Furcht vor mehr Fluglärm: Bürgerinitiativen warnen vor niedrig fliegenden Flugzeugen

Das Bündnis der Bürgerinitiativen erwartet negative Folgen vom neuen Verfahren. Die Mindesthöhen würden abgeschafft.
Frankfurt – Das Bündnis der Bürgerinitiativen (BBi) gegen der Flughafenausbau warnt vor den Nachteilen der Umstellung der Nordwest-Abflugstrecke. Zu rechnen sei mit größerer Lärmbelastung, denn das neue Verfahren verzichte ersatzlos auf eine Mindesthöhenregelung. Für die Bevölkerung in den nordöstlichen Stadtteilen Wiesbadens und im Nahbereich des Airports sei mit niedrigeren und lauteren Überflügen zu rechnen. Letzteres gelte auch für den Taunus.
Die Sicherheitsmindesthöhen zu den Taunusbergen könnten unterschritten werden. Michael Flörsheimer, Mitglied des BBi-Sprecher:innenteams sagt, „wir erwarten, dass alle Beteiligten ernsthaft an einer Lärmminderung arbeiten“.
Flughafen Frakfurt: Fluglärmschutzbeauftragte sieht keine Verschlechterung
Damit kommt das BBi zu einem anderen Schluss als die hessische Fluglärmschutzbeauftragten Regine Barth. Diese bewertet die Änderung als neutral. Die neuen Flugrouten führten weder zu Verschlechterungen der Fluglärmbelastung noch zu Verbesserungen, sagte Barth in der jüngsten Sitzung der Fluglärmkommission. Das Gremium hatte sich dieser Tage mit dem Thema intensiv befasst.
Hintergrund ist eine EU-Vorgabe, nach der in den nächsten Jahren alle Flugrouten auf den moderneren Navigationsstandard PBN (Performance Based Navigation) umgestellt werden müssen. Dies soll zu einer größeren Spurtreue führen, in engen Kurvensegmenten werden die Vorgaben strenger.
„Reverse-Engineering-Verfahren“ soll Fluglärm vom Flughafen Frankfurt gering halten
Die seit Jahrzehnten betriebenen Flugrouten im Rhein-Main-Gebiet zielten jedoch bereits darauf ab, besiedelte Gebiete möglichst zu umfliegen, heißt es in der Mitteilung, die die Kommission nach ihrer Sitzung versandt hatte. Die Entwicklung der Siedlungsstruktur hätten sich daran orientiert. Änderungen in Kurvensegmenten im Nahbereich könnten daher zu Zunahmen der Fluglärmbetroffenheit führen.
Um dies zu vermeiden habe die Deutsche Flugsicherung (DFS) das sogenannte Reverse-Engineering-Verfahren entwickelt, mit dem die bisherigen Flugrouten deckungsgleich nachgebildet werden könnten. Diese Umwandlung sei nun auch bei den Nordwest-Abflugstrecken gelungen.
Flughafen Frankfurt: Die meisten Flugrouten bleiben bestehen
Die DFS hatte in der Sitzung ihre Planungen vorgestellt. Danach sollen die Nordwest-Abflugstrecken grundsätzlich in ihrem Verlauf unverändert bleiben, außer der Rechtskurve der sogenannten G-SID vor Wiesbaden. Zur Vermeidung der breiten Streuung über Wiesbaden solle diese Kurve angepasst werden, das führe zur Bündelung der auf dieser Route abfliegenden Flugzeuge. Zu den konkreten Flughöhen lägen noch keine belastbaren Daten vor, teilte die Kommission mit. Im bisher verkehrsreichsten Jahr 2019 hätten im Tagesdurchschnitt 11,5 Flugzeuge diese Flugroute genutzt, bei einer Tagesbetriebszeit von 16 Stunden seien dies durchschnittlich 0,7 Flüge pro Stunde gewesen.
Die Fluglärmkommission hatte die PBN-Umstellung begrüßt. Eine Verschlechterung der Fluglärmbetroffenheit im Nahbereich des Flughafens werde so verhindert. Sie forderte ein begleitendes umfassendes Monitoring, das insbesondere auch die Flughöhen beinhalte.
Das Bündnis der Flughafenausbaugegner:innen hätte sich gewünscht, dass auch die bisherige Abdrehhöhe als Mindesthöhe festgesetzt wird. Einen entsprechenden Antrag habe die Mehrheit der Kommission auf der Sitzung leider abgelehnt. (Jutta Rippegather)