„Gündi West“ will sich die Tür zum Stadtteil öffnen

Ehemalige Hausbesetzer hatten zum Fest in ihr Quartier an der Palleskestraße geladen
Gitarrenklänge und Balladen klingen schwermütig durch die Küche in dem kleinen gelben Gebäude an der Palleskestraße 33. In Hochbeeten wachsen Paprika, Karotten, Tomaten und Kräuter; Planen beschatten aufgestapelte Paletten neben Plüschsofas und einer Reihe hölzerner Kinostühle, die zu Sitzgruppen zusammengestellt sind. Neugierig äugen Nachbarn auf das Gelände, auf dem seit Juni ganz legal Hausbesetzer leben. „Es ist ein guter Ort, an dem viel möglich ist“, sagt Alex, die ihren vollen Namen nicht nennen will. „Namen tun nichts zur Sache, es geht um die Sache“, sagt die Studentin politischer Theorie. Zur Theorie gehört: Ein Stück des von der Stadt zugesagten Areals könne das Projekt, das sich von „Gündi 5“ in „Gündi West“ umbenannt hat und seine Ankunft in Höchst feiert, nicht nutzen. „Dann wäre es besser, weil hier zwar viel Platz, aber wenig Raum zum Wohnen ist.“
Baudezernentin Sylvia Weber (SPD) hat den Aktivisten, die das von ihnen besetzte Haus Günderodestraße 5 im Gallus räumen mussten, das ehemalige Betriebsgelände von Straßenbauamt und FES temporär zugesagt, bis es von der Walter-Kolb-Schule als Ausweichquartier genutzt werden soll (wir berichteten). Derzeit sieht man dort auf den ersten Blick Bauwagen und mit Farbe besprühte Garagentore.
Zu den Menschen, die dort leben, gehört Xu. Die angehende Ergotherapeutin trägt über einem Auge grünen, über dem anderen königsblauen Eyeliner und hat schon im Dezember im besetzten Haus im Gallus „im Wandschrank“ gewohnt. „Ich will mich politisch engagieren, will für andere Menschen da sein.“ Vor allem will sie dazu beitragen, dass Wohnen für jeden möglich ist. Zohar vom Projekt „Shelter“ (Obdach) kommt aus Israel und hat bis vor einer Woche bei den Besetzern gelebt. „Jetzt habe ich ein richtiges Zimmer von der Stadt bekommen“, sagt sie. Vor mehr als einem Jahr sei sie nach Deutschland gekommen: „Ich habe einen deutschen Pass und einen entfernten Verwandten in Frankfurt. In Israel kann ich nicht mehr leben.“
Den Frauen ist bewusst, dass die Unterschiede zwischen Menschen, die aus einem gut bürgerlichem Umfeld kommen und denen, die auf der Straße gelebt haben oder vor Krieg oder Hunger flüchte mussten, enorm sind. Aber: „Erst, wenn man versteht und akzeptiert, warum jemand wie ansprechbar ist und reagiert, kann man wirklich helfen“.
Gemeinsam gekocht wird nicht in der kleinen Küche an der Palleskestraße. „Jeder kocht für sich. Wenn jemand nichts hat, bekommt er natürlich etwas ab.“ Gemeinsam kochen, dazu brauche man das Nachbargrundstück. „Noch warten wir auf Antwort.“ Einige Besucher sind irritiert von der klaren Struktur der Besetzer und der blitzeblanken Ordnung: eine kleine Bücherei; Regale mit sorgsam gefalteten Kleidungsstücken, die man sich nehmen kann oder neue Sachen dazu legen; ein Sisalteppich im Kulturraum, in dem sonst das Plenum tagt. Alex erklärt: „Wir wollen mehr Menschlichkeit in dieser Stadt. Wir wollen, dass es Wohnraum für alle gibt. Dass jeder eine Chance hat, gut zu leben. Ja, es wird etwas gemacht, aber viel zu wenig, damit niemand auf der Straße verelenden muss.“