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S-Bahn-Unglück: Handy-Gaffern droht Gefängnisstrafe

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Von: Daniel Gräber

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Rettungskräfte im Einsatz am Unglücksort.
Rettungskräfte im Einsatz am Unglücksort. © Alexander Keutz (Keutz TV-NEWS)

Ein Handyvideo des tödlichen Unglücks in der S-Bahn-Station Ostendstraße beschäftigt Polizei und Justiz. Die Aufnahmen wurden im Internet veröffentlicht. Sie zeigen den Leichnam des 17-jährigen Mustafa Alptug S. aus Hanau. Dessen Eltern haben nun Strafanzeige gestellt.

Das Gaffer-Video war den Ermittlern bereits bekannt. „Ein Zeuge hat uns darauf aufmerksam gemacht und uns den Link geschickt“, sagt Christian Altenhofen, Sprecher der Bundespolizeidirektion Koblenz. Die Aufnahme sei auf einer australischen Internet-Plattform veröffentlicht worden und sei nur wenige Sekunden lang. Sie zeige den Leichnam des 17-jährigen Opfers, eingeklemmt zwischen S-Bahn und Gleis. Ein Augenzeuge des Unglücks muss sie am Dienstag vor einer Woche in der Station Ostendstraße mit seinem Handy gemacht haben. Nun drohen im strafrechtliche Konsequenzen.

An der Schule gezeigt

Die Eltern des Opfers, Mustafa Alptug S. aus Hanau, haben bei der örtlichen Polizei Strafanzeige erstattet. Sie haben von den Videoaufnahmen des Unglücks erfahren, nachdem diese an der Schule ihres Sohnes herumgezeigt wurden. „Ob es sich dabei um dasselbe Video handelt oder mehrere Aufnahmen existieren, wissen wir noch nicht“, sagte Bundespolizeisprecher Altenhofen. Da die Strafanzeige bei der Landespolizei gestellt wurde, sei das Verfahren noch nicht bei seiner Behörde gelandet. „Wir gehen aber davon aus, dass wir das übernehmen werden.“ Für Straftaten im Bahnverkehr ist nicht die hessische, sondern die Bundespolizei zuständig.

Als möglicher Tatbestand käme Paragraf 201a des Strafgesetzbuchs in Betracht. Darin heißt es: Wer „eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt“, kann bis zu zwei Jahre ins Gefängnis kommen.

Wie es genau zu dem Unfall in der S-Bahn-Station Ostendstraße vor gut einer Woche kam, ist unterdessen weiter unklar. Es hätten sich zwar viele Zeugen gemeldet, darunter sei aber keiner, der den Zusammenstoß tatsächlich gesehen habe, sagte ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur dpa. Der Bahnsteig und die Gleise sind nicht videoüberwacht. Daher sind die Ermittler auf Zeugenaussagen angewiesen. Sie gehen weiterhin davon aus, dass der 17-Jährige einem betrunkenen Obdachlosen helfen wollte, der auf den Gleisen lag. Dabei bemerkte er zu spät den herannahenden Zug, der ihn überrollte.

Hinweise erhofft

Dass bei der Aufklärung der Unfallursache Handyaufnahmen durchaus hilfreich sein könnten, räumte Bundespolizeisprecher Altenhofen allerdings ein. „Wir hatten gehofft, dass das Internet-Video den gesamten Verlauf zeigt“, sagte er. Doch das sei nicht der Fall. Der bislang unbekannte Augenzeuge schaltete seine Handykamera offenbar erst ein, nachdem Mustafa Alptug S. bereits überrollt worden war. Womöglich kam er erst dann als Schaulustiger auf dem Bahnsteig hinzu.

„Natürlich wären wir froh darüber, wenn wir Hinweise hätten, wie der Unfall abgelaufen ist“, sagte Altenhofen. „Aber wir sind weniger froh darüber, dass es Menschen gibt, die Videos drehen, anstatt zu helfen – und sich damit strafbar machen.“

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