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Kleintransporter machen in Frankfurt große Probleme – Anwohner verärgert

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Von: Thomas J. Schmidt

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Auch in Niederrad ist der Parkplatzdruck so groß. Nicht selten werden Einfahrten zugeparkt – Anwohner lassen aus Notwehr Fahrzeuge abschleppen.

Frankfurt – Für die Altenpflegerin Luisa Mannhöfer gibt es keinen Parkplatz im Frankfurter Stadtteil Niederrad. „Ich versuche seit Jahren, einen zu mieten. Aber es gibt keinen für mich“, sagt sie. Das Problem: In der Jugenheimer Straße etwa, parken ständig Gewerbetreibende. „Morgens kommen die Mitarbeiter mit ihren Autos, fahren die Lastwagen weg, stellen ihre Privatautos auf den Platz. Abends kommen die Kleinbusse zurück, parken wild auf den Bürgersteigen, sodass ich kaum vorbeikomme.“ Luisa Mannhöfer begleitet dort häufig alte Menschen mit Rollator. Und diese kommen nicht mehr durch den schmalen Spalt, den die Autos der Gewerbetreibenden mitunter auf dem Bürgersteig noch lassen.

„Wir müssen dann auf die Straße ausweichen. Das schlimme ist: Die schleppt niemand ab. Ich werde abgeschleppt, wenn ich nur mit zwei Rädern auf dem Bürgersteig stehe!“ Das ärgert sie besonders – denn dafür sind die Wohnungsbaugesellschaften verantwortlich. Diese – etwa die Nassauische Heimstätte und die Aktienbaugesellschaft Frankfurt (ABG) beauftragen eigens Abschleppunternehmen.

Luisa Mannhöfer und Bülent Görgülü, Anwohner der Jugenheimer Straße, ärgern sich über Firmen-Kleinlaster, die ihnen die Parkplätze wegnehmen. Dafür werden ihre Autos ständig abgeschleppt - im Auftrag der Wohnungsbaugesellschaften.
Luisa Mannhöfer und Bülent Görgülü, Anwohner der Jugenheimer Straße, ärgern sich über Firmen-Kleinlaster, die ihnen die Parkplätze wegnehmen. Dafür werden ihre Autos ständig abgeschleppt – im Auftrag der Wohnungsbaugesellschaften. © Michael Faust

Die FES muss in Frankfurt-Niederrad weiterfahren

Frank Junker, Geschäftsführer der ABG, bestätigt dieses Vorgehen. „Die Leute parken rücksichtslos. Sie stehen in Feuerwehreinfahrten, sie stehen vor abgesenkten Bürgersteigkanten, wo morgens die FES die Mülltonnen abholen muss.“ Dann fahre die FES weiter. Die Anwohner müssten dann für Sonderleerungen extra zahlen, wenn die FES ein zweites Mal anfahre. Dieses Phänomen habe zuletzt drastisch zugenommen, so Junker.

Ein Abschleppunternehmen zu beauftragen sei eine Notwehr zum Schutz der Mieter. „Es ist unseren Mietern einfach nicht zuzumuten. Seitens der Autofahrer sehe ich eher Bequemlichkeit als verschwundene Parkflächen für das Falschparken verantwortlich.“

In Niederrad ist unter anderem das Abschleppunternehmen Safar beauftragt. Ein dritter Unternehmer, der an dem Geschäft nicht teilnimmt, erklärte: „Wir machen das nicht. Ich lehne es ab. Manche Firmen, die dies tun, haben eigens Leute angestellt, die bei einem niedrigen Lohn zusätzlich Provisionen kassieren. Die Abschleppwagen fahren durch die Straßen und schleppen alle ab, die irgendwie falsch stehen.“

Die Stadt Frankfurt schränkt die Zahl der Parkplätze für herkömmliche Autos ein. Damit soll die Verkehrswende in der Mainmetropole beschleunigt werden.

