Ihre Musik kennt keine Grenzen

Die ukrainisch-deutsche Band Zaitsa haucht alten Volksliedern neues Leben ein.
Frankfurt. Alte ukrainische Volkslieder, gewürzt mit ein bisschen Pop und Jazz sowie einer Prise Klassik - diese Klang-Mixtur wird die sechsköpfige Gruppe Zaitsa am morgigen Samstag, 8. Juli, bei den Grüne-Soße-Festspielen auf dem Frankfurter Roßmarkt präsentieren.
In ihrem Zentrum steht Sängerin und Violinistin Olga Zaitseva-Herz (36), die acht Jahre lang, bis 2021, in Frankfurt lebte und deren Karriere mit klingenden Namen verbunden ist. Etwa mit Star-Geiger David Garrett und Tenor Andrea Bocelli - mit beiden ging sie bereits auf Tournee. Oder mit Marius Müller-Westernhagen, Peter Maffay und Sarah Connor, die im März 2022 bei der Großkundgebung „Sound of Peace“ vor dem Brandenburger Tor in Berlin auftraten - genau dem Festival, bei dem auch Olga Zaitseva-Herz sang, nämlich die Nationalhymne der Ukraine.
Zu Kriegsbeginn „wie paralysiert“
Dort, in der ostukrainischen Stadt Dnipropetrowsk, war sie 1987 auf die Welt gekommen und zweisprachig aufgewachsen, mit Ukrainisch und Russisch, geprägt von beiden Kulturen. Umso schlimmer ist der russische Angriffskrieg auf die Ukraine für sie. Wie paralysiert sei sie anfangs gewesen, erzählt sie: „Mir ging es ganz schrecklich. Kraft habe ich nur dadurch gefunden, indem ich für die Ukraine tätig bin.“
Zum Beispiel für die Hilfsorganisation Oboz, die Geld für Krankenwagen sammelt, die ins Kriegsgebiet gebracht werden. Oder dadurch, dass sie ihre Mutter und ihren Stiefvater nach Deutschland holte, in die Nähe von Limburg, wo sie heute lebt. Und eben durch ihre Auftritte bei Benefizveranstaltungen für die Ukraine.
Wobei ihr jeglicher Nationalismus fern liegt. Nicht umsonst lautet das Motto der Band Zaitsa: „Music has no borders - Musik hat keine Grenzen“. Keine Genre-Grenzen und schon gar keine Landesgrenzen.
Dass sie sich dabei vor allem der ukrainischen Folklore widmet, ist kein Widerspruch dazu. Im Gegenteil, sagt Olga Zaitseva-Herz, die in Kiew zunächst Biologie und Musik studierte, bevor sie 2008 nach Deutschland kam, um sich an der Wiesbadener Musikakademie dem klassischen Gesang und der Violine zu widmen - aus Liebe zur Musik von Schumann, Schubert und Beethoven. Denn diese alten Volkslieder seien „wie ein Schwamm“, die alle möglichen sozialen und historischen Elemente in sich aufgesogen hätten.
Beispielsweise die gewaltige Emigrationswelle, die Ende des 19. Jahrhunderts Zehntausende von Ukrainern nach Nordamerika spülte. Dort wurden viele ihrer Gesänge auf Tonträger gebannt. Die Aufnahmen ruhten jahrzehntelang nahezu unbeachtet im Archiv der University of Alberta im kanadischen Edmonton. Bis Olga Zaitseva-Herz darauf stieß und diesen akustischen Schatz in das Zentrum ihrer Forschungsarbeit rückte.
Heute ist die Musikethnologin, die auch als Gesanglehrerin an der Wiesbadener Musik- und Kunstschule sowie als Dozentin an der Wiesbadener Musikakademie tätig ist, Expertin für ukrainische Folklore, hält weltweit Vorträge darüber. Und sorgt auch mit ihrer Band Zaitsa dafür, dass diese Musik nicht in Vergessenheit gerät. „Unsere zentrale musikalische Idee ist es, den Liedern auf der Bühne neues Leben einzuhauchen“, sagt sie, ihrer Melancholie, aber auch der übersprudelnden Lebensfreude, die sie prägen.
Auch der prachtvolle Kopfschmuck, den Olga Zaitseva-Herz bei ihren Auftritten trägt, spiegelt etwas von diesen Traditionen wider: Inspiriert von einer Tracht, entstand das aufwendig gestaltete Stück in dreimonatiger Handarbeit - ein Zeugnis von der Fülle ukrainischer Kultur, das nun auch bei den Grüne-Soße-Festspielen zu bewundern sein wird. brigitte degelmann