa unterschiedliche Nebenkosten abgerechnet würden. (Boris Schlepper)
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