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Hier wird das beste Stöffche ermittelt

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Die Besucher suchten den Apfelwein und vergaben, je nach Geschmack, ihre Punkte.	Fotos: Rainer Rüffer
Die Besucher suchten den Apfelwein und vergaben, je nach Geschmack, ihre Punkte. Fotos: Rainer Rüffer © Rainer Rüffer (Frankfurt-Picture)

Die Oberräder kürten gestern ihren Apfelweinkönig: Reinhold Scondo war es, dessen Schoppen den Gästen im Depot am besten mundete. Die Apfelweinkönigin Katharina I. und die Prinzessin Sabrina I. konnten ihm den Siegerbembel jedoch nicht überreichen. Scondo war beim neunten Apfelweinfestival verhindert.

Für Reinhold Scondo war es eine echte Überraschung: „Wer hätte gedacht, dass ich gewinne?“ Jedes Jahr legt der Oberräder Gärtnermeister 15 Liter seines selbst gekelterten Apfelweins zurück für das Festival, das in diesem Jahr schon zum neunten Mal angesagt war. Eine Terminüberschneidung verhinderte, dass er den Siegerpreis selbst entgegennehmen konnte. Scondo ist einer von geschätzt 25 Schoppepetzern in Oberrad, die noch selbst keltern. „Mein Vater hat früher jährlich 1500 Liter gemacht“, erzählt der 60-jährige Sieger, dessen Wein unter der Startnummer 1 angetreten ist. „Wer einen guten Schoppen hatte, der hatte viele Freunde.“ Inzwischen ist es ein einziger, alter Apfelbaum der Sorte Anhalter auf Scondos Grundstück, der jährlich genug Frucht trägt, dass es für 250 Liter reicht – und in diesem Jahr auch für den Titel des Apfelwein-Königs.

In Reihe waren zuvor 15 Apfelwein-Bembel aufgebaut, und auf Wunsch erhielten die Besucher eine Probemenge ins hingehaltene Glas. „Niemand außer unserem Notar weiß, wer sich hinter den Nummern 1 bis 15 verbirgt“, versicherte Michael „Euro“ Koch. Er ist Vorsitzender des Ski-Clubs, der das Oberräder Apfelweinfestival ausrichtet.

Holz oder Kunststoff?

Koch selbst hat ebenfalls 15 Liter seines Stöffches zur Verkostung gestiftet. Immerhin 400 Liter Apfelwein keltert er jedes Jahr, sein Schwiegervater etwas mehr. Der eine schwört auf Holzfässer, der andere auf Kunststoff: „Die Geschmacksunterschiede sind bei Hauskelterern stark ausgeprägt“, sagte Koch. Die Jury beim Oberräder Apfelweinfestival ist das Publikum. Jeder Besucher erhält am Eingang eine kleine Tüte mit 15 Unterlegscheiben. Je nach Urteil können die Scheiben den Weinen zugeordnet werden. Vor jedem Bembel steht dafür eine Sammelbüchse. Am Nachmittag wurden die Büchsen gewogen und anhand der Nummer der Sieger ermittelt.

Zum ersten Mal bei den Testern war in diesem Jahr ein Besucher aus Rödelheim: Günter Possmann (76), Oberhaupt einer Apfelwein-Dynastie, stand bescheiden für sich, abseits des Trubels, und schmeckte gewissenhaft jedes der 15 Getränke aus. „Da sind wirklich interessante Weine dabei“, sagte Possmann. „Der Apfelwein kommt ja ursprünglich aus dem Keller der privaten Kelterer. Mein Urgroßvater hat auch so angefangen.“ Und noch heute sucht Possmann Anregungen. Zum Beispiel auch beim Apfelweinfestival in Oberrad, das er zum ersten Mal besucht hat.

Alex Meier (64) keltert selbst – nicht viel, wie er sagt: „200 bis 250 Liter jährlich.“ Der Durst sei größer als seine Fässer: Vom Neuen, den etwa seit Jahresanfang trinkt, hatte Meier nur noch 50 Liter übrig. „Es ist nicht leicht, zum Apfelweinfestival jetzt noch 15 Liter herzugeben“, sagte Meier. Diesmal, beim neunten Festival, hat er es mal wieder getan.

Vergleich der Kelterer

„Ich war schon einige Male dabei und bin zweimal Zweiter geworden“, sagt Alex Meier. Für ihn geht es jedoch in erster Linie um den kollegialen Vergleich. Jeder Wein sei etwas anders, und was dem einen schmecke, treffe vielleicht nicht den Geschmack des anderen. Meier räumt ein, was auch andere Kelterer gestern feststellten: Es sei fast unmöglich, den je eigenen Wein herauszuschmecken.

Die Sieger: Platz 1 Reinhold Scondo, Wein-Nummer 1, 2415 Gramm Unterlegscheiben. Platz 2: Keltergruppe Abbel Sinen, Startnummer sechs, 2187 Gramm. Platz 3: Günter Braun, Startnummer 3, 2155 Gramm.

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