Hier buckeln die Menschen für ihren rekordverdächtigen Kerbebaum

Der Stadtteil feierte am Wochenende die 256. Kerb - und die Burschen brachten einen 26 Meter hohen Baum zum Stehen.
„Haaaauuuuu-ruck!“, ruft Philip Imhof über den Festplatz und die Berkersheimer Kerbeburschen legen sich ins Zeug. Sie stemmen sich gegen die Leitern, mit denen sie den 26 Meter hohen Kerbebaum aufrichten wollen. Köpfe laufen rot an. Gesichter verziehen sich. Manche zeigen die Zähne beim Kampf gegen das Gewicht des Baumes, anderen wird noch Stunden später das Harz die Handflächen schwarz färben.
Berkersheim hat am Wochenende die 256. Kerb gefeiert. Bonbons flogen beim Umzug durch die Luft. Rot-Weiße Fahnen und Ballons schmückten viele Häuser, obwohl die vom Heimatverein bestellte Dekoration nicht rechtzeitig geliefert wurde, wie der Vorsitzende Dieter Wolff erzählt. Bei der Kinderdisco spielten Kerbemädels mit den Kindern Brezel-Fangen und Stopp-Tanz. Die Fidelen Eckenheimer zeigten einen Twirling-Tanz, den sie seit etwa einem halben Jahr eingeübt hatten. Eng verbunden seien die Fidelen mit der Berkersheimer Kerb, erzählt eine von ihnen.
„Haaaauuuuu-ruck!“ Eine kleine Gruppe Kerbeburschen mit einer langen Leiter in der Hand kommt der Gruppe vor ihr zu nahe. „Ihr müsst weiter da rüber“, ruft Imhof. Der Alt-Kerbebursche mit dem roten Barett ist streng und laut, aber keiner fühlt sich angegriffen. Die Kerbeburschen ziehen sprichwörtlich an einem Strang. Dabei steckt ihnen schon eine knüppelharte Woche in den Knochen, während sie sich in die Leitern stemmen. Von den Wochen der Organisation ganz zu schweigen - allein den fünf Minuten langen Film zu produzieren, der im Festzelt auf den Bildschirmen lief, brauchte zwei Tage. In der Festwoche haben sie am Dienstag das Zelt abgeholt. Es war in diesem Jahr wesentlich größer, 40 Meter lang, 15 Meter breit. „Der Ansturm auf die anderen Kerben war nach Corona so groß, da wollten wir mehr Platz schaffen“, erklärt der Präsident der Kerbeburschen, Dominik Vohrmann. Und mit rund 450 Besuchern war das Festzelt am Freitagabend dann auch rappelvoll.
Zum Zeltaufbau kamen am Mittwoch knapp 100 Helfer. „Der Kerbeverein, Freiwillige, Eltern, Geschwister und die Kerbeburschen sowieso“, zählt Ralf Mohr vom Kerbeverein auf. Von morgens um 9 bis 22 Uhr dauerte es, bis das Zelt stand und von morgens bis abends um 23 Uhr dekorierten die Kerbeburschen dann am Donnerstag das Zelt. Am Freitagmorgen holten sie Getränke und Bonbons für den Umzug.
Abends ging die Feier bis 2 Uhr, dann mussten die Kerbeburschen noch aufräumen. Viele waren erst um 3 Uhr, 4 Uhr oder noch später Zuhause und am Samstagmorgen ging es um 7 Uhr in den Vilbeler Wald, um den Kerbebaum zu holen, den sie jetzt in die Höhe hieven. „Haaaauuuuu-ruck!“
Präsident Vohrmann ist zufrieden mit dem Baum. 26 Meter, das sei länger als üblich und vor allem: Die Baumspitze ist nicht abgebrochen, obwohl es in diesem Sommer so trocken war und der Baum so hoch und schwer.
Um 17.06 Uhr steht der Baum. Leitern werden auf einem Anhänger abgelegt, Zuschauer applaudieren, das Lieschen wird angebracht. Da steht der nächste Kerbebaum schon bereit. Auf einem selbstgebauten Anhänger hat Wolfgang Diehl mit den „Kerbeburschen 2030“, Berkersheimer Kindern zwischen neun und zwölf Jahren, einen langen Ast aus dem Wald geholt und mit rot-weißen Bändern geschmückt. Dicht gedrängt heben die Kinder den Kerbe-Ast stolz in die Höhe.
„Es soll ein Fest für die Familien in Berkersheim sein“, sagt Kerbebursche Dorian Saul. Darum die ganze Plackerei. „Wenn man sieht, wie das Fest angenommen wird“, sagt Präsident Vohrmann, „und das Lob ihnen hört, dann ist es das, was jedes Jahr den Ansporn gibt.“