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Corona-Krise in Frankfurt: Prominente fordern Erlaubnis für Großveranstaltungen

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Von: Kathrin Rosendorff

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Teilnehmer demonstrieren gegen die dramatische Situation in der Veranstaltungsbranche in Folge der Corona-Krise.
Teilnehmer demonstrieren gegen die dramatische Situation in der Veranstaltungsbranche in Folge der Corona-Krise. © Michael Schick

Badesalz, Mario Barth, Marek Lieberberg und andere demonstrieren gegen die Einschränkungen in der Corona-Krise.

Frankfurt - Marek Lieberberg steht am Montagmittag im braunen Sakko auf der Bühne vor der Jahrhunderthalle und ruft: „Unsere Branche besteht nicht nur aus uns Veranstaltern, sondern aus Hunderttausenden, die dafür arbeiten. Aufbauhelfer, Ordner, Caterer, Beleuchter, Techniker. Sie alle sind kaltgestellt worden, vergessen worden.“ 

Der Frankfurter Veranstalter-Titan ist wütend. Während Theater subventioniert würden, sei das Herzstück der Kultur, Livekonzerte und Auftritte sowie die Menschen, die dafür arbeiteten, während der Corona-Krise hinten runtergefallen. Großveranstaltungen sind vorerst bis Ende Oktober untersagt. Vor der Bühne haben sich knapp 500 Zuschauer, Techniker und Kleinkünstler versammelt. „Berufsverbot“ steht auf dem Hut eines Akrobaten aus Münster.

Forderung an die Politik für Kultur nach der Corona-Krise

500 Konzerte mit 1,52 Millionen Besuchern habe allein er auf 2021 verschieben müssen, sagt Lieberberg. Der 74-Jährige fordert die Politik auf, auch die großen Hallen wieder zu öffnen. Mit Mundschutz und entsprechenden Hygienevorkehrungen sei das möglich. „Noch haben wir uns selbst beatmet, wir sind nicht intubiert worden und wollen auch nicht intubiert werden. Alles, was wir haben wollen, ist Hilfe zur Selbsthilfe, um dieser Branche hier zu ihrem Recht zu verhelfen.“ Das sieht nicht nur er so.

Menschen hinter der Bühne leiden besonders unter Kutlur-Stopp in der Corona-Krise

Zwei Stunden lang treten Showgrößen bei der Kundgebung #mitabstandgehtesnicht auf: Comedians wie Badesalz, Mundstuhl, Mario Barth, Bülent Ceylan, Faisal Kawusi, aber auch das Magierduo Ehrlich Brothers sind dabei. Schließlich sei es fünf vor zwölf. „Es geht nicht um uns, wir, die jahrelang erfolgreich auf der Bühne stehen, werden es ein paar Monate ohne Auftritte überstehen. Wir sind für die Menschen hier, wie unseren Techniker, der selbstständig ist, und jetzt, um zu überleben, Pakete für den Mindestlohn packen muss“, erzählt Lars Niedereichholz von Mundstuhl. Sein Comedypartner Ande Werner sagt: „Genauso hart trifft es die Newcomer, die eben gerade nicht auftreten können.“

Kultur ist auch ein Wirtschaftsfaktor

Die Kundgebung initiiert hat Stefan Schornstein, der Geschäftsführer der Veranstaltungsagentur S-Promotion. Er betont, Konzerte und Auftritte in Autokinos wie momentan vor der Jahrhunderthalle in Höchst bedeuteten wirtschaftlich allenfalls eine schwarze Null, seien aber keine Lösung, um zu überleben. 

„Wir können unter der Einhaltung der geforderten Mindestabstände keine Veranstaltungen machen, ohne dabei ein horrendes Minusgeschäft zu produzieren. Das gilt für kleine Theater ebenso wie für große Hallen“, sagt Schornstein. Henni Nachtsheim von Badesalz betont: „Wir sind nicht weniger wichtig als die Lufthansa.“ Die Kultur- und Kreativwirtschaft sei ein enormer Faktor; allein 2018 habe sie 168,3 Milliarden Umsatz erzielt.

Auch eine Ministerin spricht in der Debatte um Kultur in der Corona-Krise

Sein Badesalz-Kollege Gerd Knebel sagt: „Wir würden gerne auf den Mallorca-Flügen spielen. Einmal hin, einmal zurück. Da soll die Luft ja so gut sein.“ Eine ironische Anspielung auf die enge Bestuhlung in Fliegern. Magier Andreas Ehrlich weist darauf hin, dass man geordnet ablaufende Veranstaltungen nicht gleichsetzen könne mit „Sauffesten, bei denen man am nächsten Tag nicht mehr weiß, neben wem man gesessen hat“.

Sehr bewegend ist der Auftritt des Technikers Volker Herms, der bis Ende der Woche einen Fahrerjob bei einem Landwirt hat. „Bislang habe ich keine Hilfen, noch Hartz IV bekommen.“ Auch die hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Angela Dorn (Grüne), ist gekommen. Es liefen Gespräche in der Landesregierung, wie man auch der Veranstaltungsbranche helfen könne. Ob auch die Fünf-Quadratmeter-Regelung wie bereits bei Restaurants aufgehoben werden könnte, konnte Dorn am Montag noch nicht sagen.

Ein Licht der Hoffnung für die Kultur in der Corona-Krise

Für Montagnacht (22.06.2020) war eine bundesweite Aktion angekündigt, bei der Unternehmen der Veranstaltungswirtschaft Spielstätten und andere Gebäude rot anstrahlen: „The Night of Light“. Darunter auch die Alte Oper, die Batschkapp, das Schauspiel und das Kulturzentrum Schlachthof in Wiesbaden.

Am Mittag verkündet Marek Lieberberg vor der Jahrhunderthalle, er werde einen Antrag für ein Open-Air-Konzert Ende August im Frankfurter Waldstadion mit 10 000 Besuchern stellen. Mit Abstand. „Ich weiß, dass das Gesundheitsamt dem positiv gegenübersteht. Ich bin gespannt, was die Hessische Staatskanzlei dazu zu sagen hat.“

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