Fünf Mal in einem Monat in Frankfurt-Niederrad abgeschleppt worden

So wie Luisa Mannhöfer, die zugibt, mit zwei Reifen auf dem Bürgersteig gestanden zu haben. Oder der Nachbar von ihr in der Jugenheimer Straße, Bülent Görgülü, der nach eigenen Aussagen schon fünfmal in den vergangenen Monaten abgeschleppt worden ist. „Wir stehen auf ganz normalen Parkflächen, wo wir immer gestanden haben. Aber seit einem halben Jahr wird sofort abgeschleppt.“ Die Auslösung des Fahrzeuges koste an Wochenenden mehr als 400 Euro. Luisa Mannhöfer berichtet: „Ich soll vor einer Einfahrt geparkt haben, aber das stimmt nicht. Als ich die Anzeige bekam, habe ich Einspruch eingelegt, und das Straßenverkehrsamt hat die Anzeige zurückgezogen – weil es nicht gestimmt hat. Trotz der Reifen auf dem Bürgersteig.“ Abgeschleppt worden war sie trotzdem – in der Nacht des 7. Februar. Das dafür verantwortliche Unternehmen war nicht erreichbar.

Ein Sprecher von Safar bestritt hingegen den Vorwurf, ihre Fahrer würden auf Provisionsbasis arbeiten und mithin alles abschleppen, was nur irgend verkehrswidrig geparkt sei. „Wir zahlen auch keine Provisionen an den Auftraggeber“, sagt der Sprecher. Weitere Auskünfte wollte er nicht erteilen. Das Abschleppen von wild geparkten Gewerbefahrzeugen hingegen ist den Abschleppunternehmen nicht möglich. Dies erforderte größere Abschleppfahrzeuge. So bleiben als Kundschaft nur die Mieter der Wohnungsgesellschaften. Luisa Mannhöfer empört sich: „Die Wohnungsgesellschaften sollten sich doch für Ihre Mieter einsetzen!“ Es sei eine Katastrophe in Niederrad. Nur Gewerbefahrzeuge könne man sorglos abstellen.

In Frankfurt-Niederrad „werden alle aufgeschrieben, auch die Anwohner“

Ingmar Bolle, Sprecher des Straßenverkehrsamts, bestätigt: „Wenn es sich nicht um eine Anwohnerparkzone handelt, kann jeder sich hinstellen. Auch Gewerbefahrzeuge.“

Der Straßenraum sei Gemeingut, und alle müssten gleich behandelt werden. So auch, wenn die Kleinlaster wild stehen, sodass kein Fußgänger vorbeikommt. „Dann müssen die Leute beim Straßenverkehrsamt anrufen, dann kommt auch mal eine Streife nach 17 Uhr. Allerdings werden dann alle aufgeschrieben, auch die Anwohner, die mit zwei Reifen auf dem Bürgersteig stehen.“

Allgemein sei in ganz Frankfurt zu beobachten, dass Gewerbefahrzeuge in den Straßen parken: „Viele Arbeitgeber geben den Angestellten die Dienstfahrzeuge mit nach Hause und sparen so eigene Parkplätze ein.“ Hinzu komme, dass gerade während Corona viele Frankfurter Wohnwagen gekauft hätten, die sie dann auf der Straße abstellen. In manchen Straßen sei es besonders schlimm. Etwa in der Gießener Straße, wo ein Lastwagen hinter dem anderen geparkt sei, manche sogar mit Anhängern. „Das können wir nicht verbieten.“

Es ist also ein Teufelskreis: Die einen blockieren die Parkplätze der Anwohner, diese stellen sich dann verbotswidrig hin. Dies wiederum veranlasst die Wohnungsgesellschaften, Abschleppunternehmer zu beauftragen – und die wieder verdienen sich eine goldene Nase. 400 Euro kann es kosten, sein Auto aus einem Stellplatz der Abschlepper auszulösen. (Thomas J. Schmidt)

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