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Güterverkehr: Bahn hat gegenüber Straße oft das Nachsehen

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Ein Güterzug fährt durch Rüdesheim am Rhein.  Foto:dpa
Ein Güterzug fährt durch Rüdesheim am Rhein. Foto:dpa © Boris Roessler (dpa)

Der Güterverkehr nimmt in unserer globalisierten Warenwelt immer weiter zu. Der Großteil der Waren wird über die Straßen transportiert. Die Schiene gerät hingegen immer mehr aufs Abstellgleis. Bahnexperten schlagen Alarm und prangern Fehler der Politik an.

Wer auf der A 3, der A 5 oder auf anderen Autobahnen unterwegs ist, kennt diese Situation: Staus, zähfließender Verkehr, ein schier nicht abreißen wollender Strom von Lastwagen jeglicher Nationalität, die Waren kreuz und quer durch die Lande transportieren und dabei zunehmend die Straßen verstopfen. Erleichterung könnte der Warenverkehr auf der Schiene bringen, aber es gibt ein Problem.

„Der Anteil der Schiene stagniert“, sagt Christian Böttger, Professor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Knapp 18 Prozent der Waren würden hierzulande per Bahn transportiert, das habe sich den vergangenen 20 Jahren kaum verändert, untermauert Bahnexperte Böttger seine These. Nicht nur das, der Marktanteil der Schiene ging in den vergangenen beiden Jahren sogar zurück, konstatierte das „Netzwerk Europäischer Eisenbahnen“, ein Zusammenschluss privater Eisenbahngüterverkehrsunternehmen.

Ganz anders sieht es beim großen Konkurrenten aus. Der Anteil der Straße am Transportkuchen macht knapp über 71 Prozent aus, Tendenz steigend. Und das angesichts einer nach oben zeigenden Nachfrage nach Gütertransporten – hier lässt auch der boomende Internet-Versandhandel grüßen.

Kritik des Großhandels

Warum aber ist die Schiene derart aufs Abstellgleis geraten? Die Bahn sei weniger flexibel, teurer und weniger zuverlässig als Lkw, sagt der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). „Seit Jahren zieht sich die Bahn zurück aus der Fläche, mit der Folge, dass viele Unternehmen keinen Bahnanschluss mehr haben und auch keinen Umladeterminal in der näheren Umgebung“, kritisiert BGA-Präsidiumsmitglied Carsten Taucke. Deshalb sei der Transport auf der Schiene oft erst bei Transporten über 300 Kilometer wirtschaftlich. Ein Großteil sei aber regionaler Natur, also weit unter 300 Kilometer.

Ein Negativfaktor, mit dem die Bahn zu kämpfen hat, ist die unzureichende Infrastruktur. „Es wurde nicht genügend ins Schienennetz investiert“, kritisiert Bahnexperte Böttger. Zu sehen an der Rheintalstrecke, eine der Hauptadern des europäischen Güterverkehrs. Nicht nur dass deren viergleisiger Ausbau zäh vorangeht. Voriges Jahr war diese nach dem Absacken von Gleisen wochenlang lahmgelegt. Die Folge: Viele Kunden wandern auf Schiffe und Straßen ab.

Hinzu kommt, dass die Bahn im Vergleich zur Straße mit Kosten zu kämpfen hat. Bemerkbar macht sich dies unter anderem in den hohen Trassenpreisen, eine Art Schienenmaut, die auf allen Strecken bezahlt werden muss und die von Jahr zu Jahr steigt.

Weiterer Nachteil ist die Belastung durch steigende Stromkosten, zumal die Züge im Güterverkehr zu 95 Prozent mit Strom fahren. Hinzu kommen Aufwendungen für Arbeits- und Sicherheitsvorschriften, die auf der Straße kaum zu Buche schlagen.

Forderung an Politik

„Um im Wettbewerb mit den anderen Verkehrsträgern bestehen zu können, braucht der Schienensektor verbesserte Rahmenbedingungen“, sagt die „Allianz Pro Schiene“, ein Verkehrsbündnis, das sich für einen höheren Marktanteil des Schienenverkehrs im Güter- und Personenverkehr einsetzt. Wie auch andere Fachleute und Schienen-Lobbyisten fordert die Allianz von der Politik, „Preissignale“ zu setzen und damit „Anreize“ zu schaffen, um den Schienengüterverkehr attraktiver zu machen – vor allem eine Halbierung der Trassenpreise.

Bahnexperte Böttger bisher „keinerlei politischen Willen, etwas an der Verkehrsstruktur zu ändern“, sprich die Priorität auf die Bahn statt auf die Straße zu setzen. Zwar habe die große Koalition in Berlin eine Halbierung der Trassenpreise sowie die Verlagerung von mehr Güterverkehr auf die Schiene in den Koalitionsvertrag geschrieben. Bis heute gebe es jedoch dazu keinen Beschluss und keine Finanzierung. Etwas optimistischer ist die Allianz Pro Bahn. Der Koalitionsvertrag sei beim Thema Schiene erfreulich konkret, sagte Geschäftsführer Dirk Flege. Die Verkehrswende sei damit noch nicht eingeläutet, aber mit den Weichenstellungen könne die Branche in den nächsten vier Jahren eine Menge ausrichten.

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