Großer Andrang aufs Deutschlandticket

Mehr als 4000 Abonnements sind bei der VGF abgeschlossen worden - doch es gibt Kritik am Anmeldeverfahren.
Frankfurt. Ab 1. Mai wird das Bahnfahren günstiger. Das 49-Euro-Ticket gilt bundesweit. Gestern war der erste Tag, an dem Kunden - künftige und bisherige - es bestellen konnten - genauer, an dem sie sich bei der Online-Bestellung helfen ließen. Denn die scheint sehr kompliziert. Gestern bis 15 Uhr haben 4175 Kunden bei der Verkehrsgesellschaft (VGF) in der Hauptwache ein Abo abgeschlossen. Ihnen wird die Chipkarte nach Hause geschickt.
An der Service-Station der VGF hatte sich gestern gegen 10.30 Uhr eine lange Schlange von Kunden aufgereiht. Eingelassen werden sie nur einzeln. Zeitweise stehen 20, manchmal auch 25 Leute in der Schlange. Drinnen, hinter den Glastüren, sieht man Mitarbeiter der VGF über mitgebrachte Briefe gebeugt. Sie tippen in Computer-Terminals. Manchmal mit Erfolg.
So wie bei Viktor Lunow. „Ich bin aus der Ukraine“, sagt er und hält das Ticket stolz in die Höhe. „Gilt Mai, Juni, Juli...“
Nicht alle wollen ein Abonnement
Das Ticket wird abonniert und kann monatlich gekündigt werden. Eine Frau, die eben aus der Service-Station herauskommt, ist damit unzufrieden. „Ich wollte einfach ein Ticket für einen Monat. Ich will kein Abonnement“, klagt sie. Sie hat auf das Ticket verzichtet.
RMV und VGF haben sich die Beschwerden der Kunden gestern anhören müssen. Dabei können sie nichts dafür. Die Modalitäten ebenso wie das für manche komplizierte Registrierungsverfahren haben sich andere ausgedacht, in Berlin. Da kann es nicht kompliziert genug sein.
Das ärgerte auch Rainer Pidun aus Darmstadt. „Ich fahre oft Bahn, ich bin jetzt extra nach Frankfurt gefahren, weil die Darmstädter das noch weniger hinkriegen.“ Sein Problem: Er ist bereits Kunde, er hat ein Hessenticket und wollte nun das 49-Euro-Ticket bestellen. „Ich habe die Nummer meines Hessen-Tickets eingegeben, hat geklappt, dann wollten die eine 17-stellige Registrierungs-Nummer von mir!“ Diese sei im bisherigen Schriftverkehr wegen des Hessentickets enthalten. „Ist sie aber nicht“, ärgert sich Pidun. „Warum muss das so kompliziert sein?“
Rainer Pidun steht in der derzeit kleinen Schlange, die sich gegenüber der VGF-Servicestation gebildet hat. Dort sind Stellwände in Türkisgrün aufgebaut, Mitarbeiter stehen mit Laptops an vier oder fünf Tischen. Jeder, der wegen des 49-Euro-Tickets in die Hauptwache kommt, wird jetzt auf diese provisorische Station verwiesen. „Wir werden sie in dieser Woche bis Donnerstag aktiv haben“, kündigte VGF-Sprecher Bernd Conrads an.
Vor Pidun steht Horst Streich aus Offenbach. „Ich bin Rentner. Aber ich möchte das Job-Ticket meiner Frau umtauschen in ein Deutschland-Ticket.“ Das scheine sehr kompliziert zu sein, jedenfalls online. „Vielleicht weiß hier jemand, wie es geht“, sagt Streich. Er ärgert sich etwas über die Online-Beantragung des Deutschland-Tickets und deren Fallstricke. „Für mein Senioren-Ticket habe ich in Offenbach einen Antrag zugesendet bekommen, den habe ich ausgefüllt, eingescannt, hingeschickt, das war alles.“ Warum muss der Bund bei seinem Deutschlandticket eine so komplizierte Beantragung verlangen?
Senioren-Ticket muss umgestellt werden
Ähnliches hatte Monika Ritter zu beklagen. „Ich will mein Senioren-Ticket umstellen auf das Deutschland-Ticket. Aber ich weiß nicht, wie das geht.“ Deshalb steht sie in der Reihe und hofft auf Hilfe. „Grundsätzlich finde ich es gut, dass man in ganz Deutschland damit fahren kann. Ich bin zurzeit oft bei meiner Mutter in Bayern, denn sie ist pflegebedürftig geworden.“ Da sei Pendeln ganz schön teuer mit der Bahn.
Die Ausflugsmöglichkeiten findet Rainer Pidun auch super. „Vielleicht fährt man nicht gerade nach Berlin, denn eine solche Fahrt dauert mit Regionalzügen einen Tag. Aber mal nach Heidelberg oder Würzburg fahren am Wochenende, warum nicht?“, fragt er.
Für VGF-Sprecher Conrads ist klar: Es scheine kompliziert zu sein, ein Deutschland-Ticket zu bestellen, wenn man bereits Bahn-Kunde ist. Dafür seien jedoch weder die VGF noch der RMV verantwortlich.
thomas j. schmidt